"Gordischer Knoten" bei der Terrorismusbekämpfung

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 03.07.2008

von Bernd Frischhut, Rechtsreferendar Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Durch die EG-Antiterrorverordnungen sind Unternehmen verpflichtet, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Sanktionen gegen bestimmte Personen und Organisationen zu beachten.

Diese Sanktionen umfassen Maßnahmen wie das "Einfrieren von Geldern" und das "Einfrieren von wirtschaftlichen Ressourcen". Beide Termini werden durch die EG-Verordnungen 2580/2001 und 881/2002 legal definiert.

Die Weite dieser Legaldefinitionen führt dazu, dass ein Unternehmen - um nicht eine eventuelle Strafbarkeit nach dem Außenwirtschaftsgesetz zu riskieren - kurzerhand keinerlei Geschäfte mit dem sanktionierten Personenkreis vornehmen sollte.

Dies mag zunächst einfach klingen: Bei Anbahnung eines neuen Geschäftskontaktes kann durch einen Abgleich mit den Sanktionslisten die Entscheidung getroffen werden, keinerlei Geschäfte mit einer "kritischen" Person zu machen.

Schwierigkeiten können jedoch dann auftreten, wenn durch eine der zahlreichen Änderungen der oben genannten Verordnungen, Personen oder Organisationen dem sanktionierten Personenkreis hinzugefügt werden, mit denen seitens der Gesellschaft zuvor bereits eine Geschäftsverbindung eingegangen wurde. Insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen oder noch nicht erfüllten Rechtsgeschäften führt dies zu erheblichen Problemen.

Die Problematik wird noch brisanter, wenn eine Gesellschaft international tätig ist und zudem im außereuropäischen Ausland rechtlich selbständige Niederlassungen oder Tochterunternehmen unterhält. Insbesondere die US-amerikanischen Vorgaben sind auch von Tochterunternehmen einzuhalten, um den Mutterkonzern vor Repressalien zu schützen. Dies kann zu der Situation führen, dass eine im außereuropäischen Ausland ansässige Gesellschaft Geschäfte mit einer dort ansässigen Person betreibt, die zwar nach dem nationalen Recht vor Ort keinerlei Sanktionen unterliegt, aber durch die europäischen oder amerikanischen Behörden dem gesperrten Personenkreis angehört. Folgerichtig besteht für die Gesellschaft nun der Konflikt, dass das Tochterunternehmen Vertragsbeziehungen unterhält, die nach dem jeweiligen nationalen Recht keinerlei Restriktionen unterliegen, die Muttergesellschaft dagegen angehalten ist, diese vertragliche Beziehung zu untersagen. Auf welcher Grundlage kann die Tochtergesellschaft nun aber diese Geschäftsbeziehung annullieren?

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