Chefankläger des IStGH will Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten al-Baschir beantragen

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 11.07.2008

Laut "Washington Post" (so meldet heute SPIEGEL ONLINE) will der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), der Argentinier Luis Moreno-Ocampo, am Montag Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Baschir, der für den Tod von hunderttausenden Zivilisten in der Krisenprovinz Dafur verantwortlich gemacht wird, wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beantragen.

Es wäre das erste Mal, dass ein amtierendes Staatsoberhaupt vor dem IStGH angeklagt wird - und damit ein nicht zu übersehendes Signal an die verantwortlichen Politiker, für schwere Völkerstraftaten vor Gericht sich verantworten zu müssen!

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Haftbefehl beantragt: Entscheidung in zwei bis drei Monaten

Während der Prozess gegen den kongolesischen Rebellenführer Lubanga scheitern könnte, ist der nunmehr gestellte Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen al-Baschir zehn Jahre nach dem Rom-Statut ein weiterer Versuch, den mit der Installierung des IStGH verbundenen hohen Anspruch einzuösen.

Entfällt die Immunität des sudanesischen Präsidenten, weil der der Chefankläger aufgrund einer Resolution des UN-Sicherheitsrats tätig wurde, die den Sudan verpflichtet mit dem IStGH zusammenzuarbeiten? Falls ja, müsste al-Baschir sich künftighin sorgfältig überlegen, wohin ihn seine Auslandsreisen führen.

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Art. 27 des IStGH-Statuts stellt in der Tat klar, dass al-Baschir sich vor dem IStGH nicht auf seine Immunität als amtierendes Staatsoberhaupt berufen kann. Sudan ist zwar nicht Vertragspartei des IStGH-Statuts und könnte sich deshalb darauf berufen, dass ihm Art. 27 IStGH-Statut nicht entgegengehalten werden kann. Hier wurde die Zuständigkeit des IStGH allerdings durch die UN-Sicherheitsratsresolution 1593 (2005) begründet. Nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen konnte sich der Sicherheitsrat über die Immunität hinwegsetzen. Anders wäre es, wenn al-Baschir z.B. nach Deutschland reisen würde. Deutschland müsste die Immunität beachten und könnte al-Baschir nicht an den IStGH ausliefern. Das bestätigt Art. 98 Abs. 1 IStGH-Statut. Freilich steht es Deutschland frei, al-Baschir die Einreise zu verweigern, wenn er den kommen wollte.

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Noch kein Haftbefehl gegen al-Baschir: Gericht will mehr Beweise zu sudanesischem Präsidenten

Intensiv bemüht sich die sudanesische Regierung, einen Haftbefehl des IStGH gegen ihren Staatspräsidenten al-Baschir zu vermeiden. Das Gericht scheint mit der vorliegenden Beweislage noch nicht zufrieden zu sein. Es gab dem Chefankläger Moreno-Ocampo jetzt einen weiteren Monat Zeit, um mehr Beweismaterial vorzulegen. Ursprünglich war die Entscheidung für Mitte Oktober erwartet worden. Angeblich geht es derzeit insbesondere darum, ob auch Genozidvorwürfe erhoben werden.

Quelle: FAZ vom 18.10.2008 S.6

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