Neues von der Operation "Himmel": Kein Anfangsverdacht in Aachen

von Jan Spoenle, veröffentlicht am 16.07.2008

Das LG Aachen hat mit (leider noch nicht veröffentlichtem) Beschluss vom 08. Juli 2008 (Az. 68 Qs 56/08) sowohl Anordnung wie auch Durchführung einer Durchsuchung und die Beschlagnahme von Rechnern im Kontext der sog. Operation "Himmel" für rechtswidrig erklärt. Das berichtet das law blog.

Die Operation Himmel sorgte Ende des Jahres 2007 für Schlagzeilen: Auf Hinweis eines deutschen Providers wurde gegen mehrere tausend Internetnutzer wegen Besitzes von kinderpornographischen Bildern (§ 184b Abs. 4 StGB) ermittelt. Schon zu diesem Zeitpunkt beklagten jedoch einige der beteiligten Staatsanwaltschaften die dünne Indizienlage und die häufig nur sehr kurze Verbindungsdauer zwischen dem fraglichen Server und den aus den Logfiles ersichtlichen IP-Adressen, die auf zufälligen Kontakt mit der entsprechenden Website hindeutet.

Nun hat das LG Aachen in einem auf Daten der Operation Himmel beruhenden Verfahren gerügt, dass eine Verbindungsdauer von lediglich 45 Sekunden, bei der 45 Bilder übertragen wurden - von denen aber nur sechs kinderpornographischen Inhalt hatten und zudem als kleine "Thumbnails" vorlagen - nicht ausreicht, um einen Anfangsverdacht auf Besitzstrafbarkeit gem. § 184b Abs. 4 StGB bejahen zu können. Es sei schon unwahrscheinlich, dass die Seite mit kinderpornographischem Material bewusst aufgesucht wurde; vielmehr sei es ebenso wahrscheinlich, dass die Bilder durch Verlinkung oder Pop-ups übertragen wurden. Demzufolge sei bereits die Anordnung der Durchsuchung rechtswidrig gewesen; die Rückgabe der beschlagnahmten Rechner ohne vorherige Auswertung wurde angeordnet.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

"vielmehr sei es ebenso wahrscheinlich, dass die Bilder durch Verlinkung oder Pop-ups übertragen wurden."

Meine Rede - daher muss man endlich IPs als personenbezogenes Datum klassifizieren und sich fragen, wie man dann mit dem Problem umgeht. Dazu die Ausführungen hier:
http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/konsequenz-aus-ips-als-pers...

Nebenbei muss man auch daran denken, dass so genanntes PreFetching Probleme bereiten kann:
http://www.datenschutzbeauftragter-online.de/firefox-prefetching-abschal...

0

Nach meiner Auffassung sind IP-Adressen durchaus personenbezogene Daten - allerdings aufgrund der durchaus sinnvollen Relativität des Personenbezugs nur für denjenigen, der diesen Personenbezug auch herzustellen in der Lage ist. Und da bleiben neben dem eigenen TK-Provider nur noch diejenigen Behörden übrig, die über geeignete und hoffentlich verfassungsgemäße Ermächtigungsgrundlagen verfügen, mit denen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen werden kann. Daran krankt m.E. auch das Urteil des LG Berlin vom letzten Jahr in Bezug auf die Website des Bundesjustizministeriums - an der Relativität des Personenbezugs.

0

Kommentar hinzufügen