AGG-Hopper-Archiv unzulässig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 09.08.2008

Das von der Anwaltskanzlei Gleiss Lutz eingerichtete Archiv, in dem Personen verzeichnet werden, die sich nur deshalb auf eine Stellenanzeige bewerben, um in den Genuss einer Entschädigung zu gelangen (sog. AGG-Hopper), ist nach Ansicht des baden-württembergischen Innenministeriums datenschutzrechtlich unzulässig. Die Kanzlei hatte das Archiv eingerichtet, um Arbeitgebern eine Hilfestellung zu bieten, die sich gegen mutmaßliche AGG-Hopper zur Wehr setzen wollen. Das Ministerium, das auf eine Bitte des Deutschen Juristinnenbundes tätig geworden ist, sieht im Betreiben des Archivs einen Verstoß gegen § 29 BDSG und das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen. Allerdings schliesst es nicht generell aus, dass eine anders konzipierte Warndatei in datenschutzrechtlich zulässiger Weise betrieben werden könne. Das Ministerium hat den Datenschutzbeauftragten und die Aufsichtsbehörden aufgefordert, gegen das Archiv vorzugehen. Hier zeichnet sich ein rechtlich interessanter Konflikt um die Reichweite des Datenschutzes ab.

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6 Kommentare

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Eine prima Nachricht finde ich das! Da gibt es Menschen, die sich diskriminiert fühlen und die sollen auch noch der Gefahr ausgesetzt sein, dass eine Kanzlei, die die Großen und Mächtigen mit hohem Aufwand vertritt, sie auf eine von ihnen geführte Schwarze Liste setzt - ohne rechtliches Gehör, ohne faktische Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung und das auch noch im Namen des Rechts mit viel öffentlicher Beachtung. Was wird wohl der nächste Schritt sein, mit dem Menschen begegnet wird, die ihr Recht durchsetzen wollen? Diskriminierung gibt es weiterhin. Auf deutliche Entscheidungen, die diese Praxis verhindern, warten wir weiter vergeblich.

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Hallo Herr Schaefer,

Sie wissen aber schon, was AGG-Hopper sind, oder? So kategorisch eine solche Liste zu verteufeln halte ich für bedenklich, ziehen wir doch eine Parallele zu Schufa&Co. die auch ein berechtigtes Interesse an der Information haben (offenbar, sonst...), dass Person X eine EV abgegeben hat (oder auch nicht).

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Hallo Herr Wutz,
von "AGG-Hoppern" habe ich schon viel gehört, gerade auch als es das AGG noch nicht gab. Mit der angeblich bevorstehenden Flut von AGG-Klagen sollte das Gesetz politisch verhindert, zumindest praktisch weitgehend wirkungslos gestaltet werden. In der Praxis ist mir noch kein AGG-Hopper begegnet, Diskriminierung trotz AGG allerdings weiterhin reichlich.

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Sehr geehrter Herr Kollege Schaefer,

da halte ich dagegen. Ihre Aussage kann ich nur nachvollziehen, da Ihnen nach eigenem Bekunden noch kein AGG-Hopper untergekommen ist. Mit hingegen schon öfters. Genauer gesagt: Ich habe erst durch das Archiv von Gleiss Anhaltspunkte erhalten, dass ich es bei einem verdächtigen Kandidaten höchstwahrscheinlich nicht mit einem Ausreißer, sondern mit einem einem Hopper zu tun habe. Nicht mehr und nicht weniger hilft das Archiv nämlich entgegen Ihrer apodiktischen Einleitung. Eine öffentliche Anprangerung findet nicht statt.

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Die Datenschutzaufsicht Berlin wird das auffällig um Diskretion bemühte zentrale "AGG Archiv" der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA) in Berlin datenschutzrechtlich überprüfen
(GeschZ.521.4410.10).
Die Schwarze Liste "AGG Archiv" BDA dürfte an
Effektivität das Schwesterarchiv Gleiss
Lutz in Stuttgart (wird ebenfalls erneut geprüft – Az:2-0552/B457/08) in jeder Hinsicht um ein Vielfaches
übertreffen.Der Organisationsgrad der deutschen
Arbeitgeber liegt bei 80%. Die BDA vertritt über 6.500
Verbände. Jeder Verband speichert selbst und übermittelt zusätzlich die besonderen Daten der
Betroffenen an Berlin weiter.
Der Unterzeichner für die Schwarze Liste "AGG Archiv" BDA, Hr. Roland Wolf (Abt.Arbeitsrecht),
sitzt „praktischerweise“ gleichzeitig im Beirat der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)!
(vgl. - bda-kompakt.de August 2008; Halbjahresbilanz 2007 der BDA, Seite 33(Arbeitsrecht); GIWO aktuell
6/2007, Seite 3; ADS – Beirat)

Es geht hier nicht um die besonderen Daten von terroristischen Islamisten, Sexualstraftätern oder Anlagebetrügern und noch nicht einmal um ein Korruptionsregister, säumige Schuldner oder so genannte Mietnomaden, sondern um Arbeitnehmer, die ihre Rechte wahrgenommen/ihr Grundrecht auf Nichtdiskriminierung verteidigt haben. Ob ihre Ansprüche bestehen oder nicht, wird nachweisbar nicht geprüft und spielt für die Speicherung des „Lebens der
Anderen“(Bewerberdaten!) keine Rolle.
Dass z.B. Alterdiskriminierung und/oder eine Schwerbehinderung ausnahmslos irgendwann
jeden treffen kann, sollte man eigentlich nicht erwähnen müssen.
Was kommen demnächst für „Archive“: unbequeme Aufsichtsbeamte/Parlamentarier,Betriebsräte,
Gewerkschaftler? Das Schweigen der Schönwetter-
bürgerrechtler ist unerträglich.

Ich fordere alle Betroffenen auf, ihr Recht auf Selbstauskunft gem. § 34 BDSG bei den bis
jetzt bekannten Schwarzen Listen in angemessenen Abständen wahrzunehmen, damit das Ausmaß dieses flächendeckenden Kontrollsystems deutlich wird.

Hoffmann von Fallersleben hat einen punktgenaues Zitat
hinterlassen:
„Das größte Schwein im ganzen Land, ist und bleibt der Denunziant.“

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Hallo,

Hallo, 

dann dürften auch illegale AGG-Archive in einschlägigen Datenbanken, die im Internet auffindbar sind, bzw. die Speicherung und Weitergabe u. a. gegen Geld, über Kläger, die Ihre Rechte nach dem AGG mehrfach geltend machen, illegal sein, gegen die DSGVO und gegen den Datenschutz verstossen und nicht in Zivilprosse vor Arbeitsgerichten eingeführt werden dürfen, weil die so erworbenen Informationen illegal sind und einem Beweisverwertungsverbot unterliegen? Dabei dürfte es sich um ein strafrechtlich relevantes Verhalten handeln?

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