BGH entscheidet erstmals über vorbehaltene Sicherungsverwahrung bei Heranwachsenden

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 16.08.2008

Hintergrund der Entscheidung ist der Mord in der JVA Siegburg: Der heranwachsende Angeklagte belegte gemeinsam mit zwei Mitangeklagten und dem Opfer einen Haftraum. Der Idee des Hauptangeklagten folgend beschlossen die Angeklagten am 11. November 2006 , den den Angeklagten unterlegenen Mitgefangenen zu misshandeln. Während des gesamten Tages quälten und erniedrigten die Angeklagten ihr Opfer, das aus Angst keinen Widerstand leistete, und brachten ihm erhebliche Verletzungen bei. Schließlich beschlossen sie, den Geschädigten zu töten und erhängten ihn in der Tür zum Toilettenraum. Am darauf folgenden Morgen meldeten sie den Tod des Opfers und gaben vor, dieser habe sich das Leben genommen.

Zur angegriffenen Entscheidung: Das LG Bonn hat mit Urteil vom 4. Oktober 2007 - 8 KLs 16/07 - auf den Angeklagten als Heranwachsenden Erwachsenenstrafrecht angewendet, aber von der Anordnung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach § 106 Abs. 1 JGG abgesehen. Ob darüberhinaus ein Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nach § 106 Abs. 3 JGG anzuordnen war, hat die Jugendkammer nicht ausdrücklich geprüft.  Der heranwachsende Angeklagte wurde wegen Mordes, gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen, Vergewaltigung in zwei Fällen sowie besonders schwere Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Die zwei Mitangeklagten verurteilte die Jugendkammer  zu einer Gesamtzeitsstrafe von 14 Jahren bzw. einer Einheitsjugendstrafe von 10 Jahren.

BGH Urteil vom 13. August 2008 - 2 StR 240/08 (Entscheidung ist noch nicht veröffentlicht): Auf die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, soweit das LG eine lebenslange Freiheitsstrafe nicht verhängt und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nicht angeordnet hat, und die Sache an eine andere Jugendkammer des LG Bonn zurückverwiesen. Nach Ansicht des Senats sind die Gründe, die das LG für das Absehen von einer lebenslangen Freiheitsstrafe herangezogen hat, nicht tragfähig. Es handele sich um bloße Hoffnungen auf eine Resozialisierung des Angeklagten, die durch Tatsachen nicht belegt seien. Darüberhinaus hat es das LG auch zu Unrecht unterlassen, einen Vorbehalt der Sicherungsverwahrung zu prüfen. Die Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 Satz 2 und 3 JGG liegen hier vor. Der Angeklagte ist wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und wegen besonders schwere Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Vorverurteilungen sind nicht erforderlich. Auch § 106 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 JGG begründet ein solches Erfordernis nicht. Die Regelung stellt nur für den Fall, dass es nach den allgemeinen Vorschriften auf solche Vorverurteilungen ankommt, besondere Anforderungen an diese. Daher ist die vorbehaltene Sicherungsverwahrung auch bei erstmals verurteilten heranwachsenden Mehrfachtätern anwendbar.

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3 Kommentare

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Die Entscheidnung des BGH ist in diesem Fall, wie auch im Bezug auf ähnliche Verbrechenstaten von Heranwachsenden, sowohl juristisch wie auch zum Wohl der Gesamtbevölkerung nicht zu beanstanden. Bei aller Rücksichtnahme auf den geistigen Reifeprozess junger Menschen und ihr Recht auf eine Chance zur Resozialisierung, muss in schweren Fällen in denen der heranwachsende Täter sein Opfer schwerwiegende Qualen seelischer oder körperlicher Art zugefügt, wie dieses regelmäßig durch Mord oder Vergewaltigung stattfindet, eine eindeutige Grenze gezogen und der Schutz der Gesamtbevölkerung der Vorzug gewährt werden. Und genau das hat der BGH hier mit seinen Urteil auch getan. Wer einmal die Hürde zum Mord oder zur Vergewaltigung überschritten hat, wird womöglich auch nicht vor einer Zweittat zurückschreiten. Sicherlich wird es auch Fälle geben, in denen der Täter das von ihm begangene Verbrechen bereut und Vorverurteilung schon genügen würden, ihn wieder in das soziale Leben zu integrieren. In der Praxis lässt sich das Verhalten des Täters aber erstens schlecht vorhersehen und zweitens ist es nicht sachgerecht, nur weil es sich um den Mord eines Heranwachsenden handelt, entsprechend milde zu sanktionieren. Zudem würde durch derartige schonende Strafmaßnahmen auch bei anderen potentiellen Tätern im heranwachsenden Alter der Eindruck entstehen, ihr Alter sei ein Freibrief zur Begehung derartiger Straftaten.

Mord und Vergewaltigung sind keine Kavaliersdelikte, sondern brutalste Verbrechen. zur Abschreckung, zur Prävention, zum Schutz der Gesellschaft, aber auch zum Täter-Opfer-Ausgleich gehören sie mit einer entsprechenden Freiheitsstrafe verurteilt.
Und das JGG fordert mit § 106 Abs. 3 Satz 2 und 3 auch ein solches.

Mich persönlich würde dennoch interessieren, welche Möglichkeiten die Heranwachsenden innerhalb ihrer Zeit der Inhaftierung bekommen, um nach Absitzung ihrer Strafe in den sozialen Alltag 8berufsleben usw.) integriert werden zu können.

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Das ist nicht die Antwort, die Sie erwarten - hoffentlich kommt diese von einem im Jugendstrafvollzug erfahrenen Praktiker - , gleichwohl erlauben Sie mir zum "Einstieg" als in der Universitätsausbildung Tätiger folgende Hinweise an einen interessierten Studenten:

Die Föderalismusreform hat den Strafvollzug in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (konkurrierende Gesetzgebung) gestrichen. Durch die Länderzuständigkeit ist eine unübersichtliche Rechtslage entstanden - nur wenig dadurch entschärft, dass 10 Bundesländer auf der Grundlage gemeinsamer Vorbereitung immerhin weitgehend ähnliche Jugendstrafvollzugsgesetze verabschiedet haben.

Das Vollzugsziel definieren die neuen Jugendstrafvollzugsgesetze nicht ganz einheitlich. Nach vorherrschender Programmatik soll der Vollzug den Gefangenen dazu befähigen, in sozialer Verantwortung, ein Leben ohne Straftaten zu führen. Regelmäßig wird dies mit der weiteren Zielsetzung verknüpft, dass der Vollzug der Jugendstrafe dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten dient. Damit wären wir bei Ihrer Frage, wie diese doppelte Zielsetzung (vgl. für den Erwachsenenvollzug: § 2 StVollzG) in praxi umgesetzt wird.

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Ich bin der Ansicht das bei Heranwasenden die volle Harte des Getztes zum Ausdruck kommen muss!!!Den wen nicht würde jeder zischen 18 und 21Jahren wissen das ihm keine hatrten Santionen drohen und Er machen kann was erwill-(Scherste Straftatten!!!Das Recht auf ein sichers Leben der Öffentlichkeit ist aufjeden Fall hör zubewerten als das recht nur 10Jahre Jugendhaft zukrigen!!!Andernfalls würden Personenbis21 Jahren denken das sie einen Freibrief für Staftatten haben,auch kollgen und Bekante und Verwate sind der selben Meinung!!!Ich bedanke mich im voraus für ihre Mühend freindlichkeit!!!Gez.:Alexander Gerhard Schillig!

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