BGH: Keine Erzwingungshaft gegen ehemalige RAF-Mitglieder

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 16.08.2008

Der u.a. für Staatsschutzsachen zuständige 3. Strafsenat des BGH hat mit Beschluss vom 7.8.2008 - StB 9-11/08 - wegen eines umfassenden Auskunftsverweigerungsrechts den Beschwerden der ehemaligen RAF-Mitgliedern Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt  und Knut Folkerts stattgegeben, mit denen sie sich gegen die Erzwingungshaftanordnungen des Ermittlungsrichters des BGH wenden.

Zum Sachverhalt: Der Generalbundesanwalt führt seit April 2007 ein Ermittlungsverfahren gegen das ehemalige RAF-Mitglied Stefan Wisniewski wegen des am 7.4.1977 von Mitgliedern der RAF verübten Anschlags auf Generalbundesanwalt Bubak und seine beiden Begleiter sowie wegen des am 25.8.1977 versuchten Granatwerferanschlags auf die Bundesanwaltschaft. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurden im Juli/August 2007 die Beschwerdeführer als Zeugen vernommen. Die Beantwortung der an sie gerichteten Fragen, u.a. zur Planung, Vorbereitung und Durchführung der beiden Anschläge, lehnten die Zeugen unter Berufung auf § 55 StPO ab. Daraufhin setzte die Ermittlungsrichter des BGH auf Antrag des Generalbundesanwalts gegen die Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 100 €, ersatzweise Ordnungshaft von fünf Tagen fest, und ordnete Erzwingungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten an.

Zur Entscheidung: Nach Auffassung des Senats steht den Beschwerdeführern ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zu. Zwar können sie sich durch die Beantwortung von Fragen zu den beiden Anschlägen nicht mehr in die Gefahr bringen, wegen dieser Taten verfolgt zu werden, weil sie wegen dieser Anschläge entweder bereits rechtskräftig verurteilt oder aus anderen Gründen nicht mehr belangt werden können. Jedoch könne nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich die Beschwerdeführer durch diesbezügliche Aussagen der Gefahr der Strafverfolgung hinsichtlich anderer Straftaten aussetzen, für die sie noch bestraft werden können. Nach den Gründen des gegen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt  ergangenen Urteils des OLG Stuttgart vom 2.4.1985 bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Anschläge gegen Generalbundesanwalt Bubak und die Bundesanwaltschaft Teil einer eng zusammenhängenden Anschlagsserie der RAF waren, in deren Planung, Vorbereitung und Ausführung sämtliche damaligen Mitglieder der RAF eingebunden waren. Das Urteil des OLG Stuttgart enthalte darüber hinaus Hinweise, dass die Beschwerdeführer an Taten im Jahr 1977 beteiligt gewesen sein können, deretwegen gegen sie bislang noch nicht ermittelt wurde.

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