Überholen durch Motorrad: Unklare Verkehrslage

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 21.08.2008

In der NJW-Spezial 2008, 490 findet sich eine interessante Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 10. 3. 2008 - 1 U 175/07) zur unklaren Verkehrslage, die gem. § 5 Abs. 3 StVO zu einem Überholverbot führt:

Der Motorradfahrer hatte überholt, der Überholte bog währenddessen ab, so dass es zu einer Kollision kam. Die unklare Verkehrslage entnahm das Gericht aus der Tatsache, dass der überholte Fahrzeugführer nur mit einer Geschwindigkeit von 18 km/h fuhr.

Für die Beckblog-Leser noch kurz eine Definition aus Heß in: Jagow/Burmann/Heß, StVR, 19. Aufl. 2008, § 5 StVO Rn. 26: 

Unklare Verkehrslage (§ 5 III Nr 1) liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf, wenn also die Verkehrslage unübersichtlich, ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen ist.

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5 Kommentare

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Ist doch klar, wenn vor Ihnen jemand zu langsam fährt, dann dürfen Sie ihn nicht überholen.
Je langsamer der Schleicher, desto "verbotener" das Überholen!

Ich sage: JA zu Elefantenrennen auf der Autobahn.

Schönes Wochenende

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In einem gewissen Sinne ist das Urteil schon verständlich.
Andererseits frage ich mich, wozu es eigentlich Fahrtrichtungsanzeiger gibt. Diese gehören nicht erst dann betätigt, wenn mit dem Abbiegen schon begonnen wurde. Auf dieser Straße durfte man 100 km/h fahren, da sind 5s (27m bei 18 km/h) vor dem Abbiegen mit dem Blinken zu beginnen m.E. eher fahrlässig.
Auf der anderen Seite fuhr der Motorradfahrer mit 88 km/h schon sehr schnell, schließlich waren nur 100 km/h erlaubt (diesen Teil des Urteils habe ich nicht ganz verstanden...).
Übrigens: der Motorradfahrer bekommt durch das Urteil nur die Hälfte des Schadens ersetzt.

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Hier sollte kein Diskussionsbedarf bestehen. Wenn ich mit 88 km/h hinter jemandem fahre, der nur 18 km/h "langsam" ist, habe ich als schnellerer Verkehrsteilnehmer alleine durch meine hohe (Annäherungs-)Geschwindigkeit eine (relativ)unklare Verkehrslage, mit deren Konkretisierung ich wegen der erheblichen Differenz in der Gechwindigkeit der Fahrzeuge verstärkt rechnen muss.

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Was konkret bedeutet, dass ich nicht mehr überholen darf, sobald jemadn deutlich langsamer fährt als erlaubt? Entschuldigung, aber wenn auf einer Landstraße jemand mit 19km/h rumtuckert, warum sollte ich da überhaupt nur davon ausgehen müssen, dass er abbiegen will? Da mache ich mir dann das nächste Mal doch einen Spaß, fahre 20km/h und zeige jeden Überholenden an... Logik läßt grüßen.

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Ich wollte darauf hinaus, dass man in einer Tempo30-Zone später blinken muss als auf einer außerörtlichen Landstraße. Der hintere Fahrer bemerkt zunächst, dass da jemand langsam fährt. Ob der Vordermann nach einem Haus schaut, es sich um ein Tempo20-Fahrzeug handelt etc. bemerkt er erst recht spät. Für die 27 Meter, die der Autofahrer blinkte, hat der Motorradfahrer eine Sekunde gebraucht. Und er war noch langsamer, als es die Schilder zuließen.

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