Gefährliches Spielzeug? Der Segway als reguläres Fahrzeug im deutschen Straßenverkehr

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.09.2008
Rechtsgebiete: FunsportSegwayVerkehrsmittelVerkehrsrecht12|6788 Aufrufe

Durch die Zeitungen (hier z.B. in der Süddeutschen) und auch auf manchen Straßen/Fußgängerzonen geistert seit einigen Monaten der Segway. Mittlerweile sind auch in juristischen Zeitschriften die ersten Beiträge hierzu zu finden.  Natürlich staunt man über dieses neuartige Gefährt und ist sogar ein bisschen neidisch auf die Fahrer - man würde halt auch mal gerne probieren hiermit z.B. durch eine Fußgängerzone oder ein Volksfest zu jagen. Die Straßenverkehrssicherheit wird hierdurch aber m.E. nicht gefördert - offenbar wird dies freilich meist anders gesehen. Mir scheint der Segway derzeit ein Fahrzeug, dass als eher "Funsportgerät"  im Staßenverkehr und auf öffentlichen Flächen genutzt wird, als als ernstzunehmendes Verkehrsmittel. Derzeit ist die Zulassungslage in Deutschland zersplittert, was man auf einer Übersicht auf der Segway-Homepage sehr schön nachlesen kann. Eine einheitliche Regelung wird jedoch nicht lange auf sich warten lassen - das entsprechende Verfahren ist bereits angestoßen, vgl. BR-Drucksachen 844/07. Was meinen Sie dazu?

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12 Kommentare

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Der Preis des Gerätes wird uns davor bewahren, dass die Städte davon überlaufen werden. ICH halte den Segway für eine interessante Alternative zu einem kleinen Motorroller um städtische Strecken zu überbrücken. Nur die Geschwindigkeit ist problematisch. Auf reinen Gehwegen sind die erreichbaren >20km/h schon heikel, für die Straße ist das Gerät aber einfach zu "agil". Soll heißen: Er bremst und wendet einfach zu schnell, als dass sich motorisierter Verkehr darauf einstellen kann. Daher sollte man die Geräte eigentlich drosseln.

Eine Haftpflichtversicherung sollte aber auf jeden Fall Pflicht sein.

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Die Polizei bekommt Segways vor die Tür gestellt und hat dann ein wenig Spaß damit. Das ist ein geschickter Schachzug, um die Zulassung zu erleichern - mehr nicht. Denn wer würde Fahrzeuge, die sogar die Polizei benutzt, für ordnungswidrig halten?

Jedoch handelt es sich bei den Segways um Kfz, die auf überhaupt keinen Fall auf Bürgersteige gehören, wenn man sie nicht ab Werk auf 6 km/h bremst. Ganz problematisch sind die derzeit verteilten "Ausnahmegenehmigungen", mit denen die Segway-Fahrer Fußgänger und Radfahrer nerven dürfen. Die sind mindestens so rechtswidrig wie die "Ausnahmegenehmigungen" (eher: Ausnahmeverbote), die Velotaxis gegen die geltende Rechtslage auf zu schmale Radwege zwingen.

Seit rund zehn Jahren werden die Anwender der StVO und der StVZO mit immer neuen Fahr- und Spielzeugen konfrontiert (Skater, Velotaxis, Segways usw.), aber der Gesetzgeber reagiert nicht. Deshalb glaube ich auch nicht an eine einheitliche Rechtslage in den nächsten fünf Jahren. Halbwegs überzeugende Antworten geben nur die Gerichte, und auch die tun sich schwer.

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Ich hatte mich schon in einem Fall mit einigen strafrechtlichen Fragen zu den Segways auseinandersetzen müssen:

Hat der Halter keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, so liegt mE klar ein Vergehen gem §§ 1, 6 PflVersG vor. In diesem Zusammenhang bin ich auch auf eine Entscheidung gestoßen, in der sich ein Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Abschluss eines Haftpflichtversicherungsvertrages eingeklagt hatte.

Bei einer Trunkenheitsfahrt ist mE der Führerschein zu entziehen, da es sich bei einem Segway um ein Kraftfahrzeug handelt (§§ 69, 69a StGB).

Nicht ganz klar ist mir allerdings die Frage geblieben, ob ein Segway-Fahrer nun eine Fahrerlaubnis braucht oder nicht. In meinem Fall kam es darauf nicht an, da ohnehin eine Fahrerlaubnis bestand. Hat hierzu eventuell schon jemand Erfahrungen bzw. sogar Rechtsprechung gesammelt?

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Hallo zusammen,
zur Geschwindigkeit gibt es eine Untersuchung, dass gerade auf Radwegen ein Fahrzeug mit nur 6 Km/h als Verkehrshindernis einzustufen ist, und permanente Überholvorgänge provoziert. Dadurch wird die Sicherheit reduziert.
Wenn der Mensch nicht dauernd neue Fahrzeuge erfinden würde, wären wir immer noch mit dem Pferdewagen unterwegs. So rückständig will doch niemand sein. Die momentane Regelung mit den Ausnahmegenhmigungen ist keinesfalls optimal. Allerdings nervt SEGWAY fahren nicht, sondern es macht Spaß. Auch wenns einigen grünen Fahrradaktivisten nicht in den Kram passt.
Im Gegensatz zu Radfahren ist für SEGWAY ein Führeschein (Mofa) und eine Haftpflichtversicherung vorgeschrieben. Ich habe allerdings noch keinen Segwayfahrer gesehen, der sich nur annähernd so rüpelhaft auf der Strasse verhält, wie das bei vielen Radfahrern der Fall ist.
Deshalb fordere ich die Führescheinpflich für Radfahrer und Nummernschildzwang.

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@ Harald Wiegand

Sie vergaßen noch die Fahrradsteuer, die Versicherungspflicht für Fahrräder und die Helmpflicht für Radfahrer! Und natürlich, daß mittlerweile schon September ist und selbst der letzte Hinterbänkler im Bundestag diesen Unsinn bis Mitte Juni 2009 nicht mehr erwähnen darf. Daß von Radfahrern nur wenig Gefahr ausgeht, zeigt sich übrigens schon daran, daß dieses Risiko seit Jahrzehnten als eines unter vielen mit dem vergleichsweise günstigen Beitrag der Privathaftpflichtversicherung abgesichert werden kann.

Im Ernst: natürlich gibt es immer wieder neue Fahrzeuge – darunter auch solche, die relativ problemlos einsortiert werden konnten, z.B. Quad und Twike, die Kfz sind und als solche behandelt werden. Allerdings fragt man sich nach einem echten Vorteil ggü. etablierten Kfz. Ähnlich einfach war die Zuordnung der Liegeräder zu den Fahrrädern (z.B. Beschluß des BverwG vom 31.05.2001 - 3 B 183.00, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2001, 439).

Schon die Einführung von Kfz und Fahrrädern stellte seinerzeit Verkehrsteilnehmer und Staat vor neue Probleme. Gelöst wurden auch diese nicht innerhalb von Monaten. Die Diskussion um den Nutzen von Radwegen oder den „Shared Space“ zeigen an, wie problematisch die Lösung durch Trennung der Verkehre war und auch noch Jahrzehnte nach ihrer Einführung bleibt.

Allerdings wäre es bei der bestehenden Aufteilung der Straße (Stand 2008) in Fahrbahnen und Bürgersteige, letztere eventuell noch aufgeteilt in Geh- und Radwege, ein Systembruch, wenn ein Kfz generell mit mehr als Schrittgeschwindigkeit auf dem Gehweg herumfahren dürfte. Das dürfen noch nicht einmal Radfahrer, die kein Kfz fahren. Warum soll also ein Kfz, das lt. Hersteller ganz überwiegend auf Gehwegen und in Fußgängerzonen eingesetzt werden soll, überhaupt mehr als 6 km/h fahren können? Auf Radwegen müßten derart gebremste Kfz nicht stören, weil ihnen deren Benutzung schlicht verboten werden könnte (wie heute schon Fußgängern).

Mit Segways wird schon noch genügend Unsinn getrieben werden, wenn erst einmal genügend davon herum fahren. Nummernschilder werden dagegen nicht helfen, wie ein Blick auf den Autoverkehr (insbesondere den „ruhenden“) in jeder deutschen Stadt zeigt. Wenige Fahrzeuge, die kaum fahren, stören halt auch wenig.

Wozu braucht man Energie aus der Steckdose bzw. im Akku, wenn hier fast jeder mehr als genug davon auf den Hüften hat? Segways bieten im Vergleich mit Schustern Rappen und Fahrrädern keinen Vorteil. Wenn man die für die Anschaffung notwendige Arbeitszeit in die Berechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit einbezieht, liegt das Ergebnis eher in der Größenordnung der Kontinentaldrift als bei irgend einem anderen in den letzten zweitausend Jahren erfundenen Fahrzeug. Und Spaß haben kann man auch auf dem Rummelplatz prima. Genau da findet man derzeit die meisten Segways und da gehören sie auch hin.

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Das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr schreibt unter Az. 43-30021/1820 0001 am 18.07.2008 unter der Überschrift "Versuchsweise Zulassung einer neuen Fahrzeugart (Segway)":

"Das Fahrzeug wiegt leer bereits 48 kg und kann Personen mit einem Gewicht von bis zu ca.110 kg befördern. Hieraus ergibt sich dann, dass das Fahrzeug näherungsweise wie ein Mofa bewertet werden kann und in Anbetracht des besonderen Gefährdungspotenzials aus Masse und Geschwindigkeit eine Zulassung zur Benutzung auch auf Verkehrsflächen für Fußgänger nicht in Betracht kommt. Das berechtigte und insbesondere bei der ausnahmsweisen Zulassung zu berücksichtigende Interesse an der Sicherheit des Fußgängerverkehrs überwiegt hier ganz erheblich das Interesse der Benutzung von Fußgängerverkehrsflächen durch Segway. Ein überwiegendes dringendes Interesse im Sinne der VwV zu § 46 StVO auch an der Benutzung von Fußgängerverkehrsflächen liegt nicht vor, weil ein zusammenhängendes Wegenetz auch auf andere Weise erreicht wird."

Konsequent ist, daß Segways in Niedersachsen nach diesem Erlaß nur Radwege benutzen dürfen. Die Ausnahmeerlaubnis soll wie folgt lauten:

"Auf Grund des § 46 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) wird abweichend von § 2 Abs. 1 StVO bestimmt, dass die Fahrzeugführer die für den Radverkehr geltenden Vorschriften der StVO zu beachten haben. Dazu zählen insbesondere

- das Recht sowie die Pflicht zur Benutzung von Radwegen gem. § 2 Abs. 4 Satz StVO,
- das Recht zur Nutzung gemeinsamer Geh- und Radwege (Zeichen 240),
- das Recht zur Benutzung von Fahrradstraßen (Zeichen 244).

Gehwege und Fußgängerbereiche dürfen nicht befahren werden."

Ein bißchen inkonsequent ist die Pflicht zur Benutzung gemeinsamer Geh- und Radwege. Die unterscheiden sich in Niedersachsen kaum von Gehwegen. Wie Segwayfahrer im Landkreis Lüneburg vorankommen sollen, bleibt allerdings ein Rätsel. Hier sind die Z 240 von den Masten geklagt worden wie Eichenlaub im ersten Frost.

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Und der Fußgängerverband FUSS e.V. haut in die gleiche Kerbe. In seiner Stellungnahme vom 28.08.2008 zum Entwurf einer "Verordnung von elektronischen Mobilitätshilfen am Verkehr" (alleine so eine versteckte VO überhaupt zu ersinnen ist schon ein bürokratisches Kabinettstückchen des BMVBS) bittet er wohl begründet (u.a. ähnlich wie das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit Schreiben vom 18.07.2008), Segways verkehrsrechtlich als bzw. wie Mofas zu behandeln.

Wichtig ist dem Autor dieser Stellnahme zu Recht, daß - wenn schon - Autofahrer und gerade nicht Fußgänger und Radfahrer auf Segays gelockt werden sollen, um den Verkehr insgesamt ökologischer zu gestalten. Bezweifelt wird der Wert der Segways als Mobilitätshilfe im eigentlichen Sinne (für Geh- und Stehbehinderte). Als Rollstuhl de Luxe sind die Gefährte tatsächlich nicht brauchbar.

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...zum Segway finden sich in NZV 2008, 71 (Autor: Kettler) und in NZV 2008, 389 (Autor: Huppertz)Beiträge. Das Resumee von Huppertz:
1. Segway ist zulassungs- und Fahrerlaubnisfrei.
2. Erforderlich ist eine Typgenehmigung, ein Versicherungskennzeichen und eine Mofa-Püfbescheinigung.

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Leider begründet Huppertz seine Meinung (mehr ist es nicht) nur äußerst dünn. So behauptet er u.a., mit der Bundesratsinitiative sei die Sache schon fast gelöst. Was für ein Unsinn! Ich erinnere mich da an eine Initiative zum Inlineskaten aus dem Jahr 2002, die alles ganz eilig regeln sollte. Das ist bis heute auf Eis - ebenso die "2. Fahrradnovelle der StVO", die zur gleichen Zeit durchgewunken werden sollte.

Ferner verweigert Huppertz in weiten Teilen die Auseinandersetzung mit Kettlers Argumenten, obwohl der Text als Erwiderung angekündigt wird. Ganz schwach!

Besser sollte man sich mit Kettlers Text auseinander setzen. An dessen Argumentation (u.a. zu § 46 StVO) wird man kaum einen Fehler finden. Wenn, dann bitte hier melden und sauber begründen. Ich bin gespannt!

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Wozu überhaupt?

Da Pedelecs nicht weiter der Zulassungspflicht unterliegen sollte man mit den Segways gleichziehen. Diese fahren kaum 20km/h schnell und sind zudem fahrstabiler als Fahrräder.

Wozu also der behördliche Aufwand? Man muss nicht versuchen alles Neue in alte Kategorien zu pressen. Am einfachsten wäre es, alles, was bis 25 km/h schnell werden kann zulassungsfrei zu halten. Das würde neue wirtschaftliche Möglichkeiten in der Kurzstreckenmobilität eröffnen.

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