Kein Automatismus bei Erzwingungshaftanordnung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 15.09.2008

Die Anordnung von Erzwingungshaft war schon einmal Gegenstand des blogs. In NZV 2008, 418 findet sich nunmehr eine Entscheidung des LG Zweibrücken, in der dieses klar den oft herrschenden Automatismus bei Erzwingungshaftanordnungen durchbricht: Der Betroffene hatte 25 Euro und 50 Euro an Geldbußen zu zahlen und eingewandt, er erhalte ALGeld, zahle Unterhalt für zwei Kinder und Miete, so dass nur noch 350 Euro verbleibe.  Das LG hierzu:

Bei dieser Sachlage ist das Gericht gehalten, den Sachverhalt aufzuklären und von der Anordnung der Erzwingungshaft abzusehen (vgl. Bohnert, OWiG § 96 Rdnr. 9). Im Übringen erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb die Geldbuße von 50,- Euro mit 4 Tagen und jene von 25,- Euro mit 6 Tagen Erzwingungshaft bemessen worden ist, worin ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt (vgl. Göhler, OWiG 13. Aufl. § 96 Rdnr. 29).

Das LG Zweibrücken hatte vor kurzem schon einmal für Schlagzeilen gesorgt (= NZV 2008, 168) , als es eine Erzwingungshaft von 1 Tag für ein Bußgeld von 5 Euro für unerhältnismäßig erklärt hat - übrigens im Anschluss an das AG Lüdinghausen, NJW 2005, 3017.

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2 Kommentare

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Das Amtsgericht Tiergarten hat gegen einen schon aufgrund der nachgewiesenen Zahlungsunfähigkeit nicht in Erzwingungshaft zu nehmenden Türken diese Haft angeordnet,obwohl er niemals einen dem Gesetz entsprechenden Bußgeldbescheid erhalten hatte.Ich habe gerügt,dass der Bescheid ihm nicht in seiner Muttersprache übermittelt wurde wie der EGMR verbindlich ausgesprochen hat.Auch der rechtswidrige Beschluß wurde ihm nicht in türkischer Sprache übermittelt,sodaß er ihn nicht versteht und einfach mir das Schreiben übersandte.Obwohl er meine Kosten nicht bezahlen kann,muß ich ihn aus ethischen Gründen vertreten.

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Ich war bisher 5 mal in Erzwingungshaft wegen Nichtzahlen von Park-Knöllchen. Die Sachlage: Ich bin Rentner, gehbehindert, in der Hauptsache seit Jahren mit der Pflege und Betreuung meiner Elter, (87) schwerbehindert, dement und pflegebedürftig beschäftigt. Aus diesem Grund habe ich deren PKW in Gebrauch, um bei alles Notwendigkeiten erreichbar zu sein. Ich wohnte seinerzeit in Düren,Stadtmitte, ca. 20 KM vom Wohnsitz meiner Eltern entfernt. Trotz Anwohnerparkausweis war es sehr oft nicht möglich, einen Parkplatz nach meiner Heimkunft von meinen Eltern zu bekommen. Das führte dazu, daß ich das Fahrzeug in einer Parkverbotszone abstellen mußte, und dann am nächsten Morgen einen Zettel an meiner Windschutzscheibe hatte. Ich habe der Stadt Düren meine Situation mehrfach geschildert, schriftlich und mündlich, vor Allem auch meine monatlichen Rentenbezüge, 575,- Euro, es nützte nichts, zur Zeit stehen schon wieder 8-9 Tage Erzwingungshaft an. Auch das Einschalten der Öffentlichkeit ( 7 mal im Fernsehen, 13 Zeitungen) hatte zwar viel Resonanz, änderte aber nichts an der Vorgehensweise der Stadt Düren. Die ganze Sache ist unter GOOGLE- günther küpper, twitter oder facebook einzusehen. Ich werde mich nun an das Verwaltungsgericht wenden. Es ist unglaublich, wie die Behörden vorgehen, nur um ihre maroden Finanzen aufzubessern, und keinerlei Rücksicht auf die pflegebedürftigen Personen nehmen, deren Pflege während meiner Abwesenheit in Frage gestellt ist. V.K.

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