Der Fluch des Internet und Frau Ypsilanti
von , veröffentlicht am 16.09.2008Das Internet hat mit aller Grausamkeit gestern zugeschlagen. Ein Privatsender hatte einen Stimmenimitator daran gesetzt, als Franz Müntefering bei der hessischen SPD-Politikerin anzurufen. Das gelang - und vor laufenden Aufnahmegeräten entwickelte sich ein 9minütiger Austausch zwischen "Franz" und "Andrea", im Laufe dessen auch die Möglichkeit in Betracht gezogen wurde, Koch in Hessen regieren zu lassen.
Der Radiosender strahlte das Gespräch nicht aus. Doch die Bänder landeten im Internet - und werden dort wohl nicht verschwinden, auch wenn Frau Ypsilanti rechtliche Schritte angekündigt hat.
Wers hören will, findet einen zweiminütigen Ausschnitt auf den Seite von Youtube.
Die Frage ist: Sollen wir drüber schmunzeln (so die FAZ von heute)? Oder uns über die massive Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Netz ärgern (insofern ist der Fall auch ein Follow-up zur Diskussion über rottenneighbor.com hier im beck-blog)?
Gruss TH
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41 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenMarc Behrends kommentiert am Permanenter Link
Lieber Herr Hoeren, sind Sie sicher, dass die Verlinkung hier rechtmäßig ist? Ich bitte Sie, den Link zu entfernen.
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Wieso soll der Link rechtswidrig sein? Ich kann auch den FAZ-Artikel verweisen oder auf den dort erwähnten Eintrag bei Youtube, oder? Oder spielen Sie auf die Entscheidungen des LG/OLG München in Sachen Heise-Link an? Gruss TH
huhu kommentiert am Permanenter Link
Klar ist der link rechtswidrig weil der Inhalt offensichtlich rechtswidrig ist.
http://www.anwaltseiten24.de/internetrecht/haftung-links.html
Sie werden aber davon kommen weil Frau Ypsilanti nun mal nicht "alle" verklagen kann, sie macht sich nur noch lächerlicher. Ausserdem wird sie zuerst bei Youtube vorsprechen.
Hier ein besserer link, zu "Ypsilanti" beim Scheibenwischer:
http://de.youtube.com/watch?v=53trjqEjf3U
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Der Link wurde gestrichen. Gruss TH
Ickes kommentiert am Permanenter Link
Der Blick ins Gesetz macht schlau: § 201 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Auch die Veröffentlichung (einem Dritten zugänglich machen) einer Aufnahme des mitgeschnittenen, nicht-öffentlichen Wortes ist strafbar. In der Verlinkung dieser Aufnahme kann man eine Beihilfe sehen, wenn man die Veröffentlichung nicht durch den Upload als abgeschlossen ansieht oder die Beihilfe im Beendigungsstadium anerkennt. Sehr weitgehend kann man in der Verlinkung auch ein Gebrauchen oder Zugänglichmachen der Aufnahme (also eine vertatbestandlichte Beihilfe) sehen. In der Rechtsprechung zum Nebenstrafrecht finden sich sicher Parallelen zu einer so weitgehenden Auslegung.
Nachdenken kann man natürlich, ob die Verlinkung wirklich noch einen kausalen Beitrag zur Veröffentlichung leistet, weil der Schritt von einem Bericht über die Aufnahmen und ihre Kopien zur erfolgreichen Googlesuche nicht weit ist. Ähnlich hatte auch Heise - allerdings zu einem anderen Tatbestand und ohne Erfolg - im Münchener Verfahren argumentiert.
Im Übrigen wundere ich mich über Ypsilanti. Der Inhalt des Gesprächs ist wenig überraschend. Sie ist auf Müntis Vorschlag, Hessen dem Koch zu überlassen, nicht eingegangen. Wer hätte das nicht gedacht? - Überrascht war ich nur, dass es nach Gert Postel (http://de.wikipedia.org/wiki/Gert_Postel) noch immer so leicht ist, eine Person zu übertöpeln, die doch Ministerpräsidentin werden will. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Dieser Umstand war aber auch schon durch die ersten Berichte über diesen Vorgang erkennbar. Der Aufnahme des Gesprächs oder einer Veröffentlichung der Aufnahme selbst bedurfte es dazu nicht.
Marc Behrends kommentiert am Permanenter Link
So, mit dem Beitrag von huhu ist gemäß der zu Callactive ergangenen Rechtsprechung dieser Thread auf mooderiert zu schalten. Weitere Kommentare dürfen nur nach Kontrolle freigeschaltet werden. Der Beitrag von huhu ist selbstverständlich zu löschen.
Lieber C.H.Beck-Verlag, willkommen in der Welt der Blog/Foren-Haftung.
McDough kommentiert am Permanenter Link
Welche Frage ich interessant fände: Wer haftet eigentlich für die Verletzung der Persönlichkeitsrechte? Die SPD hat ja angekündigt, ggf. Ansprüche gegen den Radiosender geltend zu machen. Aber ist das problemlos möglich? Zwar ist der Sender für das Entstehen der Aufnahmen verantwortlich, aber kann er auch für die Veröffentlichung auf YouTube ohne weiteres zur Verantwortung gezogen werden?
Tilman kommentiert am Permanenter Link
@McDough: ja, ich finde es auch merkwürdig, dass die SPD die Sache rechtlich "prüft". Betroffen ist Ypsilanti selbst als Person, nicht die SPD als Partei. Aber viele in der SPD träumen nun mal vom Schily-Staat und wollen sich als "Souverain" aufspielen.
beobachter kommentiert am Permanenter Link
Ich habe mich schon immer gefragt, wie die Radiosender diese Jux-Anrufe machen; So richtig unangenehme Sachen dürften eigentlich gar nicht erst zur Ausstrahlung gelangen (mangels Zustimmung) und: "Live- Verklapse" (gab doch mal so einen Treuecheck im Radio siehe http://www.youtube.com/watch?v=beE40pUhnkw ) ginge sowieso gar nicht, oder sehe ich das falsch?
Beobachter
Jochen kommentiert am Permanenter Link
Hallo, Herr Professor Hoeren!
Nee, ist schon klar: Ein Link auf ein offensichtlich rechtswidriges Angebot zu setzen und das dann noch pseudomäßig mit Argumenten zu tarnen.
Ich weiß ohnehin nicht, was mit Ihnen in der letzten Zeit los ist. Sie waren mal für viele wirklich ein Vorbild, aber den Unsinn, den Sie in der letzten Zeit hier schreiben, und Ihre oftmaligen Rechtsverstöße erstaunen schon:
1. Veröffentlichung von personenbezogenen Daten und persönlichen E-Mails
2. Link auf rottenneighbor.com
3. Jetzt Links auf strafbare Inhalte.
Verwundert nicht nur mich sehr.
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Hallo "Jochen", sehr geehrter Herr Behrends,
schon oft habe ich beim Bloggen die Zähne zusammengebissen, wenn Kommentare unqualifiziert "dissen". Das gehört eben zum Geschäft. Bloggen ist ja auch ein Forum für Sudelbücher (im Lichtenbergschen Sinn); daher sind für mich auch Provokationen Teil der Blog-Kultur (auch wenn ich damit "Jochen" so bitter enttäuschen mußte).
Aber was Herr Behrends da abzieht, geht zu weit. Man sollte schon genau lesen, was ein anderer schreibt, bevor man im Kommandoton Filterung und Sperrung verlangt. "huhu" hatte in seinem Kommentar gar keinen Link auf das Ypsilanti-Interview gesetzt, sondern auf eine Ypsilanti-Parodie von Matthias Riechling. Und der war Kabarettist beim Scheibenwischer.
Hier der Link für Herrn Behrends
http://de.wikipedia.org/wiki/Scheibenwischer_(Kabarett)
Zum "Unsinn"-Vorwurf meines "Ex-Freundes" "Jochen" sei auf die Diskussion zu den einzelnen genannten Themen verwiesen.
Gruss TH
Julius 111. kommentiert am Permanenter Link
Ich verstehe das jetzt nicht:
> sondern auf eine Ypsilanti-Parodie von Matthias Riechling. Und der war Kabarettist > beim Scheibenwischer.
Die Aufzeichnung bei YouTube ist doch ein illegaler Mitschnitt aus der ARD. Es muss doch allen Beteiligten (vor allem dem Prof. für Urheberrecht) klar, dass es sich somit um eine Urheberrechtsverletzung handelt. Und trotzdem werden die Links beibelassen?
Das verstehe ich nicht. Die Rechtsprechung ist doch klar, dass sobald der Betreiber/Mod von einem illegalen Link erfährt, er handeln muss. Und hier wird das alles vollkommen ignoriert?
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Auch wenn es schwer zu verstehen sein mag: In obigen Einträgen findet sich gar kein Link auf das Ypsilanti-Gespräch! Also ist da auch nix zu speren. Im übrigen ist die Rechtsprechung eben gerade nicht "klar". Das Heise-Urteil des OLG München ist sehr umstritten und wird zur Zeit mit allen Rechtsmitteln angegriffen. Gruss TH
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Darf ich auch noch einmal eine weitere ketzerische Frage stellen? Ist das Ypsilanti-Interview wirklich illegal? Hier geht auch um Parodie, Pressefreiheit etc. Die Titanic hat über viele Jahre hinweg solche Fake-Interviews mit Politikern gemacht und veröffentlicht, ohne daß es irgendwelche juristischen Angriffe gab. Gruss TH
Julius 111. kommentiert am Permanenter Link
Lieber Professor,
Sie werfen Nebelkerzen. Mein Kommentar bezog sich auf das Posting von HuHu (2. Posting ingesamt) und somit auf das Riechling-Video.
Wie Sie selbst schreiben
"...auf das Ypsilanti-Interview gesetzt, sondern auf eine Ypsilanti-Parodie von Matthias Riechling..."
D.h. Sie haben sich bei YouTube den Mitschnitt von Matthias Riechling angeschaut. Und trotz Kenntnis wird hier der Link zu der Urheberrechtsverletzung nichtgelöscht.
Seit wann ist es denn legal, Mitschnitte aus dem Fernsehen öffentlich bei YouTube zu stellen?
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
An Julius 111: Sie haben recht; mea culpa. Ihr Posting gibt dem Thema noch eine andere Wendung. Urheberrechtsverletzung durch Link auf Youtube. Bei Youtube finden Sie hunderte von ARD/ZDF-Mitschnitten. Und das schon seit langem. Die Sendeanstalten sind moch meinem Kenntnisstand bislang nie dagegen vorgegangen. Evtl. gibt es da ein Agreement zwischen Sendeanstalten und Youtube? Ich weiß das nicht. Ob schon ein Link auf eine eventuelle Urheberrechtsverletzung eine Mitverantwortlichkeit begründet, ist m.E. bislang noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Im Heise-Urteil ging es um § 95a UrhG, also um Anti-Copying Devices. Das ist etwas anderes als eine Urheberrechtsverletzung.
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Habe mal recherchiert:
http://www.netzeitung.de/internet/597390.html
Dort wird Ärger mit dem ZDF erwähnt, ohne daß das ZDF etwas unternommen hätte. Weiß jemand mehr?
Tribble kommentiert am Permanenter Link
> Die Titanic hat über viele Jahre hinweg solche Fake-Interviews mit Politikern gemacht
Z.B. diesen Klassiker investigativen Journalismus':
http://www.titanic-magazin.de/heftarchiv00-06.html?&f=0601%2Fschwarzgeld...
Jens Ferner kommentiert am Permanenter Link
"Ist das Ypsilanti-Interview wirklich illegal?"
Eben das ist die Frage, die leider kaum behandelt wird. Ansatzpunkte gäbe es zur Genüge, wenn auch teilweise nur auf rechtsdogmatischer Ebene. Über Gedankenspiele hinaus muss ich aber erstmal "Ickes" oben zustimmen, da Rechtfertigungsgründe nicht ersichtlich sind und Medienvertreter keine Sonderrechte genießen können, Art. 5 GG greift hier nicht (SK-Hoyer §201 Rn.44). Ansonsten driften die Diskussionen zur Zeit zu schnell ins Nicht-Fachliche ab, so dass ich mich daran auch nicht ernsthaft beteiligen möchte :(
Johannes kommentiert am Permanenter Link
Es ist für mich schon lächerlich und mutet nahezu erbärmlich an, mit welch schlechtem Benehmen einige Kommentatoren glauben, mit einem Professor kommunizieren zu müssen, der sich als einer der wenigen sehr offen für ein neues Medium und dessen Nutzungsformen zeigt und auch sonst sehr kritische Positionen bekleidet, wie es nur wenige Kollegen tun. Grund für diese Anstandslosigkeiten könnten wohl der viel gerühmte deutsche Sozialneid, Bildungs- und Erziehungsdefizite und/ oder schlicht ein intensiver Aufmerksamkeitsmangel sein.
Leider wird sich dieses Bildungsdefizit auch bei Uniabsolventen mit den in Deutschland vielfach eingeführten Modularisierungen und Bachelor-Master-Abschlüssen noch verstärken, welche maximal noch halbgebildete Pragmatiker anstatt echte Universitätsabsolventen produzieren, die dann leider zu einem sachlichen, wissenschaftlichen und intellektuellen Diskurs nicht mehr befähigt sind.
Dennis kommentiert am Permanenter Link
Dass die Aufnahme als solche rechtswidrig ist, ist wohl schwer zu bestreiten. Ypsilanti will ja aber (so auf Spiegel Online gelesen) auch gegen Medien vorgehen, die aus dem Gespräch zitieren.
Da kann sich m.E. eine Strafbarkeit (und überhaupt eine Rechtswidrigkeit) nur aus § 201 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ergeben, der aber dem Tatbestandsausschluss in Satz 2 unterliegt, "Die Tat nach Satz 1 Nr. 2 ist nur strafbar, wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen".
Diese Einschränkung - an deren für ein Strafgesetz ausreichender Bestimmtheit man zweifeln könnte - hat der Gesetzgeber infolge des Wallraff-Urteils des BVerfG erlassen und soll zu einer Güterabwägung des Interesses des Betroffenen mit dem der Öffentlichkeit führen. Hier geht es um politische Fragen (Koalitionsbildung Hessen, Verhältnis SPD zur Linkspartei), die bundesweit von überragendem öffentlichen Interesse sind.
Eine der Preisfragen dürfte sein, ob ein Link auf das Youtube-Video auch (nur) eine solche Mitteilung über den Wortlaut ist.
Tilman Ickes kommentiert am Permanenter Link
Herr Hoeren,
zu Ihrer Frage der Fernsehmitschnitte auf youtube fällt mir das Urteil des BGH zu Stefan Raab und TV-Total vom 20.12.2007 (1 ZR 42/05) ein. Danach genießen selbst die in dieser Sendung üblichen Kurzzitate Urheberschutz und sind eben keine Zitate im Sinn des Urheberrechts. Warum, frage ich dann, sollte den Rindern erlaubt sein, was selbst Jupiter nicht darf? - Was ihre andere Frage nach der Strafbarkeit des Mitschnitts von Scherzanrufen betrifft, möchte ich hinzufügen, dass ich mich frage, woher Sie wissen, dass die Titanic nicht auch deswegen - wie wegen vieler anderer Fragen, von denen die Öffentlichkeit nichts weiß - Rechtsstreitigkeiten hatte. Die Redakteure der einschlägigen Fernsehsendungen jedenfalls haben gelegentlich schon Strafbefehle bekommen, wie ich aus eigener Anschauung weiß. Gruß!
Jens Ferner kommentiert am Permanenter Link
Es wurde nun Strafantrag gestellt:
http://www.sueddeutsche.de/,ra1m1/politik/704/310632/text/
Beatrice kommentiert am Permanenter Link
Es ist gerade konstituierend für die Medienfreiheit, dass Redakteure unabhängig und hier geradezu satirehaft recherchieren, produzieren und publizieren können, zumal der Beitrag selbst keine strafbaren Aussagen der Ypsilanti enthält, sondern vielmehr dem Bürger einen kurzen satirehaften Einblick in die Funktionsweise der Politik gibt, hier das sog. "Parteisoldententum". Daher sollte die legale Publikation m.E. unproblematisch ermöglicht werden.
Da die Y. für mich persönlich stets nicht sehr sympatisch und eher unglaubwürdig wirkte, auch nach der Diskussion um ihre Wahlversprechen vom Anfang 2008, passt das aktuelle Vorgehen aber in das Bild.
S.G. kommentiert am Permanenter Link
Guten Tag zusammen,
die Frage, inwieweit der link auf die YouTube-Parodie von Herrn Richling zulässig ist, möchte ich erneut ins Zentrum der Diskussion rücken. Grundsätzlich kann man nicht unterstellen, dass Veröffentlichungen von Sendemitschnitten auf YouTube mit Zustimmung der Fernsehsender erfolgen. Auch aus dem Umstand, dass die Sender nicht gegen die Angebot vorgehen, kann keine konkludente Zustimmung der Sender gefolgert werden. Ein Indiz für etwaige Vereinbarungen mag möglicherweise das Bestehen eines Channels des Fernsehsenders sein (siehe BBC). Damit steht aber keineswegs fest, ob Gegenstand dieser Vereinbarung auch die von Dritten zugänglich gemachten Mitschnitte sind.
Fehlt es daher an einer Zustimmung zur Zugänglichmachung des Sendemitschnitts ist das Angebot rechtswidrig (Verstoß gegen § 19a UrhG), was grundsätzlich auch strafrechtlich ahndbar ist, § 106 UrhG. Folgt hieraus nicht die Unzulässigkeit des oben aufgeführten links?
In diesem Zusammenhang stellen sich mir weitere Fragen:
1. Kommt es bei der Beurteilung einer Zulässigkeit des links auf die Rechtswidrigkeit des Inhalts an sich an, bspw. weil dieser unter Verstoß gegen strafrechtliche Normen hergestellt wurde (siehe Ypsi.-Interview)?
2. Oder folgt die Unzulässigkeit des links auch aus den Umständen des Angebots, bspw. durch die rechtswidrige Zugänglichmachung des Inhalts (s. Riechling-Parodie)?
Gruß
SG
Dennis kommentiert am Permanenter Link
Zu Youtube und GEMA habe ich das hier gefunden:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/98714
Bei dem "normalen" Laden-TV-Tarif der GEMA sind Anteile für die anderen Verwertungsgesellschaften enthalten, sodass eben auch journalistische TV-Sendungen abgegolten sind. Ob das bei dem individuellen Tarif, den Youtube und GEMA ausgehandelt haben, auch der Fall ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Tilman Ickes kommentiert am Permanenter Link
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung war anlässlich der Übernahme von Youtube der Frage der Rechtsmäßigkeit solcher Schnipsel und den Motiven nachgegangen, warum die Schnipsel trotz Rechtswidrigkeit toleriert wurden (FAZ, 13.10.2006, Nr. 238, S. 40). Die Antworten der befragten Rechteinhaber und der GVU sind zwar teilweise überholt, aber immer noch lesenswert. Ich trage einiges zusammen: Zweifel an der Rechtswidrigkeit von kleinen Ausschnitten (dazu der BGH zu Raab und TV-Total), Aufwand zur Ermittlung der Verletzter, kein finanzieller Schaden (anders als bei Musikindustrie, sondern sogar Werbung), Ineffektivität usw.
Ott kommentiert am Permanenter Link
Es wäre nicht ganz ohne Ironie, wenn hier „hochkarätige Internetrechtsexperten“ kontrovers über die Zulässigkeit des Links zu dem Mitschnitt aus der ARD diskutieren und ein Gericht würde den Beck-Verlag als verpflichtet ansehen, den Link zu entfernen, weil er offensichtlich rechtswidrig ist! Ganz im Sinne satirischer Bemerkungen wäre Forenbetreibern zu raten, zwei Anwälte zu beschäftigen, die dann mit drei Meinungen zu jedem kritischen Beitrag jegliche Offensichtlichkeit für den Forenbetreiber wegdiskutieren könnten.
Aber im Ernst: Wenn der Link wirklich zu einem offensichtlich rechtswidrigen Video führt, müsste er weg. Ich würde bei YouTube da aber tendenziell hohe Anforderungen stellen. Google ist doch nicht „evil“, oder? Die würden nie rechtswidrige Sachen auf ihrer Website dulden! Oder darf ich daran nicht glauben? Google hat inzwischen schon Abkommen mit einzelnen Urhebern, dass sie auch Raubkopien auf YouTube stehen lassen dürfen und die Urheber im Gegenzug an Werbeeinnahmen beteiligt werden. Muss ich mich als Forenbetreiber wirklich schlau machen, mit wem Google hier bereits Verträge geschlossen hat? Im Moment mag das ein überschaubarer Kreis sein, zu dem die ARD wohl nicht gehört, aber muss das ein Durchschnittsforenbetreiber wissen?
Von daher: In dubio pro Link. Oder sieht das der Beck-Verlag anders?
ein Zeitgenosse kommentiert am Permanenter Link
Jetzt laufen hier wohl endgültig zwei Diskussionsstränge parallel, die sich kaum noch entwirren lassen.
Die eine Frage ist, ob man auf eine im Internet abrufbare Information verlinken darf, die nach § 201 StGB (und zivilrechtlich wegen des Rechts am eigenen Wort als Unterfall des Persönlichkeitsrechts) rechtswidrig ist. Satire hin oder her bei Telefonstreichen, versteckter Kamera etc. ist doch gar nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Ich kann kein "überragendes öffentliches Interesse" i.S.d. § 201 Abs. 2 Satz 2 StGB erkennen, durch einen Link den Lesern des beck-blogs den Abruf des rechtswidrig hergestellten und rechtswidrig veröffentlichten Mitschnitts zu ermöglichen. Fazit: Vielleicht nicht als täterschaftliches Zugänglichmachen oder Beihilfe dazu strafbar, aber jedenfalls rechtswidrig und daher auch zivilrechtlich zu unterlassen (Störerhaftung).
Die andere Frage ist die nach der Rechtmäßigkeit eines Links auf eine urheberrechtswidrig im Internet abrufbare Information. Der Ausschnitt aus dem Scheibenwischer mit der Ypsilanti-Parodie von Mathias Richling wurde unzweifelhaft unter Verletzung des 19a-Rechts des Sendeunternehmens aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG ins Netz gestellt. Ein Link darauf perpetuiert abern nur die Verletzung von Verwertungsrechten, nicht von Persönlichkeitsrechten wie im Falle des § 201 StGB. Das müsste man m.E. in die Interessenabwägung einstellen, wenn man sich fragt, ob der Rechteinhaber hier Unterlassung der Verlinkung im Wege der Störerhaftung verlangen würde.
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Lieber Zeitgenosse (und liebe andere Blogger),
es ist richtig: Wir müssen hier in der Diskussion zwischen Links auf das Interview Ypsilanti und Links auf die ARD-Parodie klar unterscheiden.
Zum Link auf die ARD-Parodie: Klar - das Einstellen des Clips bei Youtube ist ein Verstoß gegen §§ 97, 19a UrhG. Und eventuell kommtr for Youtube auch eine Mitsatörerhaftung in Betracht (nach Maßgabe etwa der Ebay-Rechtsprechung). Aber wie bewertet man das Verhalten von ARD/ZDF? Die sind seit Jahren nicht (soweit ersichtlich) gegen Youtube vorgegangen, haben sogar (besten Dank für die Hinweise) Youtube-Clips als positiv angesehen. Kommt dann so etwas wie Verwirkung in Betracht?
Zum Link auf das Interview: Klar ist, daß der, der das Interview bei Youtube eingestellt hat, sich nach § 201 StGB strafbar gemacht hat. Auch hier kommt eventuell eine Mitstörerhaftung von Youtube in Betracht. Aber ist der Link darauf schon strafbar? Das hängt m.E. vom Kontext des Links ab. Wenn der Link dazu dient, eine öffentliche Diskussion über Internet und Persönlichkeitsrechte zu initiieren, könnte man m.E. eventuell doch über ein überragendes öffentliches Interesse nachdenken. Wo soll eigentlich der Unterschied zur FAZ liegen, die in ihrer Berichterstattung permanent erwähnt, daß man das Interview bei Youtube hören könne? Wäre das nicht auch verboten? Und wo bleibt dann die Pressefreiheit?
Gruss und Dank für die spannende Diskussion Ihr TH
Tilman Ickes kommentiert am Permanenter Link
Zum Link auf die ARD-Parodie: Der Hinweis auf Verwirkung ist - mit Verlaub - geeignet als Nebelkerze durchs Internet zu geistern. Rechtlich sind doch eine Vielzahl von Urheberrechtsverletzungen zu unterscheiden und zwar wegen jedes einzelnen Schnipsels. Verwirkung kommt zunächst einmal nur wegen jedes einzelnen Schnipsels in der Vergangenheit in Betracht. (Auch wegen vergangener Schnipsel habe ich so meine Zweifel an der Verwirkung.) Eine ganz andere Kiste wäre die Verwirkung mit Wirkung für zukünftige, immer neue Rechtsverletzungen. Sowas gibt es m.E. bisher nicht und deshalb sollte keiner darauf vertrauen, dass irgendein Gericht "Verwirkung" in diesem Sinn wegen eines neu eingestellten Schnipsels annimmt.
McDough kommentiert am Permanenter Link
Um mich mal in die Diskussion zur Linkhaftung einzuschalten: Ob man für Links haftet oder nicht scheint zu einem nicht unerheblichen Teil vom Gericht abzuhängen, vor dem der Fall landet. Das Landgericht Hamburg und das Landgericht München sind nicht grade für eine Internetfreundliche Rechtsprechung bekannt. Da verwundert es nicht, dass das Landgericht München 2005 gegen den Heise-Verlag entschieden hat, als dieser im Rahmen eines Artikels einen Link auf die Seite von AnyDVD (einer Software, mit der der Kopierschutz von DVDs ausgehebelt werden kann) gesetzt hat. Wunderschön dokumentiert ist der Sachverhalt unter http://www.heise.de/heisevsmi/ . Den Volltext der Entscheidung findet man unter http://www.affiliateundrecht.de/lg-muenchen-21-O-3220-05-haftung-fuer-li... .
Allerdings gibt es auch einen schönen Artikel bei Wikipedia zum Thema: http://de.wikipedia.org/wiki/Haftung_für_Hyperlinks . Sollte man sich mal durchlesen.
Der Nebelkerzen... kommentiert am Permanenter Link
Da ich nun schon zweimal als Nebelkerzenwerfer angezählt worden bin, möchte ich die dritte Nebelkerze werfen. Nun gut, Herr Ickes, die Verwirkung trifft natürlich erst einmal nur einzelne Fälle. Aber wenn eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt über Jahre hinweg Schnipsel zugelassen oder sogar ausdrücklich gebilligt hat, würde dann nicht auch für ähnlich gelagerte künftige Fälle (nur ähnlich gelagerte!) ein Vertrauenstatbestand geschaffen sein, den man mit dem Instrument der Verwirkung erfassen könnte. Ihr TH
shabazz kommentiert am Permanenter Link
Hallo TH,
die Frage ist doch, ob man dann auf das Zeit- oder Umstandsmoment abstellt.
Richtig ist eine Verwirkung wegen eines Umstandsmomentes anzunehmen, wenn die Sendeanstalt den Beitrag positiv bewertet hat.
Eine Verwirkung wegen eines Zeit- oder Umstandsmomentes setzt aber auch Kenntnis voraus. Ich kenne mich jetzt nicht so aus, aber kann man von der Veröffentlichung bei Youtube darauf schließen, dass die Sendeanstalt die Veröffentlichung kennt?
Dennoch schöne Idee.
Grüsse
Dennis kommentiert am Permanenter Link
Verwirkung würde ja bedeuten, dass das Sendeunternehmen sogar gegen die eigentliche Verletzung nicht mehr vorgehen könnte. Hier geht es ja nur um den Link dahin. Links auf rechtswidrige Inhalte sind nicht schlechterdings auch rechtswidrig. Ich zitiere aus der Schöner-Wetten-Entscheidung des BGH (I ZR 317/01 vom 1. April (!) 2004):
"Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, daß die Webseite oder der Internetauftritt, auf die der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen. Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Störerhaftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, insbesondere nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben hätte, daß mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird. Wenn Hyperlinks nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen Quellen erleichtern, dürfen allerdings im Interesse der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) an die nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im "World Wide Web" ohne den Einsatz von Hyperlinks zur Verknüpfung der dort zugänglichen Dateien praktisch ausgeschlossen wäre."
(Zitat Ende)
Wie soll man denn zumutbar prüfen, ob Youtube oder der dortige Uploader keine Lizenz haben für den Videoschnipsel? Genau genommen weiß man doch nicht einmal bei den Sendungen, die die Sender auf ihren eigenen Websites vorhalten, ob sie dazu von der jeweiligen Produktionsfirma (und diese von den Beteiligten) die notwendigen Rechte eingeräumt bekommen haben.
Spannend ist in dem Zusammenhang auch das Hauptsacheverfahren Heise wegen AnyDVD. Weiß da jemand, wie der Stand des Berufungsverfahrens ist?
Tilman Ickes kommentiert am Permanenter Link
Hallo Herr Hoeren,
entschuldigen Sie bitte meine Wortwahl. Natürlich wollte ich Sie nicht anzählen und mich schon gar nicht einreihen in eine "Front" mit einem anderen Diskussionsteilnehmer, dessen Argumente ich nicht teile. Ich habe lese Ihre Beiträge (zB in der ct) vielmehr schon seit vielen Jahren mit Gewinn. Neben der Beteiligung von Heintschel-Heinegg ist Ihr Auftreten in diesem Blog für mich sogar der Anlass gewesen, ihn regelmäßig zu lesen.
Nun aber noch mal zur Verwirkung: Ihre Idee löst die Verwirkung aus dem einzelnen Schuldverhältnis. Verwirkung im althergebrachten Sinn hat ihren Grund in Treuepflichten, die mit dem einzelnen Schuldverhältnis einhergehen, deshalb wird die Verwirkung bei § 242 BGB kommentiert. Ihr Gedanke gehört eher ins "Sachenrecht" und ist vielleicht der Frage vergleichbar, ob der Eigentümer eines Grundstücks die Benutzung eines Pfades über sein Grundstück durch die Allgemeinheit nach vielen Jahren der Duldung oder vielleicht sogar unbemerkten Benutzung noch verbieten darf. Ich würde das ohne Zögern bejahen und (de lege lata) auch für das andere absolute Recht (Urheberrecht) genauso sehen.
Problematik der... kommentiert am Permanenter Link
[...] Anbetracht einer aktuellen Diskussion auf dem Beck Blog zur unerlaubten Veröffentlichung eines Telefon-Mitschnitts auf YouTube zwischen einem [...]
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Nun gibts den Ypsilanti-Fall auch in den USA. Ein kanadischer Komiker hat sich als Sarkozy ausgegeben und Frau Palin angerufen. Nettes Gespräch - über gemeinsame Jagd nach Robbenbabies & Co. Auch über Youtube abrufbar
http://de.youtube.com/watch?v=oa160BhobS8
Hoeren kommentiert am Permanenter Link
Die Staatsanwaltschaft hat die Sache eingestellt
http://www.heise.de/newsticker/Ypsilanti-Scherzanruf-hat-keine-strafrech...
Mein Name kommentiert am Permanenter Link
[...]Die Richter des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hoben nun unter anderem das Urteil des OLG München vom 23. Oktober 2008 auf; die Klage der Musikindustrie wurde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens haben die klagenden Firmen der Musikbranche zu tragen.[...]
Name kommentiert am Permanenter Link
und nun auch noch die Urteilsbegründung - Leitsatz:
"Sind in einem im Internet veröffentlichten, seinem übrigen Inhalt nach dem Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit unterfallenden Beitrag elektronische Verweise (Links) auf fremde Internetseiten in der Weise eingebettet, dass sie einzelne Angaben des Beitrags belegen oder diese durch zusätzliche Informationen ergänzen sollen, so werden auch diese Verweise von der Presse- und Meinungsfreiheit umfasst."
BGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - I ZR 191/08