Wer die Privatisierung öffentlicher Aufgaben regeln möchte, muss die Interessen der Beteiligten beachten

von Dr. Ludger Giesberts, LL.M., veröffentlicht am 27.09.2008

Auf dem 67. Deutschen Juristentag, der vom 23. bis 26. September 2008 in Erfurt stattfand, sind in der Abteilung Öffentliches Recht Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen der Privatisierung staatlicher und kommunaler Aufgaben diskutiert worden. Grundlage der Diskussion auf dem Deutschen Juristentag ist die große Anzahl höchst unterschiedlicher Privatisierungen in den letzten Jahren. Diese waren nicht selten von einem hohen Maß an Unzufriedenheit mit der rechtlichen Situation verbunden. Kritisiert wird insbesondere die fehlende Systematisierung der für Privatisierungen einschlägigen Rechtsregeln. Es fehle an Rechtssicherheit, da man sich die einschlägigen Regeln jeweils zusammensuchen müsse. Der Gutachter und Vortragende Prof. Dr. Martin Burgi (Universität Bochum) empfiehlt deshalb, verbindliche Regelungen in selbständigen Gesetzen auf Bundes- und Landesebene aufzunehmen (Burgi, Privatisierung öffentlicher Aufgaben – Gestaltungsmöglichkeiten, Grenzen, Regelungsbedarf, Gutachten für den 67. Deutschen Juristentag, PDF). Vor dem Hintergrund des EG-Gemeinschaftsrechts kommt Referent Prof. Dr. Thomas von Danwitz (Richter am EuGH und Prof. an der Universität zu Köln) ebenfalls zu dem Ergebnis, dass nicht unerheblicher Fortentwicklungs- und Regelungsbedarf besteht. Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben erfordere Klarheit über die zu beachtenden gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen (von Danwitz, Privatisierung öffentlicher Aufgaben – Gestaltungsmöglichkeiten, Grenzen, Regelungsbedarf, Referat für den 67. Deutschen Juristentag, PDF). In ähnlicher Weise äußerten sich die Referenten Thomas de Maiziere (Chef des Bundeskanzleramts und Minister für Besondere Aufgaben) sowie Prof. Joachim Wieland (Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer).

Burgi/von Danwitz ist hier nur mit Nachdruck zuzustimmen. Der Regelungsrahmen für Privatisierungen muss allen Beteiligten klar sein. Spielräume und Grenzen können so besser als bislang ermessen werden. Dazu dient sicherlich auch eine Systematisierung. Die Darlegung dieses rechtlichen Rahmens darf indes nicht den Blick dafür verstellen, dass bei einer Regelung von Privatisierungsgesetzen insbesondere auf die Interessen der unterschiedlichen Beteiligten geachtet werden muss. Damit steht und fällt der Erfolg einer solchen Regelung. Zunächst ist hervorzuheben, dass es bei der Privatisierung wie auch bei PPP-Modellen um die Akquisition privaten Kapitals für Zwecke der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und der Entlastung öffentlicher Haushalte geht. Gelingt dies nicht, so erscheint eine Privatisierung weitgehend sinnlos. Beim Entwurf solcher Gesetze ist somit darauf zu achten, dass diese so abgefasst werden, dass privates Kapital angezogen und jedenfalls nicht abgeschreckt wird. Der Gesetzgeber muss prüfen, ob und in welchem Umfang dies durch die angedachten Regelungen tatsächlich geschieht. Dies ist jedoch nur eines von mehreren zu beachtenden Interessen. Eine Privatisierung öffentlicher Aufgaben vermindert regelmäßig die Einflussnahmemöglichkeit der Öffentlichen Hand. Dieses spezifische Interesse muss ebenfalls in ausreichendem Maße beachtet werden. Bei allen zu erlassenden Regeln ist darauf zu achten, ob und in welchem Umfang die Öffentliche Hand Einfluss verliert bzw. abgeben soll. Das Interesse des privaten Investors und das Interesse der Öffentlichen Hand stehen in dieser Hinsicht in einem gewissen Spannungsverhältnis, das es durch die Regelung in den Privatisierungsgesetzen grundsätzlich und in den Privatisierungsverträgen konkret zu lösen gilt. Der Bundes- und Landesgesetzgeber kann hier sicherlich durch einen eigenen Ansatz Spielräume und Grenzen ausloten und eigene Schwerpunkte setzen. Entscheidend ist allein, dass die Regelungsaufgabe „in vollem Lichte“ der unterschiedlichen Interessen angegangen wird. Nur so kann ein effizientes Privatisierungsgesetz geschaffen und von den auf dem Deutschen Juristentag aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen für die Privatisierung öffentlicher Aufgaben Gebrauch gemacht werden.

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1 Kommentar

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Bei Sätzen wie "Beim Entwurf solcher Gesetze ist somit darauf zu achten, dass diese so abgefasst werden, dass privates Kapital angezogen und jedenfalls nicht abgeschreckt wird" schlage ich vor, dass die Gesetze doch gleich von der Bertelsmann Stiftung, Sal. Oppenheim & co entworfen werden. In der Energiewirtschaft ist es ja auch so, dass die Gesetze durch die Stromlobby gemacht werden, und die Leute eigene Räume in den Ministerien bekommen...

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