Nochmals: Erstes Urteil im Rahmen der Liechtenstein-Affäre ungewöhnlich milde

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 29.10.2008

Auf dem 31. Deutschen Steuerberatertag in Bonn berichtete Rechtsanwalt Justizrat Prof. Dr. Franz Salditt, einer der renommiertesten Steuerstrafverteidiger in Deutschland und ausgezeichnet mit dem Max-Alsberg-Preis 2005, dass die Verhandlung gegen einen der ersten von rund 4.500 Kunden der Liechtensteiner Fürstenbank LGT vor dem LG Bochum nur 23 Minuten dauerte und mit einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung endete. Über ein Geflecht von Stiftungen im Ausland hatte der Angeklagte fünf Jahre lang ca. 8 Millionen Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag hinterzogen - und diesen Betrag bis zur Verhandlung noch nicht einmal vollständig zurückgezahlt.

Hintergrund dieses ist nach Salditts Einschätzung ungewöhnlich milden Urteil ist offensichtlich eine Absprache mit erhoffter Folgewirkung: Künftige Angeklagte sollen geködert werden, sich auf eine Verständigung mit der Anklagebehörde einzulassen. Zugleich sollen sie auf eine Überprüfung der Verurteilungen durch den BGH verzichten. Damit werde den Karlsruher Richtern eine Kontrolle vorenthalten und den Angeklagten die Chance genommen, wegen der offenen Beweisverwertungsfragen einen Freispruch zu erkämpfen.

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2 Kommentare

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"Damit werde den Karlsruher Richtern eine Kontrolle vorenthalten und den Angeklagten die Chance genommen, wegen der offenen Beweisverwertungsfragen einen Freispruch zu erkämpfen."

Aber sie müssen bei dem Deal ja nicht mitmachen.

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Richtig! Aber: Die umstrittenen Verwertungsfragen sollen aus Sicht von Staatsanwaltschaft und Gericht (so verstehe ich Salditt) höchstrichterlich "besser" nicht geklärt werden, weil vielleicht ein Verwertungsverbot festgestellt werden könnte; dann wären all die Fälle einzustellen, aber das will man nicht. Lieber lässt man es zu sehr milden Verurteilungen kommen. Die Angst des Beschuldigten davor, vielleicht doch nicht freigesprochen, sondern härter bestraft zu werden, wird "abgekauft". Diese Fallkonstellationen bringen die Absprachen aber weiter in Verruf. Erst muss der Fall aufgeklärt und sich das Gericht über die Rechtslage im Klaren sein und ggf. freisprechen, ohne über eine Absprache zu reden. Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass zu verurteilen ist, dann mag es - etwa zur Vermeidung einer sehr umfangreichen Beweisaufnahme - zu einer Absprache kommen.

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