OLG Hamm zur Blutprobe: Wohl immer Gefahr in Verzug

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 29.10.2008

Mehrfach schon war § 81a StPO und hier die Frage der Verletzung des Richtervorbehalts bei Anordnung der Blutprobenentnahme Gegenstand des Blogs. Nun hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm mit Beschluss vom 25.8.08 - 3 Ss 318/08 - als erster Senat des OLG eine erste vorsichtige Standortbestimmung versucht. Auch hier ging es einmal mehr um eine seitens der Polizei angeordntete Blutprobe - der Verteidiger hatte allerdings im Rahmen der Verfahrensrüge nicht ausreichend vorgetragen, so dass allein deshalb die Revision gegen das amtsgerichtliche Urteil scheiterte. Trotzdem hat der 3. Senat u.a. ergänzend wie folgt Stellung genommen:

"Der Senat neigt der Auffassung zu, dass eine evidente Dringlichkeit (Straßen-)Verkehrsdelikten, bei denen es auf die Überschreitung eines bestimmten BAK-Wertes ankommt, zwar nicht immer, aber häufig gegeben sein wird. ... Bei den genannten Verkehrsdelikten ist eine exakte messtechnische Bestimmung des BAK-Wertes zum Tatzeitpunkt wesentlich für die Feststellung der Strafbarkeit. Selbst ohne Anrufung des Ermittlungsrichters ist meist die Erlangung einer Blutprobe, allein schon weil die Polizei zunächst herbeigerufen werden und den Sachverhalt ermitteln muss und wegen der Heranziehung des zur Entnahme notwendigen Arztes, meist nicht unter einer Stunde nach der Tat zu erreichen. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Polizei kein eigenes Antragsrecht beim Ermittlungsrichter zusteht, sondern diese zunächst die Staatsanwaltschaft einschalten muss, sofern nicht die Fallgestaltung des § 165 StPO vorliegt....Zwar lässt sich auch durch eine nicht ganz so zeitnahe Blutprobe und deren Auswertung durch Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt noch ein BAK-Wert ermitteln. Indes erfolgt diese Rückrechnung aufgrund bestimmter zu Gunsten des Beschuldigten angenommener statistischer Mindestwerte. Die tatsächlichen Abbauwerte liegen im allgemeinen (z.T. deutlich) höher, so dass sich mit zunehmendem Zeitablauf zwischen Tat und Blutprobenentnahme auch die Abweichungen zwischen einem zeitnah gemessenen tatsächlichen BAK-Wert und einem durch Rückrechnung ermittelten BAK-Wert ergeben..."

Ausdrücklich hat sich der Senat gleichwohl noch nicht festlegen wollen, was denn wäre, wenn gegen den Richtervorbehalt des § 81a StPO verstoßen worden wäre:

"...Ob bzw. inwieweit bei einer Verletzung des, Richtervorbehalts ein Beweisverwertungsverbot bezüglich des auf der Grundlage der ohne richterliche Anordnung erlangten Blutprobe eingeholten Gutachtens anzunehmen ist (vgl. dazu BVerfG Beschl. v. 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - BeckRS 2008, 37714), kann derzeit offen bleiben..."

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6 Kommentare

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Nun ja, im Ergebnis bedeutet das doch: Ein Arzt schafft es zwar binnen einer Stunde (ohne Sonderrechte, weil mit seinem Privatwagen) körperlich in die Dienststelle zu gelangen. Ein Bereitschaftsstaatsanwalt schafft es aber nicht, binnen einer Stunde per Telefon -nach Schilderung des Sachverhaltes durch die Polizeibeamten- eine eigene Entscheidung oder eine Entscheidung eines Bereitschaftsrichters herbeizuführen.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass im Hinterkopf der Richter stets die Sorge um die Nachtruhe der Kollegen am Amtsgericht mitschwingt.

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Nur mal eine kleine Frage: Wenn der Betrunkene nicht mitkommen will, nach welcher Rechtsnorm darf die Polizei ihn festhalten, bis der Richter "ja" sagt? Braucht nicht zu suchen, es gibt nur eine - nämlich der § 81a StPO, der eine Freiheitsbeschränkung zum Zwecke der Durchführung einer körperlichen Untersuchung beinhaltet. Und die muss ja direkt vor Ort durch die Polzei angeordnet werden. Das hat das OLG in seiner Empfehlung auch so gesehen. Dummerweise schreibt es aber dann, dass danach die Blutentnahme trotzdem nochmals duch den Richter angeordnet werden müsste.
Häh? Eine rechtmäßig angeordnete Maßnahme nochmals anordnen lassen? Die Freiheitsentziehung wurde rechtmäßig durchgeführt, nachdem GiV vorlag. Der Stich mit der Nadel stellt aber (durch alle Instanzen bestätigt) nur einen sehr geringen GR-Eingriff dar. Und nun nochmal: Freiheitsentziehung (schwerwiegend) darf der Polizist, die Blutprobe (geringfügig) muss aber der Richter? Das ist Kokolores. Ist die GiV einmal gegeben, können die Polizisten auch Stechen lassen. Das dauert bei denen höchsten 1/2 Stunde. In der Zeit bekommt man sicher keinen Richter, der eine Blutentnahme bestätigt, da dieser i.d.R. auch einen schriftlichen Vorgang haben möchte. Aber wird ja hoffentlich bald eh geändert, dann liegt die Anordnungskompetenz in Verkehrsstrafsachen bei der Polizei (siehe Ergebnisse des Verkehrsgerichtstages 2009, Nr.3.2)

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Beobachtet man das Verhalten der Polizei, so ist es klar ersichtlich das Grundsätzlich der Richtervorbehalt §81a Abs.2 bewust Umgangen wird.

Allerdings für die Polizeibeamten endet das grundsätzlich immer ohne Folgen. GiV kann man ja auch im danach folgenden Strafverfahren begründen, auch wenn diese in der Ermittlungsakte nicht Dokumentiert wurde.

Und auch die nicht Dokumentation bleibt für die Beamten folgenlos.

Es wird in den meisten Fällen weder Dokumentiert ob der Versuch unternommen wurde einen Richter oder Staatsanwalt zu Erreichen, noch wird Dokumentiert ob GiV vorlag.

Das BVerfG legte eindeutig Fest das diese Angaben zwingend zu Dokumentieren sind. Nur halten sich weder Polizeibeamte an ihre Dokumentationspflicht und auch Richter übersehen gern das Fehlverhalten der Polizei.

Eine Ermittlungsakte ( aus meiner Sicht )ist ein Amtliches Dokument, das bei der Vorlage vor Gericht Vollständig zu sein hat.

Und spätere Nachfragen und Mummenschantzspielchen warum dieses und jenes nicht Dokumentiert wurde denke Verbieten sich sich hier.

Unsere Deutschen Gerichte sagen doch Grundsätzlich immer " Haben Sie das Schriftlich " und nur Schriftliches zählt.

Also was nicht Schriftlich Dokumentiert wurde, hat also nicht Stattgefunden.

Und hierbei ist es doch wohl Egal ob es sich dabei um den Versuch handelte einen Richter oder Staatsanwalt zu Erreichen oder ob der Polizeibeamte GiV angenommen hat.

Es ist nicht Dokumentiert also hat es auch nicht Stattgefunden und es lag auch keine GiV vor.

Somit hat sich m.E. der Polizeibeamte eines schweren Fehlverhaltens schuldig gemacht, das zum Nachteil des Angeklagten führt und somit den Richtervorbehalt Bewust umgangen.

Im Nachhinein dann im Strafverfahren die fehlenden Angaben und Dokumentationen durch Zeugeneinvernahme der Polizeibeamten zu Erlangen nur um eine Verurteilung des Angeklagten zu erreichen dürfte sich wohl Verbieten.

Denn:

A.)  Weiss jeder Polizeibeamte das er solch gravierende Dinge zu Dokumentieren sind. ( Es Besteht nun mal laut BVerfG eine Dokumentationspflicht )

B.) Weiss jeder Polizeibeamte das es den §81a Abs.2 gibt!

 

Ich denke auch hier hätte man einen guten Ansatzpunkt um ein BVV durchzusetzen, da "Vereidigte" Beamte (Polizei ) es grob Fahrlässig oder auch Mutwillig unterlassen haben ihrer Dokumentationpflicht nachzukommen um den Richtervorbehalt zu Umgehen.

 

Wie schon gesagt, ich denke das auch eine Ermittlungsakte ein Amtliches Dokument ist das Vollständig zu sein hat.

Und ist das nicht der Fall , dann dürfte daraus dem Angeklagten wohl kein Nachteil  Entstehen!!!

Ausserdem ist es m.E. dann egal zu welcher Tages oder Nachtzeit die Blutentnahme stattgefunden hat. Der Richtervorbehalt wurde Bewust Missachtet und Umgangen, denn wäre dieser Beachtet worden hätte man das ja auch Bedenkenlos Dokumentieren können. Auch ist dann Zwingend davon auszugehen das keine GiV vorlag denn hätte eine GiV vorgelegen hätte man auch diese Bedenkenlos Dokumentieren können.   

 

 

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Wlli Winzig schrieb:

Beobachtet man das Verhalten der Polizei, so ist es klar ersichtlich das Grundsätzlich der Richtervorbehalt §81a Abs.2 bewust Umgangen wird.

Allerdings für die Polizeibeamten endet das grundsätzlich immer ohne Folgen. GiV kann man ja auch im danach folgenden Strafverfahren begründen, auch wenn diese in der Ermittlungsakte nicht Dokumentiert wurde.

Und auch die nicht Dokumentation bleibt für die Beamten folgenlos.

Es wird in den meisten Fällen weder Dokumentiert ob der Versuch unternommen wurde einen Richter oder Staatsanwalt zu Erreichen, noch wird Dokumentiert ob GiV vorlag.

Das BVerfG legte eindeutig Fest das diese Angaben zwingend zu Dokumentieren sind. Nur halten sich weder Polizeibeamte an ihre Dokumentationspflicht und auch Richter übersehen gern das Fehlverhalten der Polizei.

Eine Ermittlungsakte ( aus meiner Sicht )ist ein Amtliches Dokument, das bei der Vorlage vor Gericht Vollständig zu sein hat.

Und spätere Nachfragen und Mummenschantzspielchen warum dieses und jenes nicht Dokumentiert wurde denke Verbieten sich sich hier.

Unsere Deutschen Gerichte sagen doch Grundsätzlich immer " Haben Sie das Schriftlich " und nur Schriftliches zählt.

Also was nicht Schriftlich Dokumentiert wurde, hat also nicht Stattgefunden.

Und hierbei ist es doch wohl Egal ob es sich dabei um den Versuch handelte einen Richter oder Staatsanwalt zu Erreichen oder ob der Polizeibeamte GiV angenommen hat.

Es ist nicht Dokumentiert also hat es auch nicht Stattgefunden und es lag auch keine GiV vor.

Somit hat sich m.E. der Polizeibeamte eines schweren Fehlverhaltens schuldig gemacht, das zum Nachteil des Angeklagten führt und somit den Richtervorbehalt Bewust umgangen.

Im Nachhinein dann im Strafverfahren die fehlenden Angaben und Dokumentationen durch Zeugeneinvernahme der Polizeibeamten zu Erlangen nur um eine Verurteilung des Angeklagten zu erreichen dürfte sich wohl Verbieten.

Denn:

A.)  Weiss jeder Polizeibeamte das er solch gravierende Dinge zu Dokumentieren sind. ( Es Besteht nun mal laut BVerfG eine Dokumentationspflicht )

B.) Weiss jeder Polizeibeamte das es den §81a Abs.2 gibt!

 

Ich denke auch hier hätte man einen guten Ansatzpunkt um ein BVV durchzusetzen, da "Vereidigte" Beamte (Polizei ) es grob Fahrlässig oder auch Mutwillig unterlassen haben ihrer Dokumentationpflicht nachzukommen um den Richtervorbehalt zu Umgehen.

 

Wie schon gesagt, ich denke das auch eine Ermittlungsakte ein Amtliches Dokument ist das Vollständig zu sein hat.

Und ist das nicht der Fall , dann dürfte daraus dem Angeklagten wohl kein Nachteil  Entstehen!!!

Ausserdem ist es m.E. dann egal zu welcher Tages oder Nachtzeit die Blutentnahme stattgefunden hat. Der Richtervorbehalt wurde Bewust Missachtet und Umgangen, denn wäre dieser Beachtet worden hätte man das ja auch Bedenkenlos Dokumentieren können. Auch ist dann Zwingend davon auszugehen das keine GiV vorlag denn hätte eine GiV vorgelegen hätte man auch diese Bedenkenlos Dokumentieren können.   

 

 

Ach eines hatte ich noch Vergessen , bei Weiterleitung der Emittlungsakte an den Zuständigen Staatsanwalt zur Anklageerhebung Unterzeichnet der Bearbeitenden Polizeibeamte auch das seine Angaben Vollständig und Richtig sind.

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Hallo,

hatte vor eigner Zeit einen Vorfall. Habe von zwei Männern ein paar auf die Mütze bekommen. Habe nur die Möglichkeit gesehen ins Auto zur flüchten und ab zu hauen. Kurz bevor ich zu Hause war ein Auto hinter mir und dachte das es die bösen Jungs waren. Habe die flucht ergriffen und landete bewusstlos unterm Bagger. Bin nach einiger Zeit im Krankenhaus aufgewacht. Die Beamten haben mir während meines Zustands der Bewusstlosigkeit einer Blutabnahme unterzogen. Nach dem ich mein Bewusstsein wieder erlangt hatte, haben die mir zum wiederholten male Blut abgenommen.

Frage:

Ist das Verhalten der Polizei legitim?? Darf ohne richterliche Anordnung Blut abgenommen werden?? Wenn ja was kommt auf mich zu??

Bis dahin vielen dank   

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