Mehr Rechte für Untersuchungsgefangene

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 04.11.2008

... dies sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundeskabinett heute verabschieden will.

  • Standardmäßig geltende Beschränkungen künftig nicht mehr möglich

Die Beschränkungen der Untersuchungsgefangenen durch Überwachung der Außenkontakte und die Trennung von anderen Gefangenen, die an derselben Tat beteiligt waren, sind nach dem Gesetzentwurf im Einzelfall genau zu prüfen. Standardmäßig geltende Beschränkungen unabhängig von den Erfordernissen des konkreten Falles sieht der Gesetzentwurf anders als die bisherigen Untersuchungshaftvollzugsordnungen nicht mehr vor.

  • Beschränkungen unterliegen Richtervorbehalt

Die im Einzelfall gebotenen Beschränkungen müssen nach dem neuen Gesetz grundsätzlich durch den Richter angeordnet werden. Jedoch kann das Gericht die Ausführung widerruflich auf die das Verfahren führende Staatsanwaltschaft übertragen.

  • Rechtsbehelfe

Der Gesetzentwurf regelt die Rechtsbehelfe von Inhaftierten gegen Entscheidungen der Vollzugsanstalten, die der Aufrechterhaltung der Anstaltsordnung dienen.

  • Belehrungspflicht wird erweitert

Künftig sollen festgenommene Personen unverzüglich und schriftlich u.a. darüber belehrt werden, dass sie spätestens am Tag nach der Ergreifung einem Richter vorzuführen sind, dass sie Zugang zu einem Verteidiger und einem Arzt sowie das Recht haben, keine Aussage zu machen. Nach bislang geltendem Recht muss ein Beschuldigte nicht bereits im Moment der Festnahme, sondern erst zu Beginn der Vernehmung über seine Beschuldigtenrechte belehrt werden.

  • Akteneinsichtsrecht

Künftig soll ein gesetzlicher Anspruch auf Überlassung zumindest derjenigen Informationen gestehen, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung erforderlich sind. Bislang kann die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht vollständig verweigern, wenn dadurch der Untersuchungszweck gefährdet werden würde.

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2 Kommentare

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Im Reformgesetz wird expressis verbis die Belehrungspflicht nicht aufgenommen sein. Aber sie ist de facto wie rechtlich gefordert bei jedem Beschuldigten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist. In der Praxis kann man gleichwohl anderes erleben. Dass selbst im Prozess die Dolmetscherfrage zum Problem werden kann, zeigt die Berichterstattung von Frau Gisela Friedrichsen vom ersten Prozesstag im Holzklotz-Fall.

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