Winterliche Verkehrssicherungspflicht

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 08.11.2008

Kurz vor Beginn des Winters erscheint es sinnvoll die Verkehrssicherungspflichten des Vermieters näher zu betrachten. Grundsätzlich obliegt die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des vermieteten Objekts dem Vermieter. Diese Verkehrssicherungspflicht umfasst – auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung - eine Streu- und Räumpflicht bei winterlichen Witterungsbedingungen. Das OLG Koblenz (Urt. v. 20.2.2008 – 5 U 101/08) vertritt die Auffassung, dass diese Verpflichtung aber nicht „rund um die Uhr“ bestehe und eine Schmerzensgeldklage des Mieter, der gegen 6.00 Uhr morgens auf dem vereisten Mietgelände ausrutschte und sich verletzte, abgewiesen.

Diese Auffassung ist zutreffend. Grundsätzlich darf der Mieter erwarten, dass der Vermieter seiner Streu- und Räumfrist jedenfalls in dem Zeitraum zwischen dem Einsetzen des allgemeinen Verkehrs am Morgen und dessen Ende in den Abendstunden, nachkommt. Außerhalb dieses Zeitraum kann von einem Vermieter allerdings nicht erwartet werden, dass dieser bei entsprechenden Witterungsverhältnissen aktiv wird. Das Gebot, Verkehrsflächen sicher zu halten, steht nämlich unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.1990 - III ZR 217/89, BGHZ 112, 74 f.). Der Aufwand und die Kosten für eine umfassende Verkehrssicherung können dem Vermieter aber nicht zugemutet werden. Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die Verkehrssicherungspflicht morgens um 7.00 Uhr beginnt. Wer sich außerhalb dieser Zeiten bewegt, darf eine Verkehrssicherung grundsätzlich nicht erwarten (OLG Frankfurt, Urt. v. 26.11.2003 - 21 U 38/03, NJW-RR 2004, 312). Allerdings gilt dann etwas anderes, wenn es der Vermieter zu vertreten hat, dass auf seinem Gelände auch außerhalb der allgemeinen Verkehrszeiten erheblicher Verkehr stattfindet.

Verletzt der Vermieter seine Verkehrssicherungspflicht und kommt der Mieter zu Schaden, haftet der Vermieter auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Verletzt sich ein Dritter, steht diesem unter dem Gesichtspunkt des „Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter“ nur dann ein Anspruch zu, wenn er typischerweise mit der vom Vermieter geschuldeten Leistung in Berührung kommt. Das wird bei der Wohnraummiete in der Regel angenommen für Ehegatten, Lebenspartner und sonstige Haushaltsangehörige des Mieters. Richtigerweise muss dieser Schutz bei Geschäftsraummietverträgen aber auch für Kunden oder Patienten gelten (a.A. MüKo/Häublein, BGB, 5. Aufl, § 535 Rz. 151). Wird z.B. ein Objekt zum Betrieb einer Arztpraxis vermietet, steht von vornherein fest, dass sich die Patienten des Mieters in dem Mietobjekt bewegen werden und damit auch mit der Vermieterleistung in Berührung kommen.

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2 Kommentare

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Nach meiner Kenntnis enthält der Haus + Grund Standardmietvertrag für Wohnraum auch keine Regelung über die Streupflichten, so dass Ihre Ausführungen zumeist auch der Rechtswirklichkeit entsprechen.

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Der Winter steht vor der Tür, aber der Herbst ist schon da. Ich bin in der letzten Woche mehrmals an einer Straße vorbeigekommen, die von Ahornbäumen gesäumt ist. Der Bürgersteig war jedesmal vollständig mit Blättern bedeckt, die Hauseigentümer vertrauen offenbar auf die Stadtreinigung.
Da nasse Blätter auch sehr rutschig sein können, dürfte hier doch auch eine Räumpflicht bestehen. Der offenbar aber weitaus weniger nachgekommen wird, als der winterlichen Streu- und Räumpflicht.

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