BGH-Entscheidung zur gerichtlichen Zuständigkeit im Fall Demjanjuk

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 28.11.2008

Das Verfahren gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher Iwan "John" Demjanjuk in Deutschland leidet unter Startschwierigkeiten. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat es zunächst wegen Zweifeln an der Zuständigkeit abgelehnt, das Verfahren gegen den 88-jährigen Staatenlosenzu übernehmen. Der BGH müsse erst festlegen, vor welchem Gericht ein möglicher Prozess geführt werden könne.

Der in den USA lebende gebürtige Ukrainer Demjanjuk soll als Wachmann des Vernichtungslager Sobibor/Polen 1943 an der Ermordung von 29.000 Juden beteiligt gewesen zu sein. Darunter - und das ist für eine mögliche Anklageerhebung in Deutschland wichtig - waren rund 1.900 deutsche Juden.

Die  Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg teilte mit, die Staatsanwaltschaft München sei der Ansicht, Demjanjuk habe sich kurz vor seiner Ausreise in die USA im Jahr 1952 nicht mehr in der Nähe Münchens, sondern zuletzt in Ludwigsburg und in Bremen aufgehalten. Nach Auffassung der Fahndungsstelle habe Demjanjuk dort aber weder einen ständigen Aufenthalt noch einen Wohnsitz gehabt.

 Die USA haben starkes Interesse daran, Demjanjuk loszuwerden. Die Ukraine und auch andere Staaten wollen ihn nicht aufnehmen. Der mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in einem Flüchtlingslager bei München untergetaucht und 1952 in die USA ausgewandert.

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6 Kommentare

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Der u.a. für die Gerichtsstandsbestimmungen nach § 13a StPO zuständige 2. Strafsenat des BGH hat mit Beschluss vom 9.12.2008 - 2 ARs 536/08 - (Pressemitteilung) entschieden, dass die Untersuchung und Entscheidung in dem Strafverfahren gegen John Demjanjuk dem LG München II übertragen wird.

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ich finde das ein wenig übertrieben, einen 89 jährigen den rest seines lebens hinter gitter zu stecken für so was... DER IST 89 !!!! der lebt vielleeicht noch 10-20 jahre und dann ist schluss...

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Das kann man so sehen, juristisch schützt das Alter aber vor Strafe nicht (im konkreten Fall kann sich allerdings die Frage der Haftfähigkeit stellen). Ansonsten verbleibt im Rechtsstaat - im Gegensatz zur Diktatur - nur die Gnadenentscheidung (auch diese Frage könnte sich stellen).

Sehr geehrter Herr Prof. Heintschel-Heinegg,

Der Prozess gegen Iwan Demjanjuk hat nicht nur rein rechtliche Schwierigkeiten, sondern ein politisches Problem. In der Geschichte der Menschheit ein Missbrauch des Justiz zu politische Zwecke gehört zu keine Seltenheit. Alle autoritären Regime tun das gern um politischen Gegner auszuschalten oder zum Schweigen zu bringen.

Ganz anderer Kapitel hat dazu das Militärtribunal in Nürnberg 1946 geschrieben. Während des Prozesses wegen die "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" gegen der Administration des NS-Staates, es wurde nicht bemerkt, dass nicht weit vom Nürnberg ist Aktion der Vertreibung von 15.000.000 Deutschen aus ihrer Heimatorten in Schlesien, Böhmen, Ostpreußen und anderen Orten stattgefunden und dabei über Million der Zivilbevölkerung umgebracht wurde. Niemand wollte mindestens als Anlass zur Entfernung aus Nürnberg der sowjetischen Kläger zu nutzen. Es begann schon damals mit einer doppelten Stadart der Justiz.

"Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit wurde hart bestraft und Friedensverbrechen wurde geduldet. Nach dem Krieg wurden auch zahleichen Prozessen gegen die weiteren "Kriegsverbrechen", die in Nürnberg nicht entdeckt wurden, geführt. Aber nicht gegen "Friedensverbrechen". Als die Schauprozesse in Frankfurt praktisch gescheitert wurden, 1979 wurde ein neuer Begriff "Holocaust" erfunden - und damit im Voraus jeder Mensch, der in eine oder anderer Position mit KZ seitens NS-Administration zu tun hatte, wurde verdächtigt ein "Nazi-Verbrecher" zu sein. Langsam "Holocaust" wurde nicht als eine allgemeine Politik der Menschenrechtsverletzungen bewertet, sondern als Verbrechen gegen den Juden. Nachträglich wurde von einer "Vernichtung der europäischen Juden" die Rede und wurde sogar behauptet, dass von 6 Millionen Juden in Machtbereich des NS-Staates nur 100.000 Juden überlebten.

Im Juni 2008 die offizielle Webseite des Bundesfinanzministerium endlich hat veröffentlicht die Dokumentation über der Entschädigung für die Opfer der NS-Regimes. Es wurde 4.384.138 Anträge von Überlebenden auf Wiedergutmachung gestellt, dabei BFM hat 1.246.571 Anträge abgelehnt. Siehe Webseite des BFM:

http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_4396/DE/Wirtschaft__und__Verwal...

Dennoch die Propaganda zwar die Zahl der Überlebenden Juden inzwischen korrigiert erst auf 200.000, dann auf 500.000 und nun sogar auf 1.500.000, aber nach wie vor sprich über 6 Millionen toten Juden. Dabei wurde sogar die Tatsache ignoriert, dass im Auschwitz der Erinnerungstafel von einst 7 Millionen (1959), wurde auf 4 Millionen (1968) und nach dem Zusammenbrunch des Kommunismus auf 1,5 Millionen (1991) reduziert.

Selbst in Fall Sobibor in Jerusalem 1978 wurde dem Demjanjuk Beteiligung an Mord von 800.000 Juden zu Last gelegt und er wurde zum Tode verurteilt. Nach dem 1993 Demjanjuk freigesprochen wurde nun in München versucht wird dem Demjanjuk Beihilfe zum Mord an 20.700 Juden zu verurteilen. Inzwischen dank der Aufarbeitung der Geschichte und insbesondere durch Prof. Dr. Arno Lustiger wurde klar gestellt, dass 3,5 Juden, die angeblich von NS-Administration in Ostpolen (zwischen Lemberg und Tschernowitz) und Litauen vernichtet wurden, gar nicht im Machtbereich der NS-Staates gewesen war, sondern bereits am 17. September 1939 durch Roten Arme besetzt wurde und alle Juden wurden ins "sicheren Hinterland" (Sibirien) "evakuiert" wurden. So als Folge des Molotow-Ribbentrop Paktes". 1949 Stalin liquidierte sog. "Judenrepublik" in fernen Osten der UdSSR und ließ die ganze Regierung der Judenprepublik in Chabarowsk hinrichten.

Das war Hintergrund des Falles Demjanjuk, der zum dritten Mal vor Gericht steht (entschuldigen: liegt). Was der Prozess bei dem LG München II nun passiert wurde vom israelischen Rechtsanwalt Dr. Joram Scheftel als eine Farce und „Prostitution des Holocausts“ bezeichnet. Zurecht, denn die Auslieferung Demjanjuks aus der USA wurde durch die „neue Beweise“ ermöglicht ohne zuvor diese „Beweise“ grundsätzlich durch die zuständigen Behörden zu prüfen. Geschweige davon das in 1,5 Monaten Iwan Demjanjuk wird 90 und außerdem ist schwerkrank und zweimal für Dasselbe freigesprochen ist nun von den Augen der Welt wird nach „Gerechtigkeit“ verlangt um jeden Preis ihn entweder in VGA Stadelheim sterben lassen oder symbolisch doch zu als „Massenmörder“ zu verurteilen.
Im Paragraphen 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes heißt es beispielsweise: Die Verhandlung "ist öffentlich". Es steht aber leider nicht da, wie öffentlich sie sein muss - wie viel Platz also der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden muss. Deshalb wird aus dem Kosmos bei großen Prozessen ein Chaos: Wenn nur 40 Plätze da sind, aber 500 Leute in den Gerichtssaal wollen, spielen sich Szenen ab, die mit der Würde des Gerichts wenig zu tun haben.
1. Die Beweise wie Identität des Angeklagten als "Iwan der Schreckliche" nach wie vor fehlen.

2. So genannter "SS-Ausweis" ist zum 3. Mal als Fälschung bestätigt: es gab keine "SS-Ausweise" für Kriegsgefangene. Sofortige Änderung der Bezeichnung - nun heißt es "Dienstausweis" - ist auch eine Fälschung: weil angebliche Kopie des Originals wurde mit gleichen Handschrift hergestellt und noch dazu ohne Datum.

3. Die "Zeugenaussagen" betreffen nicht Bezug auf Demjanjuk, sondern auf auch widersprüchlichen Erinnerungen von den Personen, die trotz der angeblichen Vernichtungspraxis in Transitslager in Region Krakau und zwar von verschiedenen Zonen nur teilweise erst nach Eroberung von Berlin oder kurz davor (April-Anfang Mai 1945) durch Sowjets "befreit" wurden, skandalös ist die Tatsache, dass überlebten Juden bereits vor 3-9 Monaten offiziell entlassen wurden und sogar offiziell ausreisen dürften.

4. Die Mitglieder der holländischen Gruppe der Überlebten wiederholt behaupten, genau so wie vor 16 Jahre in Jerusalem, "Demjanjuk" in verschiedenen Zonen zur gleichen Zeit "gesehen" zu haben.

5. Seit fünf Wochen das LG München II beschäftigt sich nur mit Propaganda und steht unter Druck von organisierten Juden Demjanjuk unabhängig davon ob er schuldig oder unschuldig ist unbedingt zu verurteilen aus dem Grund: Gerechtigkeit. Die perverse Vorstellung der "Nebenkläger" über "Gerechtigkeit" der Justiz als Prinzip (anstatt der Beweisen) deutlich zeigt politischer Charakter der Justiz, was diese grundsätzlich abwertet.

6. Nun der Prozeß in München noch dazu zeigt die Zeit-Taktik der Justizbehörden in München. Vom festgesetzten 20 Verhandlungstage (30.11.2008) und Urteil in Januar 2010 nun wurde vom Gericht das auf weiteren 35 Verhandlungstagen verlängert und Urteil wird Mitte 2010 erwartet.

Lieber Herr. Professor, Sie schreiben: „Das kann man so sehen, juristisch schützt das Alter aber vor Strafe nicht (im konkreten Fall kann sich allerdings die Frage der Haftfähigkeit stellen). Ansonsten verbleibt im Rechtsstaat - im Gegensatz zur Diktatur - nur die Gnadenentscheidung (auch diese Frage könnte sich stellen).“ Es scheint so, dass weder Gnade im Sinne der Menschlichkeit (so gefährlich der alte kranke Man ist auch doch nicht um ihn in Stadelheim vor der Gerichtsurteil zu halten) doch Gesetzte (mit dem Prinzip: NON BIS IN IDEM) sind für heutige Beugejustiz irrelevant zu sein scheinen.
Die Verantwortlichen dafür: Ralph Alt (Richter), Hans-Joachim Lutz (Staatsanwalt) und Cornelius Nestler (Nebenkläger-Anwalt) treiben ein unwürdiges und gesetzwidriges Spiel, das dem Ruf Deutschland als Rechtsstaat irreparablen Schaden zufügen.

Ein frohes Neues Jahr und liebe Grüße aus Frankfurt
Jurij Below

Sehr geehrter Herr Below,

nachdem Sie mich persönlich angesprochen haben, will ich Ihnen auch antworten. Ihre Sicht der Dinge entspricht nicht der meinen!

Den Prozess halte ich für sehr wichtig; es geht wirklich nicht um Beugejustiz, sondern um die Suche nach der Wahrheit - wie immer diese ausgehen mag. Dahinter stehen ein juristischer und ein moralischer Aspekt. Der juristische besagt, dass Mord und Völkermord in Deutschland nicht verjähren; Grauen kennt kein Ablaufdatum. Es wird nicht nach Belieben, sondern nach dem Gesetz verfolgt. Der moralische Aspekt richtet sich an potentielle Täter in der Zukunft: Es gibt keine Gratifikation durch Alter und Krankheit.

Ihre Meinung, dass Gericht, Staatsanwaltschaft und Nebenklägervertreter ein unwürdiges und gesetzwidriges Spiel treiben, das den Ruf Deutschlands als Rechtsstaat irreparablen Schaden zugefügt, teile ich in keinster Weise und hoffe, dass viele andere dies ebenso sehen.

Gleichwohl ein gutes Neues Jahr und mit freundlichen Grüßen

Bernd von Heintschel-Heinegg

Zum Prozessauftakt http://blog.beck.de/2009/12/01/zum-beginn-des-demjanjuk-prozesses-in-mue...

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