EU: Grenzüberschreitende Überwachung U-Haft-vermeidender Auflagen möglich

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 02.12.2008

Auflagen, die gegen einen Beschuldigten zur Vermeidung der Untersuchungshaft verhängt werden, können künftig EU-weit überwacht werden. Auf einen entsprechenden Rahmenbeschluss haben sich am 28.11.2008 in Brüssel die Justizministerinnen und -minister der EU verständigt. Die Überwachung der Auflagen im EU-Ausland wird künftig durch den Staat, der die Auflagen erlassen hat, mittels eines Formblatts bei dem Staat beantragen, der die Auflagen überwachen soll. Die Überwachung erfolgt dann durch den Aufenthaltsstaat wie bei inländischen erlassenen Auflagen.

Die Regelung knüpft an eine bereits im Dezember 2007 gefassten Rahmenbeschluss an, mit dem die Möglichkeit der Überwachung von Bewährungsauflagen und alternativen Sanktionen gegenüber Straftätern nach einer Verurteilung innerhalb der EU geschaffen wurde.

Anders als in Deutschland besteht in einigen Mitgliedstaaten der EU die Möglichkeit, einen Beschuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen, wenn die Gefahr besteht, dass er in sein Heimatland zurückkehren könnte. Mit dem neuen Rahmenbeschluss wird die Möglichkeit einer Haftaussetzung gegen Auferlegung von Auflagen erleichtert und eine eventuelle Ungleichbehandlung von Beschuldigten mit ausländischem Wohnsitz im Vergleich zu Beschuldigten mit inländischen Wohnsitz vermieden.

In Deutschland kann der Vollzug eines Haftbefehls regelmäßig dann ausgesetzt werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen möglich sind und der Zweck der Untersuchungshaft - die geordnete Durchführung der Strafverfahrens - auch durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. So kann z.B. der Fluchtgefahr in geeigneten Fällen dadurch begegnet werden, dass dem Beschuldigten auferlegt wird, sich regelmäßig zu bestimmten Zeiten bei einer Polizeidienststelle zu melden.

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8 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Prof. v. Heintschel-Heinegg,

haben Sie einen Link zu dem RB? Auf der Seite der EU (EUr-lex) findet er sich leider (noch?) nicht.

Eine inhaltliche Frage: Sie schreiben, in Deutschland sei es nicht möglich, U-Haft wegen befürchteter Rückkehr in den Heimatstaat anzuordnen. Wird nicht der Haftgrund der Fluchtgefahr (wohl missbräuchlich) in solchen Fällen angewandt?

Mfg,
-br

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Sehr geehrter Herr Roger,

leider kann ich derzeit mit einem Link nicht weiterhelfen. Hier zumindest die Presseerklärung des BMJ. Bemühe mich aber um den Link.

Nach der Rechtsprechung ist ein Ausländer, der in sein Heimatland zurückkehrt, nur Flucht verdächtig, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dort untertauchen oder sich in sonstiger Weise dem Verfahren entziehen will (Nachweise bei KK/Boujong StPO, 6. Aufl., § 112 Rn. 22). Dass dies immer wieder zu Problemen führt, zeigt die Rechtsprechung zu dieser Frage.

Mit freundlichen Grüssen
Bernd von Heintschel-Heinegg

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Danke für die Hinweise! Der Link führt aber leider zu einem anderen RB, dem über die Vollstreckung von Strafurteilen.

Mfg,
-br

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Lieber Herr Stam,

Sie sind ja bestens informiert!

Vielen Dank für die schnelle Antwort!

Mit freundlichen Grüßen,
-br

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