Pendlerpauschale...eine nette Weihnachtsüberraschung, oder?!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 09.12.2008

Eigentlich ist es ja Steuerrecht - hierzu haben wir aber (noch) keinen Blog. Daher soll im Verkehrsrechtsblog auf die heutige Entscheidung des BVerfG, Urteil vom 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07; 2 BvL 1/08; 2 BvL 2/08, aufmerksam gemacht werden, die im Laufe des Tages durch die Nachrichten gegangen ist und sich auch als Meldung bei Beck-Aktuell findet:

"Das Bundesverfassungsgericht hat die 2007 erfolgte Neuregelung zur Pendlerpauschale gekippt, die eine steuerliche Geltendmachung der Aufwendungen für die Wege zur Arbeitsstätte erst ab dem 21. Entfernungskilometer in Form einer Pauschale von 0,30 Euro vorsieht. Die Regelung sei mangels verfassungsrechtlich tragfähiger Begründung mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG an eine folgerichtige Ausgestaltung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen nicht vereinbar und deshalb verfassungswidrig, entschieden die Karlsruher Richter. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, rückwirkend auf den 01.01.2007, die Verfassungswidrigkeit durch Umgestaltung der Rechtslage zu beseitigen. Bis dahin bleibt die Pauschale des § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG vorläufig - und zwar ohne die Beschränkung auf Entfernungen erst ab dem 21. Kilometer - anwendbar."

Der Bund zahlt die zuviel vereinnahmte Steuer wohl schon bald aus - Vorwahlkampfzeit Vorweihnachtszeit halt!

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10 Kommentare

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Eigentlich sollte man jetzt hupend durch die Strassen fahren :-)

Bedenklich fand ich die Reaktionen von Steinbrück und Koch, die das Urteil "falsch" fanden. Koch ist als Schwätzer bekannt, aber Steinbrück hat das verfassungswidrige Gesetz verbrochen und sollte eigentlich zurücktreten - so etwas ist schliesslich eine Art "Kunstfehler".

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Zurücktreten wegen einem verfassungswidrigen Gesetz?
Man wie oft hätte dann der Innenminister zurücktreten müssen?
Außerdem hat das Gesetz nicht Herr Steinbrück verbrochen. Es gab eine Initiative (vom BuTag, BuReg oder BuRat). Dann hat der BuTag und BuRat abgestimmt und der BuPrä hat's unterschrieben und veröffentlicht.
Also bitte sei dann konsequent, es sollten alle zurücktreten!

Schöne Grüße

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@shabazz: Sie haben Recht. Was der Innnenminister und sein Hofstaat (Wiefelspütz etc) derzeit anstellen, sollte eigentlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz rechtfertigen.

Der Bundespräsident (den ich eigentlich ansonsten sehr bewundere) sollte sich zumindest entschuldigen, dass er "am Steuer eingeschlafen" ist.

Von den Abgeordneten kann man nicht zuviel erwarten. Die Kontroverse um die nicht-Wahl von Ypsilanti zeigt doch dass es ein Aufschrei der Entrüstung gibt, sowie Abgeordnete anfangen selbst zu denken.

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Man kann nur hoffen, dass der Gesetzgeber in diesem Zuge die Pendlerpauschale gleich komplett abschafft. Es ist mir absolut unverständlich, wieso man weite Arbeitswege so lange gesetzlich gefördert hat.

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@Timbo: Volle Zustimmung (obwohl ich vom heutigen Urteil etwas profitiere).
Wer ein "Haus im Grünen" will inkl. 4 Stunden Stau täglich, der soll bitte schön ganz alleine bezahlen.

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leider haben meine bus- und fahrradkosten noch nie gereicht, um damit die werbungskostenpauschale zu überschreiten. aber dass ich es nur 3 km zu meiner arbeitsstelle habe und die umwelt nicht mit abgasen und flächenversiegelung belaste, kostet mich ca. 200 euro mehr miete im monat. meine kollegen lachen mich jetzt aus, wenn sie mit ihren geländewagen von ihrem häuschen im grünen zur arbeit kommen: die anderen steuerzahler subventionieren ihre fahrten und sie zahlen mit dem geld, das ich für die miete bezahle ihren hauskredit ab, locker.
20% meiner miete werde ich nächstes jahr mal spaßeshalber (aber durchaus mit verve) in der steuererklärung angeben. ob mir das bundesverfassungsgericht auch recht geben würde?
apropos politik: erst stimmt dei csu für die abschaffung der pauschale, dann schwenken sie vor der bayernwahl schnell um. das sind für mich die ersten, die zurücktreten müssten.

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ich beneide leute die ohne auto zur arbeit gelangen. meine arbeitsstrecke ist nicht gerade sehr weit weg mit 16km, jedoch mit fahrrad die reinste zumutung und die benutzung öffentlicher verkehrsmittel stellt einen zeitlicher mehraufwand von zirka 100 min. (ohne fußweg) dar.
die möglichkeit der pendlerpauschale nutze ich gern. so kann ich mir einen 100%-öko-stromanbieter leisten und mehr konsumieren um die wirtschaft anzukurbeln.

+1 pkt für die umwelt
+1 pkt für die wirtschaft
+1 pkt für mich

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Meines Erachtens ist dieses Urteil für die Pendler - je nach politischer Umsetzung - ein potentielles Danaergeschenk (ähnlich wie das Urteil zum Nichtraucherschutz). Kurzfristig das große (Benzin-)Saufen und dann der dicke Kater.

Der Gesetzgeber kann nun unter Berücksichtigung bestimmter "Randgruppen" (z.B. Arbeitnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Neueinstellung, solche mit häufig wechselnden Arbeitsstätten und Ehepaare mit verschiedenen Arbeitsorten) die Entfernungs- oder Kilometerpauschale mit einer ihm vom BVerfG nahezu vollständig ausgearbeitet vorgelegten Begründung auch ganz streichen.

Und ich würde es ihm auch empfehlen. Zumindest ich habe es in den vergangenen 25 Jahren immer geschafft, innerhalb von zwei Jahren meinen Wohnort bis auf wenige Kilometer an meine Arbeitsstelle zu verlegen (und das in West-Berlin und Hamburg).

Natürlich weiß auch ich, daß über den Bundesrat noch immer die dünn besiedelten Flächenstaaten mitregieren, die die vernichtete Reform mit ihren Sonderwünschen erst so richtig abschußreif machten.

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Der Arikel von Frau Nora Schmidt-Keßeler (Rechtsanwältin und Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer) unter dem Titel:

"Alte Pendlerpauschale gerettet -
Steuergesetzgeber orientiert sich zu wenig am Verfassungsrecht" (FAZ vom 16.12.2008)

wird korrekt mit der folgenden Einleitung beschrieben:

"Der Bundestag hätte die Pendlerpauschale ganz abschaffen dürfen. Doch die Ungleichbehandlung der Steuerbürger bei der Neuregelung fand keine Gnade vor dem Bundesverfassungsgericht."

Ganz klar: die Pendlerpauschale ist sturmreif, auch wenn sie vielleicht erst ab 2010 kippt.

Interessant ist auch der Hinweis, daß eine folgerichtige und konsequente Umsetzung auch Änderungen bei der doppelten Haushaltsführung zur Folge hätte haben müssen. Schließlich ist auch die doppelte Haushaltsführung vor Jahren (ab 01.01.1996) vom Gesetzgeber angetestet und vom BVerfG in bestimmten Fällen ("in den Fällen von fortlaufend verlängerten Abordnungen und beiderseits berufstätigen Ehegatten ", d.h. an verschiedenen Orten tätige Ehegatten) vehement verteidigt worden (Beschluss vom 4. Dezember 2002 - 2 BvR 400/98 und 2 BvR 1735/00). Daraufhin hat der Gesetzgeber es nicht noch einmal versucht, sich an ihr zu vergreifen (seit mehr als 6 Jahren!). Das sollte sich nun also ändern - und würde tatsächlich auch Steuermehreinnahmen zur Folge haben.

Oder scheut das gebrannte Kind das Feuer so sehr?

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