BVerfG: Keine Notebooks im Gerichtssaal

von Jan Spoenle, veröffentlicht am 11.12.2008

Keine Notebooks für Gerichtsreporter: In Karlsruhe wurde heute der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine entsprechende sitzungspolizeiliche Anordnung abgelehnt.

Im sogenannten Holzklotz-Fall hatte das LG Oldenburg den anwesenden Pressevertretern die Verwendung ihrer mobilen Rechner verboten. Diese Anordnung begründe keinen schweren Nachteil für die betroffenen Journalisten, so das Bundesverfassungsgericht. Zwar sei die damit einhergehende Einschränkung für die Arbeit der Presseleute unter heutigen Umständen keinesfalls von geringfügiger Natur. Letztlich komme es aber darauf an, dass moderne Notebooks über Mikrofone und Kameras verfügten und die Anwendung dieser technischen Hilfsmittel entgegen § 169 Satz 2 GVG während mündlicher Verhandlungen nicht mehr zu kontrollieren sei.

Eine richtige Entscheidung, wie ich finde - zu groß wäre möglicherweise für manchen die Versuchung, möglichst viel Material mitzuschneiden, um nicht allzu viele Notizen machen zu müssen. Die verfahrensbeteiligten Staatsanwälte, Verteidiger und Richter könnten hingegen von der Verwendung digitaler Akten über Laptops oder gerichtseigene Rechner meines Erachtens stark profitieren - doch das dürfte für die meisten deutschen Gerichte noch Zukunftsmusik sein ...

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7 Kommentare

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Abgelehnt nicht wegen verfassungsmäßigkeit der Maßnahme des LG, sondern weil keine erheblichen Gefahren für die Pressefreiheit davon ausgehen.
Gerade das Laptop-Argument ist mE totaler Nonsense. Es wäre auch möglich, die Benutzung von Laptops ohne diese Ausstattung zu verbieten. Laptops werden erfahrungsgemäß nur selten selbstständig verändert oder erweitert, so dass schon die Angabe des Modells für die erforderliche Prüfung reichen würde. Auch wenn die Gefahr besteht, dass jemand dennoch ein Mikro in seinen Laptop einbaut, ist diese bedeutend geringer als die Gefahr, dass jemand ein Mikro am Körper oder im Stift mitführt.

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Sehe es ähnlich wie Malte. Wer unbedingt mitschneiden will, tut dies auch. Man muss nur mal nach "Brillenkamera" googeln. Jüngst erst hat die Bild-Zeitung in Kooperation mit der Discounterkette Lidl versucht, eine "Volkskamera" unter die Leute zu bringen ( vgl. http://www.tagesschau.de/inland/lidlbildde100.html), mit der man seine Videos direkt zur Online-Redaktion von Bild übertragen kann.

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Die Versuchung zum Mitschneiden ist für Journalisten nicht groß, sondern äußerst gering: Denn in der Regel verbleibt bis zum Redaktionsschluss überhaupt keine Zeit, einen Mitschnitt nochmals zu durchlaufen - von der grauenhaften Tonqualität einer Laptopaufnahme mal ganz abgesehen. Ich wüsste auch zu gern, welcher Redakteur sich bemüßigt, die Webcam seines Laptops heimlich in den Gerichtssaal zu richten.
Der Zeitdruck nimmt durch das Verbot außerdem zu: Wenn etwa ein Termin im späten Nachmittag liegt, muss man eventuell noch während der Verhandlung den Saal verlassen, um die handschriftlichen Notizen auf irgendeinem Flur in den Laptop zu übertragen. Der Praxis hilft die Entscheidung nicht.

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Einstweilige Verfahren nach § 32 BVerfGG sind keine Hauptsacheverfahren, in denen alle Argumente eingehend geprüft und aus verfassungsrechtlicher Perspektive gewürdigt werden. Es hat "lediglich" eine Abwägung stattzufinden, die die Nachteile für die streitigen Positionen im Falle einer vorläufigen Entscheidung gegen die jeweiligen Positionen einander gegenüber stellt. Und vor diesem Hintergrund halte ich die Entscheidung für richtig. Schließlich kann das BVerfG nicht ohne Weiteres einstweilig regeln, welche Notebooks jetzt genau zuzulassen sind und welche nicht ... ;-)

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Man muss gar nicht an Veränderungen des Laptops oder Brillenkameras denken - die meisten Handys verfügen doch über leistungsstarke Diktierfunktionen und Kameras. Zwar prangt an jedem Gerichtssaal ein Handy-Verbotsschild - doch wer würde dieses Verbot in der Praxis überprüfen?

Viel interessanter fände ich die im Text nur kurz angesprochene Frage, inwieweit Rechtsanwälten erlaubt sein soll, Laptops mit in den Verhandlungssaal zu nehmen. Nehmen wir einmal an, eine Kanzlei verwendet ein Dokumentenmanagementsystem, scannt sämtliche Akten ein und verzichtet auf Papierakten. In diesem Fall wäre diesem Organ der Rechtspflege der Zugriff auf sein Handwerkszeug verwehrt. Zumindest die Verfahrensbeteiligten sollten daher von dem Verbot nicht berührt werden - die oben genannte "Zukunftsmusik" ist nämlich näher an der Gegenwart als so mancher vermutet...

Sebastian Dosch
Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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@Sebastian Dosch: Soweit mir bekannt, gibt es bezüglich der Benutzung von Notebooks o.ä. durch verfahrensbeteiligte Rechtsanwälte keine Beschränkungen, oder? Jedenfalls meine ich mich zu erinnern, dass schon in den Mannesmann-Verfahren seitens der Verteidiger mit elektronischen Akten gearbeitet wurde, während die Staatsanwaltschaft hunderte Seiten starke Ordner hin- und herwälzen musste ...

In Sachen Handy, Smartphone & Co. haben Sie selbstverständlich völlig recht - man denke allein an die Möglichkeit, via UMTS-Flatrate und S60-Smartphone via Qik live zu streamen :-)

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Die Diskussion ist nun einige Zeit her, daher meine Frage gibt es besondere Veränderungen dahingehend, dass es Journalisten mittlerweile erlaubt ist, ihren Laptop als Schreibehilfe/-mittel mit in eine Gerichtsverhandlung zu nehmen? Ist es immer noch Sache des Richters dies zu erlauben/verbieten?

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