Was nützt ein Anwalt ohne Handy?

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 11.12.2008

Diese Frage könnte man sich nach einem Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 07.08.2008 - 9 O 341/08 - stellen. Denn in diesem Verfahren - es handelte sich um einen Honorarprozess, in dem Anwälte ihre Vergütung einklagten, - wandte die Beklagte unter anderem ein, sie könne mit dem ihr durch anwaltliches Verschulden entstandenen Schaden aufrechnen. Anlass für diesen Einwand war, dass einer der klagenden Rechtsanwälte am Terminstag sein eigenes Fahrzeug mitsamt Autotelefon zur Inspektion gegeben hatte und deshalb mit dem Pkw seiner Ehefrau zum Gericht fuhr. Unterwegs blieb er aber infolge Treibstoffmangels auf der A1 liegen. Als er zu Fuß mit dem Ersatzkanister zur Tank- und Rastanlage ging, ließ er überdies das private Handy im Auto liegen. Zum Gerichtstermin erschien er nicht rechtzeitig und gegen die Mandantin erging ein Versäumnisurteil, welches in der Folgezeit nur mit Schwierigkeiten aus der Welt geschafft werden konnte. Für das Landgericht Magdeburg lag eindeutig grobes anwaltliches Verschulden vor, zum vorwerfbaren Fahren ohne hinreichenden Kraftstoff sei auch das vorwerfbare Vergessen des Mobiltelefons gekommen. Die klagenden Rechtsanwälte mussten sich deshalb eine Aufrechnung i. H. der durch die Säumnis entstandenen Gerichtskosten i. H. von 2.512,00 € gefallen lassen.

 

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10 Kommentare

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Der Anwalt hat aber auch einen echt schlechten Tag erwischt. Jetzt fehlt nur noch, dass er später angefahren wurde und ins Krankenhaus eingeliefert wurde, in dem ihm eine Infusion mit falscher Blutgruppe gelegt wurde...

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Na ja, die Treibstoffsache ist nachvollziehbar, aber woher wird die Pflicht zum Handymitführen gezogen? Wenn, dann liegt das Verschulden doch in der Nichtinformierung des Gerichts über das Liegenbleiben auf der Autobahn.

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Wie bescheuert ist das denn?

Ich bin auch schon ohne Sprit liegengeblieben, weil ich wegen einer Umleitung in eine menschen- und insbesondere tankstellenlose Gegend geraten bin. Und das Vergessen des Handys kann ja nun nicht ernsthaft als Pflichtverletzung gewertet werden.

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An die Anwälte hier, die eine Pflichtverletzung nicht sehen.
Ich als Laie sehe das so, dass es völlig wurscht ist, weswegen genau der Anwalt hier nicht pünktlich erschienen ist, bzw sich telefonisch gemeldet hat. Es war halt nicht "höhere Gewalt" wie ein Zugunglück sondern schlicht vermeidbare eigene "Dusseligkeit". Er trug "Entschuldigungsgründe" vor und das Gericht sagte diese reichen nicht aus weil vermeidbar. Seine Sphäre halt. Könnt ja sonst demnächst jeder irgendwas vortragen wie in der Schule damals.

Man möge mich korrigieren falls ich was völlig falsch sehe.

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Reine Spekulation: Im allertiefsten Unterbwusstsein könnte natürlich eine Rolle gespielt haben, dass man dem Kollegen nicht durchgehen lassen wollte, dass er so eine absurde Geschichte erfunden hat, um damit zu rechtfertigen, dass er den Termin schlicht verpennt hat.

Nochmals: Reine Spekulation, wobei der Gedanke, sollte er denn zutreffen, natürlich nur im Unterbewußtsein, nicht aber bei der juristisch sicher fundierten Entscheidung irgendeine Rolle gespielt hat. ;-))

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Wenn ich ein Versäumnisurteil bekomme, weil der, mit Verlaub, bekloppte Anwalt unfähig ist, pünktlich vor Gericht zu erscheinen, dann hat er den dadurch entstandenen Schaden in der Regel auch zu tragen und zu vertreten, s. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Ohne Benzin zu fahren und nicht erreichbar zu sein lässt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in grobem Maße vermissen. Er war weder krank oder verunfallt noch war es höhere Gewalt, die den Anwalt abhielt, sich zumindest bei Gericht zu melden. Die Exkulpation ist also nicht gelungen. Dass das Urteil Anwälten nicht passt, ist menschlich verständlich, ändert aber nichts an der Richtigkeit der Entscheidung. Die vorgebrachte Geschichte ist schon wirklich abenteuerlich.

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Es handelt sich dabei wirklich schon um eine Verkettung äußerst abenteuerlicher Zusammenhänge, jedoch sind die aufgerechneten Gerichtskosten schon erheblich.

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