Kopierter Führerschein = Unechte Urkunde?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 09.01.2009

Die Frage der Urkundseigenschaft von Kopien ist ein juristischer Prüfungsklassiker. Auf einen solchen Fall hat Herr Rechtsanwalt Vetter in seinem Lawblog aufmerksam gemacht. Ich denke, das ist auch was für den Beck-Blog Verkehrsrecht, oder? Der Fall wird ausführlich von rp-online geschildert.

Kurzzusammenfassung:

Die Angeklagte hatte bei einer Kontrolle durch Polizeibeamte Personalausweis, Führerschein und Fahrzeugschein nur in Form von Farbkopien vorgelegt, die auch noch eingeschweißt worden waren. Sie hatte in der Kontrolle offenbar auch klargestellt, dass es sich um Kopien handelte. Den Einspruch gegen einen deshalb erlassenen Strafbefehl des AG Krefeld wegen Urkundenfälschung über 20 Tagessätze zu je 20 Euro nahm sie zurück.

Ein Trost bleibt der Angeklagten aber wohl laut RP-Online:

"Der Krefelder Amtsrichter riet der Angeklagten noch, künftig Straftaten lieber in Düsseldorf zu begehen. Seine Kollegen dort urteilten milder."

...auch was die Urkundseigenschaft von Kopien angeht?

 

Für Beckonline-Kunden hier eine Rechtsprechungsübersicht zu Urkundsdelikten im Straßenverkehr, Krumm, SVR 2007, 170

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8 Kommentare

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Ich verstehe das nicht. Laut
http://dejure.org/gesetze/StGB/267.html
ist eine Urkundenfälschung nur dann, wenn "Täuschung im Rechtsverkehr" beabsichtigt wird. Wenn die Dame aber die Originale besitzt und auf Wunsch vorzeigen kann, dann ist doch keine Täuschung da. Noch absurder ist das Behaupten "Kopien sind Urkundenfälschungen" vom Richter. Viele Stellen fordern Ausweiskopien oder ähnliches an, sogar per Fax.

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Nun ja, Originale sind Originale und Kopien Kopien. Die Betroffene hat in dem Fall jedoch die Papiere nicht deutlich als Kopien mitgeführt, sondern als vermeintliches Original. Damit war sie bei Kontrollen schonmal durchgekommen, wie sie selbst sagte.
Beim Mitführen von eindeutigen Kopien (schwarz-weiß) wäre der Vorfall der Urkundenfälschung wahrscheinlich erst gar nicht erhoben worden, die Dame hätte sich aber ordnungswidrig verhalten und ein Verwarn- bzw. Bußgeld zahlen müssen.
Ihr Grund, keine Originale mehr mit sich zu führen, bestand deswegen, weil ihr einmal die Handtasche mit allen Dokumenten gestohlen wurde und die Wiederbeschaffung aufwändig war. Die Gute hätte aber die Priorität so setzen sollen, dass sie lieber das Bußgeld für das Mitführen von Kopien gezahlt hätte als die teure Wiederbeschaffung. Sie wollte aber beides: Kein Aufwand bei Wiederbeschaffung und kein Bußgeld wegen einer Ordnungswidrigkeit. Da sie hierbei die Kopien wie Originale benutzt hat, ist sie m.E. zu Recht bestraft worden.
Der o.g. Artikel auf rp-online ist sehr lesenswert, zumal er den Gang einer Hauptverhandlung vor einem Amtsgericht im Rheinland sehr schön wiedergibt.

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Ist die Urkunde überhaupt unecht? Es kommt ja bekanntlich nicht auf den stofflichen Hersteller an, sondern darauf, ob der Inhalt von demjeneigen stammt, der als Urheber hervortritt. Wenn die gute Frau ihren Führerschein kopiert, ohne ihn zu verändern, stammt doch der Erklärungsinhalt nach wie vor zutreffend von der Führerscheinstelle.

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@Karl-Heinz: Im Rechtsverkehr mit Urkunden kommt es darauf an, dass genau dieses vorgelegte Exemplar von demjenigen stammt, der als Aussteller aus dem Schriftstück (oder Beweiszeichen) hervorgeht. Die Führerscheinstelle hat zwar ein Dokument mit dem beziechneten Inhalt ausgestellt, aber eben nicht diese Kopie.

@Armin: Dass viele Stellen Kopien verlangen, macht diese nicht zu Originalurkunden. Es wird halt darauf vertraut, dass die Menschen eine Kopie vorlegen, die dem Original entspricht (was ja auch meist zutrifft). Aber auf den Schutz durch §§ 267 ff. StGB können sich solche Stellen dann nicht verlassen (aber natürlich bieten auch § 263 StGB und die Möglichkeit einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zu widerrufen, einen gewissen Schutz).

Insgesamt ist die Aussage, eine Kopie könne keine Urkunde sein, falsch. Richtig muss es heißen: Eine Kopie, die ALS SOLCHE in den Rechtsverkehr gebracht wird bzw. werden soll, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 267 StGB. Selbstverständlich kann aber eine unechte Urkunde im Kopierverfahren hergestellt werden.
Deshalb wird es immer dann problematisch, wenn eine Kopie - wie heute technisch perfekt möglich - nicht mehr aussieht wie eine Kopie, sondern wie das Original. Dann kommt es, wie im hier besprochenen Fall, allein auf den subjektiven Tatbestand an. Insofern irritiert mich, wie der Richter laut rp-online subsumiert hat:

"Geladene Zeugen beider Parteien hörte der Richter nicht. Ihm genügten die Kopien als Beweismittel und entsprechende Gesetzeskommentierungen. „Kopien sind Urkundenfälschungen“, sagte er. Schon die Anfertigung sei strafbar."
Der Spruch "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht", den der Riochter angeblich gesagt hat, trifft möglicherweise auf Formen des Verbiotsirrtums zu, nicht aber auf die Beurteilung des subjektiven Tatbestands. Urkundenfälschung ist ja kein Fahrlässigkeitstatbestand, auch die Anfertigung ist nur strafbar, wenn sie "zur Täuschung im Rechtsverkehr" geschieht.

So wäre es etwa ein Indiz für oder gegen Täuschungsabsicht gewesen, ob die Angeklagte, wie sie selbst behauptet, bei Vorlegen des Führerscheins von sich aus angegeben hat, es handele sich um Kopien, oder ob sie dies erst sagte, nachdem die Polizeibeamten kritisch schauten oder nachfragten. Die Zeugen wären deshalb m.E. zu hören gewesen, wenn die Darstellung in rp-online zutrifft.

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"Richtig muss es heißen: Eine Kopie, die ALS SOLCHE in den Rechtsverkehr gebracht wird bzw. werden soll, erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 267 StGB."

So habe ich es auch auf Jurakopf geschrieben :)

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Da hatte ich ja Glück, als ich bei der Polizei meinen Führerschein nachträglich vorzeigen sollte und eine 1 zu 1 Kopie fertigte (Vom alten rosafarbenen FS aus Papier) und noch die entsprechenden Löcher richtig ausgeschnitten habe so dass der Polizist erstmal denken sollte, ich hätte ihm das Original geschickt.

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Eine Kopie eines Amtlichen Dokuments ist dann eine Fälschung wenn diese noch zusätzlich ausgeschnitten und in eine Folie eingeschweißt wird, so kann man das als Täuschung ansehen.

Habe so einen fall selbst erlebt an der Grenze zu Tschechien ein Riesen aufwand mit 8 Kripo beamten.

www.eu-führerschein.ws

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