BGH zur Fahrzeugdoublette: Fahrzeugschein ist "falsche" öffentliche Urkunde

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.01.2009

Urkundsdelikte im Straßenverkehr waren bereits Gegenstand des Blogs - siehe "Kopierter Führerschein = unechte Urkunde".  Auf der BGH-Homepage findet sich eine am 2.1.2009 eingestellte Entscheidung des BGH (Beschl. vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 156/08), die sich mit sogenannten Fahrzeugdoubletten und der Frage der "öffentlichen Urkunde" i.S.d. § 271 StGB befasst. Hierin heißt es zusammenfassend u.a.:

 

 

"Die Zulassungsbescheinigung Teil I, die nach der zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen 38. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 24. September 2004 (BGBl I 2374) den Fahrzeugschein ersetzt hat, ist wie dieser eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 271 StGB, soweit sie den Zulassungsvorgang dokumentiert und ein wesentliches Legitimationspapier bei Verkehrskontrollen darstellt (Dauer in Hentschel, Straßenverkehrsrecht 39. Aufl. § 11 FZV Rdn. 2 und 5). Allerdings kann nicht jede in einer öffentlichen Urkunde enthaltene Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung des gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, Gegenstand einer Straftat nach § 271 StGB sein. Strafbewehrt beurkundet im Sinne des § 271 StGB sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, d. h. die "volle Beweiswirkung für und gegen jedermann", erstreckt. Welche Angaben dies im Einzelnen sind, ist, wenn es an einer ausdrücklichen Vorschrift fehlt, den gesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen, die für die Errichtung und den Zweck der Urkunde maßgeblich sind. Wesentliche Kriterien zur Bestimmung der Reichweite des öffentlichen Glaubens sind dabei - neben dem Beurkundungsinhalt als solchem - das Verfahren und die Umstände des Beurkundungsvorgangs sowie die Möglichkeit des die Bescheinigung ausstellenden Amtsträgers, die Richtigkeit des zu Beurkundenden zu überprüfen (BGHSt - GS - 22, 201, 203 f.; BGHSt 42, 131 f.; BGH NJW 1996, 470). Die den öffentlichen Glauben legitimierende erhöhte Beweiswirkung kann auf den eigenen Wahrnehmungsmöglichkeiten des die Urkunde ausstellenden Amtsträgers beruhen (BGH NJW 1996, 470), sie kann sich für den Urkundenaussteller aber auch aus den im Verfahren vorzulegenden Bescheinigungen anderer öffentlicher Stellen mit erhöhter Richtigkeitsgewähr ergeben. ...

bb) Nach diesen Maßstäben umfasst der öffentliche Glaube der Zulassungsbescheinigung Teil I auch die Identität des zugelassenen Fahrzeugs."

 

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen