Kündigung – Abrissbirne – Schadensersatz?

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 30.01.2009
Rechtsgebiete: KündigungAbrissVerwertungMiet- und WEG-Recht|3175 Aufrufe

Ein typischer Fall von Projektentwicklung: Die Beklagten haben Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus gemietet, das die Klägerin im Jahr 2005 erworben hat. Die Klägerin beabsichtigt, das 1914 errichtete, stark sanierungsbedürftige Gebäude abzureißen und ein größeres Gebäude mit sechs Eigentumswohnungen zu errichten und diese zu veräußern. Die Klägerin erhielt die baurechtliche und denkmalschutzrechtliche Genehmigung für den Abriss des bestehenden Wohngebäudes sowie die Baugenehmigung für das geplante Vorhaben und kündigte sämtliche Mietverhältnisse zum 31.1.2006.

Der Sachverhalt rechtfertigt nach Auffassung des BGH (Urt. 29.1.2009 - VIII ZR 7-9/08) eine Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB, weil sie auf vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen beruht. Eine Sanierung würde Investitionen mit hohem Kostenaufwand in das vorhandene reparaturbedürftige Gebäude bei einer verhältnismäßig geringen Restnutzungsdauer erforderlich machen. Durch den bereits genehmigten Neubau werde zudem in erheblichem Umfang zusätzlicher Wohnraum geschaffen. Erhebliche Nachteile der Klägerin seien anzunehmen, weil ansonsten nur die Möglichkeit einer "Minimalsanierung" bestehen würde, obwohl der Zustand des Gebäudes entweder eine umfassende Sanierung, die für eine Ausstattung nach den heute üblichen Verhältnissen erforderlich wäre, oder einen Abriss mit anschließendem Neubau gebiete.

Offensichtlich geht der BGH mit keinem Wort darauf ein, inwieweit die Sanierungsbedürftigkeit durch Unterlassen gebotener Instandsetzungsmaßnahmen (z.B. durch den Voreigentümer) herbeigeführt wurde (vgl. dazu LG Frankfurt/M. v. 14.2.1995 - 2/11 S 365/94, NJW-RR 1996, 266; LG Hamburg v. 15.4.1999 - 307 S 245/98, WuM 1999, 720). Da die Entscheidung drei Jahre nach Ablauf der Kündigungsfrist ergangen ist, stellt sich im Übrigen die Frage nach dem Verzugsschaden des Vermieters, den er gegen die Mieter durchsetzen kann (BGH v. 25.10.2006 - VIII ZR 102/06, WuM 2007, 24). Selbst wenn seit dem Ablauf der Kündigungsfrist die Baukosten nicht gestiegen sind, wurde jedenfalls zum 01.01.2007 die Umsatzsteuer um 3% angehoben. Daneben könnte zumindest ein Zinsschaden eingetreten sein, für den die Mieter ebenfalls haften.

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