Mitarbeiterbespitzelung – „Es war Routine“

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 03.02.2009

Von Rechtsanwalt Dr. Marko Loose, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München

Nach Lidl und der Telekom ist nun auch die Bahn in den Fokus der Datenschützer geraten. Dabei handelt es sich bei der Bespitzelung von insgesamt 173.000 Mitarbeitern nach Aussage der Bahn um „Routine" bzw. ist man sich sicher, dass man „das durfte" (ZEIT online).

Im Rahmen der öffentlichen Diskussion über das Vorgehen der Bahn wird zum Teil vorschnell deren Verhalten als rechtswidrig eingestuft. Es darf nicht verkannt werden, dass „die Überwachung der Mitarbeiter" nicht generell unzulässig ist. Klar ist, dass ein „datenrechtlich relevantes Verhalten des Arbeitgebers" grundsätzlich der Genehmigung des Arbeitnehmers bedarf. Liegt eine entsprechende Genehmigung zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung nicht vor, biete das Bundesdatenschutzgesetz auch die Möglichkeit, ohne Einwilligung in bestimmten Situationen personenbezogene Arbeitnehmerdaten „zu nutzen". Der Gesetzgeber hat verschiedene Zwecke für ein datenrechtliches Tätigwerden anerkannt, insbesondere ist ein „Nutzen" der Daten grundsätzlich dann zulässig, soweit es noch der Erfüllung der Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dient. Auch die Verfolgung von Straftaten ist als zulässiger Zweck vom Gesetzgeber anerkannt. Klar ist, dass von arbeitsgeberseitigen Maßnahmen nur Arbeitnehmer und nicht etwa deren Angehörigen (also Dritte) betroffen sein dürfen. In letztgenannten Fall bedarf die Weitergabe/Nutzung von Daten Dritter natürlich deren Einwilligung und ist ohne eine solche rechtswidrig. Zudem ist allein das Vorliegen bzw. der Verdacht von Straftaten im Unternehmen kein „Persilschein" für dessen Tätigwerden. Zu berücksichtigen sind immer noch die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Arbeitnehmer an einem Ausschluss der Verarbeitung und Nutzung ihrer Daten. Der Arbeitgeber muss zunächst weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung (des Verdachts) der Straftat ausschöpfen und sich fragen, ob die „Bespitzelung" das praktisch einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Letztlich dürfen Unternehmen mit Betriebsräten auch die Frage der Mitbestimmung des Betriebsrates nicht vernachlässigen.

Es zeigt sich, dass eine pauschale Einordnung des „Bespitzelns" zum Zwecke der Aufklärung von Straftaten als rechtswidrig nicht zutreffend ist. Schließlich wird seitens des Gesetzgebers und der Öffentlichkeit auch erwartet, dass entschieden gegen Korruption „im eigenen Haus" vorgegangen werden soll. Soweit jedoch der Bereich des Zulässigen verlassen wurde, drohen neben der öffentlichen Diskussion über das Vorgehen auch Bußgelder wegen des Verstoßes gegen strafbewehrte Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes sowie die prozessuale Unverwertbarkeit der Erkenntnisse der Bespitzelungsmaßnahme. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Mitarbeiterüberwachung stellt sich allerdings wohl die Frage, ob eine Ausspähung in solch großem Rahmen eine geeignete Unternehmenspolitik darstellt und welche Konsequenzen dies wiederum zeigen kann.

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