Helau! - Anspruch auf Arbeitsbefreiung an den Karnevalstagen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 18.02.2009

Morgen früh beginnt um 11.11 Uhr mit der Weiberfastnacht der Höhepunkt der diesjährigen Karnevalssession. Als gebürtiger Düsseldorfer, der in Mainz studiert hat und in Köln promoviert wurde, weiß ich, dass rheinauf, rheinab bis Aschermittwoch an geregeltes Arbeiten nicht zu denken ist. Medienberichten zufolge sollen aber immer mehr Unternehmen unter Hinweis auf ihre Internationalität oder Kundenorientierung dazu übergehen, an Brauchtumstagen keine Arbeitsbefreiung mehr zu gewähren. Das wirft die Frage auf, ob die Arbeitnehmer im Konfliktfall Rechtsansprüche auf freie Karnevalstage geltend machen können.

Eine gesetzliche Regelung existiert weder als Bundes- noch als Landesrecht. Ansprüche können sich also nur auf eine vertragliche Regelung stützen. Nur vereinzelt ist der Rosenmontag tarifvertraglich als arbeitsfreier Tag festgeschrieben, in allen übrigen Fällen kommt als Anspruchsgrundlage entweder nur eine Betriebsvereinbarung oder der Arbeitsvertrag in Betracht. Ist hier - wie wohl meistens - nichts schriftlich niedergelegt, kann der Anspruch nur auf eine "betriebliche Übung" gestützt werden - wenn es eine solche gibt. Das Bundesarbeitsgericht war bislang selbst bei langjähriger Urlaubsgewährung am Rosenmontag, Fastnachtsdienstag und am "Frankfurter Wäldchestag" sehr zurückhaltend gegenüber der Annahme einer derartigen Übung (BAG vom 24.03.1993, NZA 1993, 749, vom 26.10.1994, NZA 1994, 694). Das ließe sich ja noch mit dem Sitz des Gerichts (damals noch Kassel) erklären, hätte nicht selbst das Landesarbeitsgericht Köln gemeint, einer betrieblichen Übung stehe es entgegen, wenn im Tarifvertrag für "Nebenabreden" zwingend die schriftliche Form vorgeschrieben sei (LAG Köln vom 08.08.2004 - 11 Sa 238/03).

Fazit: Ansprüche aus betrieblicher Übung sind möglich; ob aber die Voraussetzungen einer solchen Übung im jeweiligen Betrieb tatsächlich erfüllt sind, bedarf im Einzelfall genauer Prüfung. In diesem Sinne: Helau!

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6 Kommentare

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Ich weiß nicht, ich finde aus dem Karneval sollte sich die Juristerei raushalten. Gedanken darüber, ob die "Machtübernahme im Rathaus" rechtens ist stellt (hoffentlich) auch niemand an ;)

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-> Pascal: raushalten? Wie soll das gehen? Nicht zur Arbeit erscheinen und am nächsten morgen, verkatert, dem Arbeitgeber die Karnevalstradition entgegenhalten? Auch das wäre aber eine rechtliche Einlassung...

Es geht ja nicht um den Karneval als solchen, sondern um Pflichten aus dem Arbeitsvertrag...da kommt man um Juristerei gar nicht herum. Aus meiner Sicht gehört es übrigens zu den schöneren Seiten der Materie, etwas entlegene Sachverhalte in adäquate juristische Formen zu fassen; wie man hier auch sieht, ergeben sich recht interessante Rechtsprobleme.

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oh, da scheint derzeit ja mit dem Jurastudium richtig, was schief zu gehen. Anders ist die fehlgehende Ansicht, "Juristerei" könne sich aus dem Rechtsproblem Arbeitsbefreiung an Brauchtumsfeiertagen heraushalten, nicht erklärbar....
Wer Rosenmontag zum Zug gehen will, bekommt in unserer Kanzlei frei, wer nicht zum Zug will, der muss arbeiten.
mal sehen, ob jemand deswegen zum Arbeitsgericht geht....
HELAU

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Steffen, das hatte ich eigentlich auch schon zur Sprache gebracht, allerdings ohne den gehässigen Unterton. Den kann man sich sparen.

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Herr / Frau K0su, Duzen wir uns?
Ab einem gewissen Grad der Abwägigkeit sind bestimmte Meinungen unerträglich. Wenn ich gehässig werde, dann hörte sich dies anders an.
Übrigens: Arbeitsrechtlich interessant ist an dem Rechtsproblem nichts; es mag für den ein oder anderen Nichtjuristen halt nur ein wenig unterhaltend sein und betrifft tatsächlich eine Vielzahl von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es ist halt ein größere betriebswirtschaftlicher Kostenfaktor und ein nicht unübliches arbeitsrechtliches Problem.

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Mir ist schon klar, dass durch irgendwelche Bräuche kein "rechtsfreier Raum" entstehen darf. Ich weiß, dass man wohl dagegen klagen kann. Nur ist es eine ganz andere Frage, ob man das auch soll.
Und solange da nicht nach "der will feiern, der kriegt frei, der andere aber nicht" unterschieden wird, finde ich, dass man da nicht die Gerichte bemühen sollte.

Gleiches gilt meiner Meinung nach auch für die Krawattenfrage. Eine Anzeige wegen Sachbeschädigung und der Klageweg notfalls bis vorn BGH ist selbstverständlich auch da drin, aber - muss das sein?

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