Abschleppen ohne Parkverbot - das geht...vielleicht aber nur in Göttingen

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 21.02.2009

Blogleser DrFB (hier nochmals: DANKE) hat in dem Blogbeitrag Die sicher lustigste Werbung für Straf- und Verkehrsrecht: “Kanzlei-Wanne” auf eine durchaus kuriose Entscheidung des VG Göttingen vom 1.2.2009 - 1 A 45/08 aufmerksam gemacht. Aus der Pressemitteilung des VG ergibt sich, dass ein Fahrzeug abgeschleppt wurde, was wohl einfach nur "störte" - im Parkverbot stand es jedenfalls nicht.

"Zwar habe der Kläger nicht gegen ein ausdrücklich geregeltes Parkverbot der Straßenverkehrsordnung verstoßen, wohl aber gegen das allgemeine, in § 1 Abs. 2 StVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme, das im Einzelfall bei einer unzumutbaren Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer ebenfalls zu einem Parkverbot führen könne. So sei es hier gewesen, denn mehrere auf der Abbiegespur befindliche Fahrzeugführer hätten vor dem Hindernis des klägerischen PKW wieder auf die Hauptspur zurück ausweichen müssen und seien deshalb behindert worden. Angesichts des mehrstündigen Parkens und der unmittelbaren Nähe des öffentlichen Parkplatzes wären diese Behinderungen vermeidbar gewesen und das Parken stelle sich insgesamt als unzumutbar dar."

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3 Kommentare

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Wenn es tatsächlich eine eigenständige Abbiegespur war, hat wohl bloß jemand die Fahrbahnbegrenzung Zeichen 295 und/oder die Pfeile Zeichen 297 vergessen?
In dem Fall wäre es ganz normal ab einer Stunde TBNR 112165 oder 112175 gewesen.
Was so ein bißchen weiße Farbe doch ausmachen kann.

Aber woher soll ein Verkehrsteilnehmer das wissen, wenn doch alle anderen Behörden die 40 €uro für den Pott weiße Farbe ausgeben und ihre Abbiegespuren StVO-konform bepinseln lassen? Nach der Logik könnte man genausogut auf die §§ 2 ff verzichten.
Es entscheidet erst der gesunde Menschenverstand des Verkehrsteilnehmers und im Zweifel dann der des Richters.
Halleluja. Schöne neue Welt. Das dürfte Papier sparen helfen. :)

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Ich hatte im Hinblick auf die Angabe "Abbiegespur" überlegt, ob nicht doch ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe d) i.V.m. Abs. 2 StVO vorliegen könnte. Es liegt nahe, eine lt. Urteil derart wichtige Abbiegespur mit Zeichen 297 zu verzieren. Ob aber das Parken auf dieser “Abbiegespur” tatsächlich nur ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO war, kann man also ohne Ortskenntnis oder wenigstens eine genaue Sachverhaltsdarstellung nicht nachvollziehen.

Ganz spannend ist das Urteil natürlich unter dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit für Ortsfremde. Man stellt das Kfz um 5 Uhr in einer leeren Straße ab und findet es um 23 Uhr in dieser leeren Straße nicht mehr wieder, weil es um 8:30 Uhr einen langen Stau hinter dem Kfz gab - aber kein (ggf. zeitlich befristetes) Parkverbot. Ganz neu ist die Argumentation andererseits nicht. Den in den letzten Jahren veröffentlichten Urteilen zum Fahrradabschleppen von Gehwegen lagen z.T. ähnliche Überlegungen zugrunde (z.B. Urteil des VG Münster vom 11.07.2008 - 1 K 1536/07), da es für Fahrräder auf Gehwegen keine Parkverbote durch Beschilderung oder direkt aus der StVO gibt. Grundsätzlich dürfte man dennoch rücksichtslos abgestellte Fahrräder abschleppen können. Nur war in den von Verwaltungsgerichten zu beurteilenden Fällen keines der Fahrräder so rücksichtslos abgestellt worden.

Das Urteil des VG Göttingen vom 11.02.2009 - 1 A 45/08 ist aber aus einem ganz anderen Grund für Radfahrer sogar hochgradig wertvoll. Unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 StVO könnte man Kfz neben(!) schmalen Radwegen selbst dort, wo dies nicht durch Beschilderung verboten ist (z.B. Radweg neben der Fahrbahn ohne Parkverbot), bedenkenlos abschleppen, wenn der Radverkehr ohne diese Maßnahme behindert werden würde. Feine Sache!

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Es muss doch nicht immer ein Parkverbotsschild aufgestellt werden, damit ein Halteverbot besteht. Seit Jahren wird gefordert, den Schilderwald in Deutschland auszudünnen, dazu gehören auch Straßenverkehrsregeln, die ohne Beschilderung auskommen. Zum Parkverbot gehören, neben den Parkverbotsschilder, auch scharfe Kurven, unübersichtliche Straßenstellen oder Ähnliches. Vgl: http://www.parkplatzschild.eu/strafe/parkverbot/

 

Also, ich denke, das in diesem Fall korrekt entschieden wurde!

 

Mit freundlichen Grüßen

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