Vorsicht geboten: Kostenpflichtige Androhung der Fahrtenbuchauflage schon bei geringwertigen OWis möglich

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 24.02.2009

Das OVG Münster hat entschieden, dass nach einem minderschwerden Verstoß (der für eine Fahrtenbuchauflage noch nicht ausgereicht hätte!) immerhin eine kostenpflichtige Androhung einer solchen Auflage möglich ist, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. 7. 2008 - 9 A 1530/07= NZV 2009, 104.

Laut NZV ging es um einen Fahrzeughalter, eines Fahrzeugs, mit dem ein leichter Geschwindigkeitsverstoß (statt zulässiger 50 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften 68 km/h) begangen worden war. Der Täter konnte nicht ermittelt werden.

Die daraufhin angedrohte Fahrtenbuchauflage nebst Gebührenfestsetzung von 10,20 EUR hat das OVG nicht beanstandet.

Aus den Gründen (hier gekürzt):

"Auch wenn die hier begangene Ordnungswidrigkeit (Geschwindigkeitsüberschreitung von 18 km/h außerhalb geschlossener Ortslage) wohl nicht ausgereicht hätte, eine Fahrtenbuchauflage anzuordnen, war der Bekl. nicht daran gehindert, eine solche anzudrohen. Das Gewicht des Verstoßes, auf das der Kl. abstellt, gehört nicht zu den ausdrücklich in § 31a StVZO geregelten Voraussetzungen für die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen. Es spielt erst bei der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme und ggfls. der Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung eine Rolle. Für beide Aspekte ist von Bedeutung, wie groß der mit der Maßnahme verbundene Eingriff ist. Insofern unterscheiden sich Anordnung und Androhung einer Fahrtenbuchauflage so erheblich, dass auch ein Verkehrsverstoß geringeren Gewichts, der aus Gründen der Verhältnismäßigkeit noch nicht zu einer Fahrtenbuchauflage führen dürfte, sehr wohl die Androhung einer solchen rechtfertigte."

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5 Kommentare

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Mich ärgert zunehmend die Mentalität der Herren "Experten" hier.
"Vorsicht geboten" heißt dieser Blogeintrag. Wem ist denn hier Vorsicht geboten? Wer sich an die Verkehrsregeln hält, braucht vor der hier angeführten Rechtsprechnung keine Sorge zu haben; dem entgegenzurufen: "Vorsicht geboten", ist völlig nutzlos. Den Anderen mag man eher zurufen, sie möchten die Verkehrsregeln im Interesse der Verkehrssicherheit einhalten - aber nicht irgendwie vorsichtig vor Richtern sein, die nun eine Gebührenfestsetzung iHv 10,20 Euro (!) für rechtmäßig halten.
Weitere Beispiele gefällig?
"ENTWARNUNG: Keine Vollstreckung ausländischer Geldbußen" hieß es am 19.01.09. Entwarnung? Allen Bundesbürgern, denen ihr Leben lieb ist, hätte man anlässlich der zugrundeliegenden Meldung doch eher zurufen müssen: "Achtung! Raser dürfen ungeschoren weiterrasen! Versteckt euch in Häusern und Bunkern oder mindestens hinter Leitplanken, den Tätern wird nämlich auch weiterhin die verdiente Sanktion vorenthalten!" Eine "Entwarnung" war es doch nur für diejenigen, die sich rücksichtslos und zu Lasten der Verkehrssicherheit über alle geltenden Regeln (des Gastlandes) hinwegsetzen und sich nun einen feixen können, dass man sie nicht hat anhalten können, ehe sie über die deutsche Grenze zurückkamen. Eine seltsame Mentalität, dazu einen Blog "ENTWARNUNG" zu verfassen. Ob man demnächst auch zu ausgebrochenen Tigern eine "ENTWARNUNG" lesen darf oder muss?
Oder:
"Vorsicht in Bayern: Sicherstellung eines Radarwarners ohne Stromversorgungskabel ist rechtmäßig" hieß es am 07.08.08. Wieso "Vorsicht"? Wem ist hier Vorsicht geboten? Doch auch nur denjenigen, die sich erst mittels eines solchen Gerätes der Durchsetzung der Ge- und Verbote widersetzen wollten (nachzulesen in der Gesetzesbegründung VkBl 2001, 263), also bewusst und gewollt gefährlich und zu Lasten aller anderen Verkehrsteilnehmer handeln wollten und dann auch noch (bisher) hofften, sich mit so albernen Ausreden wie "Kein Kabel dran" auch noch der Sicherstellung entziehen zu können. Ein toller Ratgeber ist der Blog: Den armen, bedauernswerten Tätern wird geraten, vorsichtig bei den Einlassungen zu sein.
Dass man bessere Einlassungen als bisher üblich bringen müsste, war hier mehrfach Thema. Wer sich an die Regeln hält, braucht keine bessere Einlassung. Wer sein Handy während der Fahrt aus lässt, braucht keinen Rat, dass er behaupten solle, er habe es aber nicht ... und auch nicht ..., sondern als ... benutzt oder gar, es sei der Rasierapparat gewesen und nicht das Handy, was man sich da an die Wange hielt.
Aber wie hieß es hier schon am 03.07.2008: "Weniger Verkehrstote, weniger Verunglückte: Warum also höhere Bußgelder?" Tja, vielleicht, weil das Gemetzel unvermindert weitergeht, wenn es keine Entdeckungswahrscheinlichkeit und keine spürbare Sanktion gibt? Weil hunderttausende Verletzte pro Jahr und tausende Schwerverletzte allein in diesem Land - obwohl mittlerweile Kinder beim Nintendo im Wohnzimmer eingesperrt werden und Alte sich nicht mehr raustrauen, weil es draußen auf der Straße "zu gefährlich" ist - ein Grauen sind? Aber hier werden die Täter vor einer Gebühr von 10,20 Euro gewarnt! Na danke.

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Sehr geehrter Herr Dr. Kettler
Ihre Vorwürfe geben mir natürlich zu denken, doch halte ich die Kritik bei Weitem für übertrieben. Ich denke, ein Blog darf und sollte immer wieder auch subjektiv gefärbt sein. Dies geht ja auch Hand-in-Hand mit dem Ziel, den Leser zum Lesen zu animieren. Dass hier natürlich die Überschriften oft überspitzt/grob vereinfacht (oder wie auch immer man es formulieren darf) sind ist m.E. einfach hinzunehmen und hat nichts mit meiner grundsätzlichen "Mentalität". Das Blog ist ja weder ein reines Nachrichtenmedium wie "Beck-Aktuell" noch die reine Wissenschaft, wie NZV oder NJW.
Im Übrigen bleibt es jedem Leser unbenommen einzelne Artikel zu lesen oder nicht und sie zu kommentieren oder nicht.

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Sehr geehrter Herr Krumm, sehr geehrter Dr. Kettler
auch wenn es vielleicht übertrieben erscheint und in einem Blog auch mal salopp formuliert werden kann und soll, weist Herr Dr. Kettler doch auf einen wichtigen Punkt in der Debatte um Verkehrsregeln und deren Durchsetzung hin, die keineswegs nur hier unter solchen Überschriften geführt wird (sondern auch z.B. bei den Bltzer-Warnern im Radio etc.). Es ist so ein augenzwinkernder Ton "unter uns", den Autofahrern, die sich von Verkehrskontrollen und -strafen doch eher belästigt und behindert fühlen an der "freien Fahrt für freie Bürger". Verkehrsverstöße werden dadurch tendenziell verniedlicht, ohne dass man es selbst manchmal bemerkt. Auch mir gibt der Beitrag von Dr. Kettler zu denken, insbesondere seine weiteren Beispiele. Dies alles gesagt, finde ich gerade die Überschrift über diesem Beitrag nicht sonderlich empörungswürdig. Zumal wenn man die sachlichen Überschriften in den sonstigen Beiträgen von Herrn Krumm zum Thema Fahrtenbuchauflage.
Beste Grüße
Henning Ernst Müller

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Von anderem einmal ganz abgesehen - Ob es unbedingt eine Empfehlung ist, wenn ein Rechtsanwalt derart staatstragend argumentiert wie der Kollege Dr. Kettler, mag bezweifelt werden, auch und gerade wenn "zwei seiner Arbeitsbereiche Recht für Radfahrer und Grundrecht auf Mobilität" sein sollen (das Ordnungswidrigkeitenrecht gehört wohl eher nicht zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten).

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Man könnte das Urteil auch wie folgt formulieren: "Wenn schon kein verantwortlicher Fahrzeugführer ausgemacht werden kann, weil der Fahrzeughalter von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, so darf wenigstens die Verwaltungsbehörde ihn mit unnötigen Gebühren überziehen."

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