Füherer RAF-Anwalt Horst Mahler wegen Volksverhetzung zu sechsjähriger Haftstrafe verurteilt

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 25.02.2009

Das Landgericht München II verurteilte heute den Rechtsextremisten und früheren Rechtsanwalt Horst Mahler wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB  zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren. Das Gericht folgt damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Wegen Verfassungswidrigkeit des Volksverhetzungsparagrafen will Mahler letztlich Verfassungsbeschwerde einlegen.

Im November 2007 hatte Mahler Selbstanzeige erstattet wegen Verbreitung des vom Verfassungsschutz verbotenen Buchs des Holocaus-Leugners Germer Rudolf "Vorlesungen über den Holcaust".

Zum Auftakt des Prozesses hatte Mahler das Gericht mit antisemitischen und demokratiefeindlichen Äußerungen provoziert. Seither hat die Presse dem Angeklagten - soweit ich sehe übereinstimmend (!) -   keine Plattform mehr gegeben. Eine gute Entscheidung, finde ich.

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17 Kommentare

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In der Tat ! Horst Mahler war kein "RAF Anwalt oder Anwalt für die RAF", sondern ein Mitglied dieser Terrortruppe ! Die seltsame Verkürzung und Verharmlosung "RAF Anwalt" habe ich aber schon oft in der dt.Presse gelesen.

Bei "RAF Anwalt" denke ich eher an die Anwälte von RAF Mitgliedern, wie Otto Schilly oder Gerhard Schröder, der ja Horst Mahler auch verteidigt hat.

"Mit Hilfe seines damaligen Rechtsanwalts, des späteren Bundeskanzlers Gerhard Schröder, wurde Horst Mahler 1980 nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Strafe vorzeitig aus der Haft entlassen."
(Wikipedia: Eintrag: Horst Mahler )

Die 6jährige Haftstrafe erscheint mir weit überzogen, wenn ich sie z.B. in Relation zu Körperverletzungdelikten stelle.

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6 Jahre Freiheitstrafe geht auch schlecht aus § 130 III allein. Da wurden wohl noch paar Hitlergrüße verrechnet.

Gerüchteweise wolle er wohl eine Verfassungsbeschwerde wegen § 130 III StGB vorantreiben, um die Verfassungsmäßigkeit dieser Strafnorm zu testen...

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Sehr geehrte Frau Kaiser, sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Frank, sehr geehrter Herr Pflichtfeld,

Sie haben Recht: Die von mir - und häufig von der Presse gewählte - Formulierung "früherer RAF-Anwalt" ist nicht exakt. Deshalb werde ich sie künftighin nicht mehr verwenden. Allerdings ist sie sachlich nicht völlig ohne jeden Bezug: Im Kaufhausbrandstifterprozess 1968 (im Vorfeld der RAF) verteidigte Rechtsanwalt Mahler den Angeklagten Andreas Baader. Neben diesem, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof zählt Mahler zu den Gründern der RAF im Jahr 1970.

Nachdem § 130 Abs. 3 StGB "nur" eine Höchststrafe von 5 Jahren vorsieht, erklärt sich die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren mit der vorgenommenen Gesamtstrafenbildung. Nachdem die Medienberichte auf diese juristischen Fragen nicht solchen Wert legen, hier der Wortlaut der Pressemitteilung der Justizpressestelle des Oberlandesgerichts München vom 25.2.2009:

"Die 2. Strafkammer des Landgerichts München II hat den Angeklagten am 25.02.2009 wegen Volksverhetzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
Die Strafkammer ging hierbei von einem Sachverhalt aus, der imWesentlichen der Anklageschrift entsprach. Die einzige Abweichung bestand darin, dass sie das Handeln des Angeklagten nicht als fünf Fälle der Volksverhetzung, sondern als drei Fälle bewertete. Sie erkannte auf eine Freiheitsstrafe von vier Jahren für die Äußerungen des Angeklagten im Interview mit Christian B. und auf Freiheitsstrafen von jeweils drei Jahren sechs Monaten für die Versendung von CD-ROMS an Empfänger im Raum Ebersberg und für das Zugänglichmachen einer auf CD-ROM gespeicherten Rede; aus diesen drei Einzelstrafen bildete die Kammer die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren.
Zur Strafzumessung führte der Vorsitzende der 2. Strafkammer aus, zugunsten des Angeklagten habe lediglich sein fortgeschrittenes Lebensalter berücksichtigt werden können. Ein Geständnis, das zu einer Strafmilderung hätte führen können, liege nicht vor, da es beim Angeklagten an Reue und Schuldeinsicht fehle.
Straferschwerend hätten sich die Uneinsichtigkeit und Unbelehrbarkeit des Angeklagten sowie die von ihm bewusst einkalkulierte Wirkung seines Handelns auf die Öffentlichkeit ausgewirkt. Zu seinen Lasten müsse ferner berücksichtigt werden, dass er in allen Fällen mit direktem Vorsatz gehandelt habe und mehrere, zum Teil einschlägige, Vorstrafen aufweise.
Überdies habe er sein strafbares Verhalten noch in der Hauptverhandlung fortgesetzt.
Schließlich hätten in die Strafzumessung auch generalpräventive Gesichtspunkte einfließen müssen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Das Gericht erließ gegen den Angeklagten einen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten
Haftbefehl. Dieser wurde sogleich vollzogen."

Beste Grüsse
Bernd von Heintschel-Heinegg

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die hohe strafe macht erst richtig deutlich, dass der paragraph nicht besonders sinnvoll ist, wenn auch gut gemeint. die verurteilung bietet mahler die chance noch mal groß in die zeitung zu kommen und sich seinen nazikumpels als märtyrer der rechten sache zu präsentieren. sechs jahre knast für dauerprovokation durch strohdummes und übles gerede ist, frei nach thierse "barbarisch". mahler wird auch nicht aufhören damit, so dass man ihn letztlich immer wieder einsperren wird müssen und irgendwann wird es dann richtig absurd (lebenslang?).

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Dass der Straftatbestand, den zunächst nur das deutsche Strafrecht kannte, vor dem Bundesverfassungsgericht "hält", daran habe ich keine Zweifel. Gleichwohl würde ich es begrüßen, wenn das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage einmal ein Signal für potentielle Nachahmer setzt. Gespannt wäre ich auch darauf, wie sich Karlsruhe vielleicht sonst noch äußert.

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Ich hoffe, das BVerfG nimmt die Sache nicht zur Entscheidung an. Es ist doch offensichtlich, dass Mahler in den heiligen Hallen der von ihm als Feindstaat begriffenen BRD seine rechten Parolen verkünden, weitere Straftaten begehen und das Verfahren in einen angeblichen Schauprozess verwandeln möchte.

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An diesem Punkt möchte ich auf die Diskussionen im "Ballmann"-Blog dazu hinweisen: http://ballmann.wordpress.com/2009/02/25/mehra-als-nur-argerlich-ist-es/...

Dort wurde u.a. Herr W. Hassemer und Herr Hoffmann-Riem zitiert. Auf Zoomer.de findet man noch ein Artikel mit Aussagen von Herrn Hoffmann-Riem dazu:

http://www.zoomer.de/news/topthema/das-sagen-die-user/jurist-wolfgang-ho...

U.a. sagt er dort: "Wäre ich Gesetzgeber, würde ich die Leugnung des Holocaust nicht unter Strafe stellen." und "Mit der Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung werde nicht das Rechtsgut geschützt, das geschützt werden soll. Gemeint ist vor allem die Menschenwürde. Das Bundesverfassungsgericht habe sich, sagt Hoffman-Riem, bislang 'nicht sehr eingehend' mit der Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung befasst. Aber womöglich gebe es dazu 'mal eine neue, grundlegende Entscheidung'."

Herr Hassemer hat SZ dazu gesagt: “Ich bin beispielsweise kein Anhänger der Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung. Natürlich ist das ein deutsches Sonderproblem, das sich unserer unseligen Geschichte verdankt. Aber es wäre mir recht, wenn wir dieses Sonderproblem nicht mehr hätten.”
http://www.sueddeutsche.de/politik/113/444850/text/10/

Natürlich sind das jetzt "nur" die allgemeinen Ansichten ausgeschiedener bzw. ausscheidender Richter, aber dass man den 130 so einfach durchwinken könnte, kann wohl auch nicht so gesagt werden.

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Mit großem Interesse habe ich Links verfolgt (der zweite Link funktioniert bei mir allerdings nicht). Vielen Dank!

Den zitierten Aussagen stimme ich zu. Jedoch: Als es um die Strafbarkeit des Geschwisterinzests ging, konnte sich der damalige Vizepräsident des BVerfG Hassemer nicht durchsetzen (und zwischenzeitlich ist er verabschiedet). Aus der strafrechtlichen Rechtsgutslehre ergeben sich nach dieser Entscheidung - den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ausgenommen - keine Grenzen für den Strafgesetzgeber. Seine weite Einschätzungsprärogative bei der verbindlichen Festlegung strafbaren Verhaltens bleibe stets unberührt:

"Diese Befugnis kann nicht unter Berufung auf angeblich vorfindliche oder durch Instanzen jenseits des Gesetzgebers anerkannte Rechtsgüter eingeengt werden. Sie findet ihre Grenzen vielmehr - auf dem Gebiet des Strafrechts wie anderswo - nur in der Verfassung selbst, wenn und soweit diese die Verfolgung eines bestimmten Zwecks von vornherein ausschließt."

Die Entscheidung über die Strafbarkeit des Geschwisterinzests datiert vom 26.2.2008. Deshalb kann ich mir einen radikalen Umschwung in so kurzer Zeit nicht vorstellen.

Hinzukommt: Die Mindeststandards des EU-Rahmenbeschluss zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind zur Harmonisierung der nationalen Strafrechtsordnungen bis 2010 umzusetzen. Tschechien und Polen bestrafen zwischenzeitlich das Leugnen nationalsozialistischer und kommunistischer Verbrechen.

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Mahler ist bekanntermaßen, die sogenannte "Baader-Befreiung" war offenbar mit den us-amerikanischen Behörden, die auch unweit in Dahlem ihr Hauptquatier hatten, abgesprochen, denn noch nie ist es einem Häftling in Berlin erlaubt worden, eine universitäre Bibliothek zu besuchen, den intelligenten Diensten zugehörig zu betrachten.

 

Mahler hat nun seinen Abschied genommen vom "Dienst", und er wird, wir werden es sehen, auf der einen Seite der Haftanstalt hineingehen und auf der anderen Seite hinausgehen, sagte doch Innensenator Körting, es sei Zeit, die Mitarbeiter in der "Leitung der NPD" abschalten zu wollen.

 

Schade nur, dass sich das Landgericht München in solche Manöver einsprannen läßt.

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Einem Bewährungsversager kann wohl auch nur so entgegen gekommen werden. Wer so nachhaltig das deutsche Recht bricht und unbelehrbar ist, darf sich wohl nicht viel Rücksicht erwarten beim Strafmaß.

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Ist schon bekannt, dass Mahler seine Beschwerde eingereicht hat? Wie kann man das in Erfahrung bringen? Oder eine noch wichtigere Frage: wurde wegen genau diesem Paragrafen schon einmal darüber befunden, oder wäre es das erste mal?

 

Für eine Antwort\Meinung wäre ich dankbar: Sebastian.Scholz@FernUni-Hagen.de

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Aus den Medien ist mir nicht bekannt, ob und falls ja welche Schritte Horst Mahler gegen die Verurteilung durch das LG München ergriffen hat. Mangels Erschöpfung des Rechtszugs ist es für eine Verfassungsbeschwerde jedenfalls zu früh. Ob Revision eingelegt wurde, bemühe ich mich zu klären.

Nach meiner elektronischen Recherche auf der Homepage des BVerfG befasssen sich die folgenden vier Entscheidungen mit Verfassungsbeschwerden gegen Verurteilungen wegen Volksverhetzung:

Um das Thema abzuschließen:

Die sechsjährige Freiheitsstrafe für den rechtsextremen Anwalt Horst Mahler wegen Volksverhetzung ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat die Revision des früheren RAF-Anwalts gegen das Urteil des Münchener Landgerichts als unbegründet verworfen, wie eine Justizsprecherin am 10.08.2009 mitteilte.

Mahler war am 25.02.2009 der Volksverhetzung in drei Fällen schuldig gesprochen und noch im Gerichtssaal verhaftet worden. Ihm wurden antisemitische Hetzreden in einem Interview und in einer Rede vorgeworfen. Die Rede war auf CD an 16 Empfänger verteilt worden. Mahler war ferner wegen Verbreitung eines Buches des rechtskräftig verurteilten Holocaust-Leugners Germar Rudolf verurteilt worden. Der 73-Jährige sei «gänzlich unbelehrbar», hatte der Vorsitzende Richter die Entscheidung gegen den einschlägig vorbestraften Angeklagten begründet.

Mahler hatte als RAF-Anwalt unter anderem Andreas Baader und Gudrun Ensslin verteidigt. Er war bereits 1970 wegen Beteiligung an Baaders Befreiung aus dem Gefängnis und an drei Banküberfällen zu einer 14-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, von der er zwei Drittel verbüßte. Noch im Gefängnis hatte er sich dem Rechtsextremismus zugewandt.

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