Baden-Württemberg plant ein eigenes Justizvollzugsgesetz

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 31.03.2009

Baden-Württemberg hat ein eigenes Justizvollzugsgesetz auf den Weg gebracht. Damit sollen u.a. die Untersuchungs- und Strafhaft, Maßnahmen der Besserung und Sicherung sowie der Jugendstrafvollzug zu einem einheitlichen Gesetzbuch zusammengefasst werden. Über den Gesetzentwurf soll der Landtag noch in der ersten Jahreshälfte 2009 beraten.

Hintergrund

Damit setzt das Land die Föderalismusreform im Bereich des Justizvollzugs um. «Wir nutzen die Möglichkeiten, die sich mit dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für den Justizvollzug auf das Land ergeben haben», sagte Justizminister Ulrich Goll (FDP) am 26.03.2009 in Stuttgart. Der Ministerrat hat Anfang März einen entsprechenden Gesetzentwurf Golls zur Anhörung freigegeben. Das neue Regelwerk soll zum 01.01.2010 in Kraft treten. Noch für die erste Jahreshälfte 2009 ist die Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag geplant. «Sowohl den Vollzug der Untersuchungshaft, als auch den Vollzug der Strafhaft und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung stellen wir erstmals auf eine moderne landesgesetzliche Grundlage. Gemeinsam mit den bereits bestehenden Regelungen des Jugendstrafvollzugsgesetzes, des Datenschutzgesetzes im Justizvollzug sowie des Gesetzes über den Einsatz von Mobilfunkblockern fassen wir diese Vorschriften zu einem einheitlichen Gesetzbuch für den gesamten Justizvollzug im Land zusammen», erklärte der Minister.

Untersuchungshaft: <<erzieherischer Vollzug>> für junge Gefangene

Die neue Regelung des Untersuchungshaftvollzugs halte an anerkannten Rechten der Untersuchungsgefangenen fest, erläuterte der Minister. Dazu zählten etwa der Anspruch auf Einzelunterbringung während der Ruhezeit oder das Recht, auf eigene Kosten wahlärztliche Leistungen in Anspruch nehmen zu dürfen. «Darüber hinaus wird das Recht der Untersuchungsgefangenen auf Besuch, Schriftverkehr und Telefongespräche detailliert geregelt und die Anordnung von besonderen Sicherungsmaßnahmen, die Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gesetzlich bestimmt», sagte Goll. Zudem seien besondere Vorschriften für den Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen geschaffen worden. Damit solle das Gebot eines «erzieherischen Vollzugs» und auch der Vollzug in Wohngruppen gesetzlich verankert werden, so Goll.

Untersuchungshaft: Nachsorge und Sozialtherapie

Die Neuregelung des Strafvollzugsrechts baue auf dem bislang geltenden Strafvollzugsgesetz des Bundes auf. «Ein Ziel des Strafvollzugs bleibt es, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen», sagte Goll. Dazu zähle auch Einbindung der Justizvollzugsanstalten in die Planung der Betreuung der Inhaftierten nach ihrer Entlassung. Ein weiteres Ziel sei die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten. Dabei werde auch eine eigenständige Rechtsgrundlage für Drogentests geschaffen. Auch die Sozialtherapie als besonders behandlungsorientierte Form des Strafvollzugs werde weiterentwickelt. Zugleich werde künftig zum Schutz der Bevölkerung die Zulassung zur Sozialtherapie auf solche Gefangene konzentriert, von denen ohne Behandlung die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu erwarten wäre.

Bessere Bedingungen für Sicherungsverwahrte

Weiter trage der Gesetzentwurf dem verfassungsrechtlichen Gebot Rechnung, wonach Sicherungsverwahrten im Vergleich zu Strafgefangenen von verfassungs wegen Privilegien zu gewähren seien. Aus diesem Grund solle Sicherungsverwahrten ein im Vergleich zu den Strafgefangenen erhöhtes Arbeitsentgelt von derzeit rund 14,30 Euro pro Tag, anstatt 10,75 Euro pro Tag gewährt werden. Zudem sollen die monatlichen Mindestbesuchszeiten von einer Stunde auf zwei Stunden verdoppelt werden.

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"Erzieherischer Vollzug" von U-Haft? Sollte diese nicht ausschließlich ihren gesetzlichen Zwecken dienen? Sicher ist eine "weichere" Ausgestaltung für Jugendliche wünschenswert, aber "erzieherisch" klingt für mich bedenklich nach "Warnschussarrest", nach einer Pervertierung der U-Haft zu einer vorweggenommenen (und damit die Unschuldsvermutung verletzenden) Sanktion.

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