Das sollte ein Anliegen aller Strafjuristen sein: Die einzige Professur für Rechtspsychologie darf nicht dem Rotstift zum Opfer fallen!

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 12.04.2009

 

In der interdisziplinären Auseinandersetzung über die Grundfragen der forensischen Aussagepsychologie bilden die Fachtagungen des Arbeitskreises „Psychologie im Strafverfahren" eine feste Größe. Im aktuellen Heft des Strafverteidigers 2009, 220 bespricht RiBGH a.D. Dr. Axel Boetticher, seit vielen Jahren mit der Thematik eng vertraut (vgl. z.B. NStZ 2005, 57), den 2007 von Deckers/Köhnken herausgegebenen Tagungsband „Die Erhebung von Zeugenaussagen im Strafprozess. Juristische, aussagepsychologische und psychiatrische Aspekte", Berliner Wissenschafts Verlag.

Im aktuellen SPIEGEL Nr. 16, 46 berichtet Gisela Friedrichsen über die Analyse des Geständnisses Holzklotz-Prozess durch den Rechtspysychologen Professor Dr. Max Steller, dessen Gutachten prozessentscheidend sein könnte, und schreibt am Ende: „Steller hatte bis jetzt die einzige Professur für Rechtspsychologie in Deutschland inne. Sein Institut leistet unverzichtbares in Sachen Rückfallprognose, Qualität von Gutachten, Therapie für Straftäter und vieles mehr. In Renate Volbert steht eine Wissenschaftlerin ersten Ranges bereit, Stellers Arbeit fortzusetzen. Doch Berlin spart. Das Uni-Klinikum Charité hat kein Geld mehr für die Professur, und die Freie Universität sieht sich nicht in der Verantwortung. Die Politik drückt sich. Es ist ein Skandal."

Es sollte das Anliegen aller Strafjuristen sein, alles dafür zu tun, die einzige Professur für Rechtspsychologie in Deutschland zu erhalten. Hoffentlich erkennt dann der eine oder andere Bundespolitiker im Wahljahr (!), welche wichtige Aufgabe der Rechtspsychologie zur Vermeidung (teurer; für Politiker wohl das Einstiegsargument) Fehlurteile zukommt.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Zunächst, sehr geehrter Herr Hausherr, besten Dank für Ihr Interesse an dem Thema am Ostersonntag! Nein, so schlimm steht es zum Glück nun auch wieder nicht um die Rechtspsychologie wie die Beiträge im eingangs zitierten Tagungsband eindrucksvoll belegen.

Aber es gilt wie vor Jahren die Politik wachzurütteln, als sich diese daran machte, die Zahl der gerichtsmedizinischen Institute auf den (finanziellen) Prüfstand zu stellen. Die alarmierende Meldung über die Misere der Rechtssicherheit in Deutschland im Jahr 1998 lautete "Jeder zweite Mord bleibt unentdeckt" - weil zu wenig im Rahmen der Todesursachenerforschung obduziert wird. Sehr lesenswert nach wie vor Sabine Rückert "Tote haben keine Lobby. Die Dunkelziffer der vertuschten Morde", 2000.

@ kaviagratsel

Besten Dank für die Blumen und dass Sie durch Ihre Nachfrage dieses in meinen Augen sehr wichtige Anliegen unterstützen. Anlass für meinen Beitrag war der zitierte SPIEGEL-Artikel von Frau Gisela Friedrichsen. Seither habe ich nichts mehr gehört. Aber ich bemühe mich, den aktuellen Stand der Dinge in Erfahrung zu bringen und werde berichten.

Kommentar hinzufügen