LAG Düsseldorf zu "betrieblichem Eingliederungsmanagement" und Kündigungsschutz
von , veröffentlicht am 20.04.2009Das LAG Düsseldorf misst einem "betrieblichen Eingliederungsmanagement" (§ 84 Abs 2 SGB IX) im Rahmen einer krankheitsbedingten Kündigung offenbar weit größere Bedeutung zu als das BAG. Dies ergibt sich aus einem jetzt veröffentlichten Urteil des Gerichts (Urteil vom 30.1.2009 - 9 Sa 699/08).
Der Arbeitgeber hatte ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) zwar durchgeführt, nach Überzeugung des Gerichts in dessen Rahmen aber nicht oder nicht ausreichend geprüft, ob eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen, ggf. "freizumachenden" Arbeitsplatz möglich ist. In einem sollchen Falle müsse der Arbeitgeber im Prozess substantiiert zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz einerseits sowie andererseits dazu vortragen, warum der Arbeitnehmer nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werden könnte. Eine Kündigung sei als letztes Mittel nämlich nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung ausgeschöpft habe. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung habe der Arbeitgeber alle gleichwertigen, leidensgerechten Arbeitsplätze, auf denen der betroffene Arbeitnehmer unter Wahrnehmung des Direktionsrechtes einsetzbar wäre, in Betracht zu ziehen und ggf. "freizumachen".
Die Revision zum BAG wurde zugelassen.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben
1 Kommentar
Kommentare als Feed abonnierenGast kommentiert am Permanenter Link
Eine Kündigung ist unwirksam, wenn sie vermieden werden kann (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz).
Im Rahmen der Überprüfung einer Weiterbeschäftigung eines kranken Arbeitnehmers stellt sich die Frage, ob § 84 SGB IX auch für nicht behinderte Personen herangezogen werden kann.
Das OLG bejaht dies, denn § 84 Abs. 2 SGB IX stelle "eine Konkretisierung des dem gesamten Kündigungsschutzrecht innewohnenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar".
Folgt man dieser Ansicht, hat der Arbeitgeber bei einer krankheitsbedingten Kündigung iSd § 1 Abs. 2 KSchG umfassend vorzutragen, warum der Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz nicht mehr möglich ist und weshalb eine Anpassung und Veränderung des Arbeitsplatzes bzw. Versetzung oder Arbeitsplatztausch ausgeschlossen ist.
Arbeitsrechtlich erfolgt dadurch eine Gleichbehandlung eines kranken Arbeitnehmers mit einem behinderten Arbeitnehmer.