Einführung in das FamFG (Teil IX)

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 30.04.2009

Teil IX: Der einstweilige Rechtsschutz in familiengerichtlichen Verfahren 

Die §§ 49 - 57 FamFG kodifizieren die im FGG durch Richterrecht geschaffene „vorläufige Anordnung" und ersetzen die §§ 620 ff ZPO vollständig.

Auch einstweilige Verfügungen wird es im Berich des Familienrechts nicht mehr geben

1. Verfahren

Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist ein selbständiges Verfahren.

Die Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens ist nicht (mehr) erforderlich. Der Verfahrensgang ist dem des Arrestes und der einstweiligen Verfügung (§§ 916 ff ZPO) nachgebildet.

Eine einstweilige Anordnung ist zu erlassen, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht (§ 49 I).

Ein Antrag ist nur erforderlich, wenn auch das Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet wird (§ 51 I 1).

Dies ist bei den Familienstreitsachen (insbesondere Unterhalt), bei den Gewaltschutzsachen (§ 214) und den Versorgungsausgleichssachen (§ 226) der fall

Der Antrag ist zu begründen (§ 31) und glaubhaft zu machen (§ 51 I 2).

Ein Anwaltszwang besteht nicht (auch nicht in der mündlichen Verhandlung oder im Beschwerdeverfahren - soweit dies überhaupt zulässig ist).

Die mündliche Verhandlung ist freigestellt (§ 51  II 2).

Die Entscheidung des Gerichts ergeht durch Beschluss, der mit einer eigenen Kostenentscheidung nach den allgemeinen Vorschriften zu versehen ist (§ 51 IV).

2. Rechtsbehelfe

  • Antrag auf mündliche Verhandlung (§ 54 II), wenn der Richter im schriftlichen Verfahren entschieden hat
  • Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Hauptsache § 52 II (entspricht dem Verfahren nach § 926 ZPO)
  • Abänderungsantrag (§ 54 I), wofür neuer Tatsachenvortrag erforderlich ist

 Die Beschwerde ist gemäß § 57 FamFG nur zulässig bei Entscheidungen über

  • die elterliche Sorge
  • die Herausgabe eines Kindes
  • das Verbleiben eines Kindes bei einer Pflege- oder Bezugsperson
  • Gewaltschutzanordnungen
  • eine Wohnungszuweisung

Alle anderen einstweiligen Anordnungen sind nicht anfechtbar.

Insbesondere sind nicht anfechtbar einstweilige Anordnungen zum Umgang und zum Unterhalt (wenn sie nach mündlicher Verhandlung erlassen bzw. aufrechterhalten worden sind).

3. Sonderfall Unterhalt

Bei einer einstweiligen Anordnung auf Unterhalt bedarf es gemäß § 246 I eines dringenden Bedürfnisses nicht. Das Gesetz geht bei Unterhalt stets von einem dringenden Bedürfnis aus.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine einstweilige Anordnung kann allerdings fehlen, wenn

  • nicht einmal eine Zahlungsaufforderung ergangen ist
  • der Pflichtige den geforderten Unterhalt laufend zahlt. Das bloße Titulierungsinteresse kann den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigen.

Es kann der volle, nicht nur ein Notunterhalt, im Wege der einstweiligen Anordnung verlangt werden (§ 246 I 1. Halbsatz).

Rückständiger Unterhalt kann nicht im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden.

Auch die Zahlung eines Kostenvorschusses ist in einem selbständigen Anordnungsverfahren geltend zu machen (§ 246 I 2. Halbsatz)

Bereits vor der Geburt eines Kindes kann der Unterhalt für das Kind und die Mutter nach § 1615 l BGB für die Dauer von 3 Monaten durch einstweilige Anordnung geregelt werden (§ 247, ersetzt die einstweilige Verfügung nach § 1615 0 BGB).

Besteht eine Vaterschaftsvermutung nach § 1592 Nr. 1 oder 2 BGB nicht, so kann eine einstweilige Anordnung auf Unterhalt für Kind und Mutter nur ergehen, wenn ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren anhängig ist (§ 248).

In Unterhaltsverfahren ist mündlich zu verhandeln, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Einigung geboten erscheint (§ 246 II).

4. Außerkrafttreten

Die einstweilige Anordnung tritt gemäß § 56 bei anderweitiger rechtskräftiger Regelung (§ 56 I) oder anderweitiger Abschluss des Hauptsacheverfahrens (§ 56 II) außer Kraft.

Das Außerkrafttreten ist auf Antrag durch Beschluss auszusprechen.

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

6 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Sehr geehrter Herr Burschel,

 

mit Blick auf das zum 01.09.2009 in Kraft getretene FamfG erlaube ich mir Ihnen folgenden Hinweis auf die Ungültigkeit des FamfG wegen dessen Verstoßes gegen das zwingende sog. Zitiergebot gemäß art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG zu geben:

 

"Im zum 01.09.2009 in Kraft getretenen FamFG werden die Grundrechte gemäß Artikel 2.1 GG ( das Recht auf freie Selbstbestimmung ),  Art. 2.2 GG ( Freiheit der Person, Körperliche Unversehrtheit ),  Art. 6 GG ( Ehe und Familie ), Art. 13 GG ( Unverletzlichkeit der Wohnung ), Art. 14 Abs. 1 GG ( Recht auf Eigentum ) einfachgesetzlich nach Maßgabe des Gesetzes eingeschränkt, ohne dass jedoch dem Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG ( Zitiergebot ) genügt wird. Dieses geschieht beispielsweise in den §§ 35, 89, 90, 91, 94, 95, 96, 96a, 119, 120, 210, 280, 283, 284, 297, 321, 322, 326, 358, 388, 389, 413, 420 FamFG. Das Gesetz hat damit keine Gesetzeskraft erlangt, das FamFG ist ungültig. Das FGG ist am 31.08.2009 außer Kraft gesetzt worden und kann somit keine Wirkung mehr entfalten."

 

Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ist ein keiner Auslegung und / oder Ermessensausübung weder durch den einfachen Gesetzgeber noch durch die Gerichte einschließlich des BverfG zugänglicher Rechtsbefehl des Verfassungsgebers.

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.zitiergebot.org

0

Sehr geehrter Herr Burschel,

vielleicht können Sie mir weiterhelfen: Kann ich eine einstweilige Anordnung wegen der Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen (Kleidung usw.) beantragen oder muß ein Hauptsacheverfahren anhängig gemacht werden? § 620 Nr. 8 ZPO existiert ja nicht mehr und die Eltern waren ohnehin nicht verheiratet. Es liegt folglich keine Ehesache vor. Kann man jetzt über §§ 49 ff. FamfG alles durch einstweilige Anordnung regeln oder was bedeutet "soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgeblichen Vorschriften gerechtfertigt ist"?

Für eine Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar!

Mit freundlichen Grüßen

Claudia Krause

 

0

Hallo Herr Burschel,

das hilft mir leider auch nicht weiter, da vorliegend nicht die Herausgabe eines Kindes angeordnet worden ist, sondern das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wurde. Das Kind hat den Aufenthalt bereits gewechselt nur hat die Mutter die Sachen nicht herausgegeben. Meinen Sie eine einstweilige Anordnung ist hier zulässig?

Vielen Dank!

MfG, Krause

 

0

aber das Problem ist das Gleiche

§ 49 FamFG gibt die formelle Grundlage, die materielle fehlt (bzw man zieht 985 BGB heran)

Meinen Sie eine einstweilige Anordnung ist hier zulässig?

Vor Gericht und auf hoher See ....

Versuch macht kluch.

Alles klar....oder vielmer: nix is klar...

Werde es versuchen mit der e.A.. Vielen Dank für Ihre Mühe!

Freundliche Grüße

 

0

Kommentar hinzufügen