Vermittlungsausschuss- auf § 15a RVG muss weiter gewartet werden!

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 15.05.2009

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung zu dem Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellem Berufsrecht, zur Einrichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften leider beschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Diese Maßnahme zielt zwar nicht auf § 15a RVG, sondern dem Bundesrat geht es um die Änderung von berufsrechtlichen Vorschriften, auch verlangte er die Streichung einer in dem Gesetz enthaltenen Regelung, nach der Verfahrensbeistände in Kindschaftssachen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben künftig in jedem Rechtszug eine Vergütung von 350 € erhalten sollen. Gleichwohl führt die Anrufung des Vermittlungsausschusses dazu, dass § 15a RVG zumindest kurzfristig noch nicht in Kraft treten kann. Die Anwaltschaft wird daher mit den durch die Rechtsprechung des BGH ausgelösten Imponderabilien bei der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zumindest vorübergehend noch leben müssen. Zumindest die in der Rechtsprechung im Vordringen befindliche Auffassung, dass eine die vorgerichtliche Tätigkeit abdeckende Honorarvereinbarung dazu führt, dass eine Anrechnung auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Verfahrensgebühr nicht vorzunehmen ist, öffnet hoffnungsvolle Gestaltungsspielräume.

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11 Kommentare

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"Zumindest die in der Rechtsprechung im Vordringen befindliche Auffassung, dass eine die vorgerichtliche Tätigkeit abdeckende Honorarvereinbarung dazu führt, dass eine Anrechnung auf die im gerichtlichen Verfahren entstehende Verfahrensgebühr nicht vorzunehmen ist, öffnet hoffnungsvolle Gestaltungsspielräume."

Sehr geehrter Herr Dr. Mayer,

mir hat sich noch nicht so recht erschlossen, welche Vorzüge die von Ihnen erwähnten, höchstrichterlich bisher wohl noch nicht bestätigten Gestaltungsspielräume eine Honorarvereinbarung einem Mandanten gegenüber einer Beauftragung ohne eine solche Vereinbarung bieten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Vorteile, an die Sie denken, an konkreten Beispielen deutlich machten.

herr schmeding, ich glaube, im interesse aller diskussionsteilnehmer rege ich an, zu hinterfragen, ob ihr tonfall in diesem forum adäquat ist. man gewinnt leicht den eindruck, dass sie sich mit ihren oft etwas zu selbstbewussten und gelegentlich auch respektlosen kommentaren außerhalb ihrer kompetenzen bewegen. es wäre der diskussion dienlich, wenn sie in zukunft sachlicher und moderater argumentieren würde. denken sie aquaviva: fortiter in re, suaviter in modo!

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News des Berliner Anwaltsvereins über den 60. Deutschen Anwaltstag http://bavnews.de/?p=64:

"Im Zusammenhang mit ihren Grußworten wies die Ministerin übrigens darauf hin, dass trotz der jüngsten Anrufung des Vermittlungsausschusses der neue § 15a RVG zur Korrektur der BGH-Rechtsprechung zur Anrechnung der Geschäftsgebühr in wenigen Wochen verabschiedet werde."

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PM des Bundesrates: 

Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat sich heute mit dem Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften befasst und den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 23. April 2009 bestätigt.

Damit bleibt das Gesetz, das Verfahrensvorschriften für interne verwaltungsrechtliche Streitigkeiten der beiden Berufsgruppen neu regelt, unverändert. Aus diesem Grund erübrigt sich eine erneute Beschlussfassung im Deutschen Bundestag. Der Bundesrat entscheidet in seiner nächsten Sitzung am 12. Juni 2009 darüber, ob er gegen das Vermittlungsergebnis Einspruch einlegen will.

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Sehr geehrter Herr Schmeding,

es liegt auf der Hand, was der Kollege Dr. Mayer meint: Durch bestimmte Vereinbarungen über die vorprozessuale Vergütung kann dem Mandanten - auf der Basis der aktuellen BGH-Rechtsprechung - ein Mehr an prozessualer Kostenerstattung gesichert werden.

Im Übrigen stimme ich, der ich Ihre Beiträge bereits über längere Zeit verfolgt habe, dem Gastkommentar vom 16.05.2009 zu.

Dass Sie ebenso wie der BGH den Gesetzgeber und dessen Intention mißverstanden haben, zeigen dessen Eingreifen durch Schaffung des § 15a RVG und nicht zuletzt dessen Ausführungen in BT-Drucks. 16/12717, S. 67 f. (elektronische Vorabfassung), vgl. vor allem "Beides läuft unmittelbar den Absichten zuwider, die der Gesetzgeber mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verfolgt hat".

Das von der herrschenden Literatur vertretene Ergebnis war auch durch Art. 3 GG gefordert (vgl. Junglas, NJOZ 2008, 2707 unter III 7).

§ 15a RVG enthält der Sache nach eine Klarstellung, nicht eine Neuregelung. Seine Normierung stützt daher nicht die zur bisherigen Gesetzeslage vertretene Auffassung des BGH, sondern spricht gegen sie.

Vielleicht nimmt der BGH die Äußerung des Gesetzgebers zum Anlass, seine Rechtsprechung auch für "Altfälle" zu korrigieren. Schließlich steht heute fest, dass er (der BGH) gegen den Willen Gesetzgebers Recht gesprochen hat, und dies vollkommen ohne Not, weil die Vorbem. 3 Abs. 4 VV-RVG ein anderes Verständnis und eine andere Auslegung ermöglichte und forderte (vgl. Junglas, NJOZ 2008, 2707 unter III 1-3). Man kann sich heute nur noch darüber streiten, ob der Wille des Gesetzgebers, die Anrechnung auf das Innenverhältnis zu beschränken, in der Begründung zur/der Fassung von Vorbem. 3 Abs. 4 VV-RVG zum Ausdruck gekommen ist oder überhaupt zum Ausdruck kommen musste. Dass aber die aktuelle Rechtsprechung des BGH dem Willen des Gesetzgebers widersprach und widerspricht, ist nach den Äußerungen in BT-Drucks. 16/12717 ein Fakt.

MfG

 

 

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Gast2 schrieb:
§ 15a RVG enthält der Sache nach eine Klarstellung, nicht eine Neuregelung. Seine Normierung stützt daher nicht die zur bisherigen Gesetzeslage vertretene Auffassung des BGH, sondern spricht gegen sie.

So falsch scheint der BGH die Gesetzesintention aber nicht gesehen zu haben, als er entschied, daß durch "anrechnen" i. S. d. RVG die gerichtliche Verfahrensgebühr sich vermindert. Dadurch kam es in der Folgezeit doch erst zum Streit, welchen nun § 15a wieder aus dem Weg räumen soll.

Wieso hat der Gesetzgeber mit der jetzigen (ist es die 22./23.?) Novellierung nicht einfach den Begriff der Anrechnung so definiert, wie er jahrzehntelang praktiziert und nach der Gegenmeinung auch der BRAGO folgend im RVG vom Gesetzgeber(!) doch so gemeint war (sinngemäß): Anrechnen bedeutet Reduzierung der Gebühr, von der aus angerechnet wird. M. E. wäre § 15a in der Form dann gar nicht notwendig geworden, da die durch die vermeintlich falsche Auslegung folgenden Probleme aufgrund der Meinung des BGH damit sich auch in Luft aufgelöst hätten. Das derzeitige Handeln des Gesetzgebers scheint mir mehr ein Herumdoktorn an Symptomen als an Ursachen zu sein.

 

 

@gast und Gast2:

Ich halte es für schlechte Diskussionskultur, Kritik an einem Blogteilnehmer zu äußern, der hier immerhin mit Klarnamen auftritt, selber aber anonym zu bleiben. Auch in der Sache kann ich die Kritik nicht nachvollziehen. Herrn Schmedings Beiträge sind durchweg sachlich und zeugen von Kompetenz. Ich finde es erfrischend, daß er - auch wenn ich, wie man hier im Blog nachlesen kann, nicht immer seiner Meinung bin - nicht in das BGB-Schelte-Horn bläst, sondern (fast) leidenschaftlich einen anderen Standpunkt vertritt und diesen mit durchaus nachvollziehbaren Argumenten begründet. Ich habe den Eindruck, daß eine ernsthafte Diskussion bezüglich der BGH-Entscheidungen zur Anrechnung gar nicht gewünscht ist, sondern vielmehr blind den BGH-Scheltern - zu denen ich ebenfalls gehöre - gefolgt wird. Ich für mich schließe einen Umdenkprozeß jedoch nicht von vornherein aus und lasse mich durch andere Ansichten gerne inspirieren. Womöglich auch mit dem Ergebnis, meinen bisherigen Standpunkt aufzugeben oder aber zumindest kritisch zu überdenken.

 

In der Sache teile ich die Auffassung von Herrn Schulenburg. Eine "Klarstellung" dahingehend, daß unter dem Begriff "Anrechnung" genau die Vorgehensweise zu verstehen ist, wie sie sich jahrzehntelang in der BRAGO-Praxis und vor den besagten BGH-Entscheidungen bewährt hat, wäre sinnvoller gewesen. Bei der jetzigen Formulierung zweifle ich ebenfalls daran, daß es sich lediglich um eine Klarstellung handelt. Der Begriff Anrechnung wurde - entgegen der o. g. jahrzehntelangen Übung - der BGH-Rechtsprechung angepaßt. So, wie nun in § 15 a RVG formuliert, wurde der Begriff "Anrechnung" nie verstanden. Insofern kann man m. E. durchaus davon sprechen, daß es sich hier um eine Gesetzesänderung, mit weitreichenden Konsequenzen - ich denke an § 60 RVG - handelt.

 

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Möglicherweise habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Die Entscheidung des BGH, wonach - im Innenverhältnis - die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist, sich also letztere mindert, bleibt nach wie vor richtig. Es geht daher der materiell-rechtliche Erstattungsanspruch, auch wenn eine Verfahrensgebühr entstanden ist, auf die volle Geschäftsgebühr. Diese kann in voller Höhe im Erkenntnisverfahren geltend gemacht werden. Nur die Entscheidung, wonach die Anrechnung nach Vorbem. 3 IV VV-RVG auch im Erstattungsverhältnis derart zu berücksichtigen ist, dass im Kostenfestsetzungsverfahren nur die geminderte Verfahrensgebühr geltend gemacht werden kann, unabhängig davon, ob der materiell-rechtliche Erstattungsanspruch tituliert ist etc., lehne ich ab.

In der Höhe des Anrechnungsteils überschneiden sich m.E. prozessualer und materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch.

MfG

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Sehr geehrter Gast2,

zu meinem besseren Verständnis bitte ich Sie die Vorteile an die Sie in #6 denken, an konkreten Beispielen deutlich zu machen.

Der Begriff herrschende Literatur ist mir nicht geläufig. Die Anrechnung in der Kostenfestsetzung entspricht derzeit jedoch nach meiner Einschätzung der herrschenden Meinung. Die aktuell hierzu vertretene Literaturansicht ist durchaus breit gefächert -vgl. Bischoff, Hartmann, Dr. Ostermeier ....  

Im Zusammenhang mit Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG wurde der von Ihnen angesprochene Art. 3 GG bereits intensiv im rechtspflegerforum erörtert. Ich frage mich, ob § 15a RVG insoweit zu einer vollständigen Lösung führt. Dagegen spricht u.U., dass einem Beklagten im Gegensatz zu einem Kläger in aller Regel für den nicht anzurechnenden Geschäftsgebührenanteil auch weiterhin kein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch zur Seite steht und sich die Geltendmachung der Geschäftsgebühr durch den Beklagten streitwerterhöhend auswirkt.

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