Integrationsbeauftragte der Bundesregierung kritisiert Hassemer für seine Äußerungen zu Ehrenmorden

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 16.05.2009

Mit großem Unverständnis hat Staatsministerin Maria Böhmer auf die jüngsten Äußerungen des ehemaligen Verfassungsrichters Winfried Hassemer zu so genannten Ehrenmorden reagiert: «Die Aussagen Hassemers haben mich schockiert. Sie demütigen die Opfer und sind ein Schlag ins Gesicht der Frauen und Männer, die akut von solchen Morden bedroht sind.»  Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts hatte sich in einem Interview mit Spiegel-Online dafür ausgesprochen, bei «Ehrenmorden» den sozialen Kontext des Täters mildernd zu berücksichtigen. Deshalb sind «Ehrenmorde» nach Ansicht Hassemers nicht zwingend mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu ahnden.

Böhmer: Eher "Schande-Morde" als "Ehrenmorde"

Schon der Begriff des «Ehrenmords» sei irreführend, erklärte Staatsministerin Böhmer. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan habe treffenderweise von «Schande-Morden» gesprochen. Für den Mord an jungen Frauen und auch Männern dürfe es keine mildernden Umstände geben. Potenziellen Tätern müsse deutlich gemacht werden, dass solche schweren Gewaltverbrechen in Deutschland mit aller Härte und Konsequenz geahndet würden. Das belegten auch mehrere Gerichtsurteile der vergangenen Zeit zu diesen Morden. Die Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen ende dort, wo Menschenrechte und Gleichberechtigung missachtet würden, so Böhmer.

Böhmer: Hassemer untergräbt mit seinen Äußerungen die Präventionsarbeit

Nach Meinung Böhmers untergräbt Hassemer mit seinen Aussagen zudem die Präventionsarbeit, die solche Morde verhindern solle. Viele Migrantenorganisationen und Respektspersonen aus der Gemeinschaft der Zugewanderten bemühten sich intensiv, deutlich zu machen, dass weder Religionen noch Traditionen Gewalt und Unterdrückung von Frauen rechtfertigten. Auch für ihre Arbeit seien die Äußerungen Hassemers kontraproduktiv und belastend. Nach den Worten Böhmers muss, wer dauerhaft in Deutschland leben möchte, die Grundregeln des hiesigen Zusammenlebens nicht nur vorbehaltlos akzeptieren, sondern auch leben. Dazu gehöre selbstverständlich, dass Frauen und Mädchen die gleichen Rechte auf ein selbstbestimmtes Leben und die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit hätten wie Männer.

Hassemers Äußerungen im einzelnen

Auf die Frage von Spiegel-Online, in welcher Form und inwieweit das deutsche Strafrecht darauf Rücksicht nehmen sollte, dass in Deutschland viele Menschen leben, die unter ganz anderen Normen aufgewachsen sind und die sich anderen Normen als unseren westlichen verpflichtet fühlten - Stichwort Ehrenmord, sagte Hassemer: «Meine Meinung ist da vielleicht ein bisschen anders als die der Mehrheit. Ich finde, bei einer derartigen Tat müssen auch der soziale Kontext und die Sozialisation des Täters bedacht werden. Er lebt vermutlich nach anderen sozialen Mustern. Deshalb muss man auch einen Verbotsirrtum in Erwägung ziehen.» Die nächste Frage lautete: Das heißt, wer von einem Verbot nichts weiß, geht straffrei aus. Wer es hätte kennen können, aber nicht gekannt hat, bekommt ein milderes Urteil. Hassemer sagte darauf: «Genau. Ich denke, diese Frage muss man bei so genannten Ehrenmorden beantworten. Die andere Seite ist unser ordre public, nämlich das, was hinter den Gesetzen steht und worauf wir nicht verzichten wollen. Diesen ordre public bemüht man zum Beispiel bei internationalen Strafsachen. Wenn etwa jemand im Ausland in Abwesenheit verurteilt wurde, dann können wir dieses in der Regel nicht übernehmen. Abwesenheitsverfahren gehen bei uns grundsätzlich nicht.» Beim Ehrenmord wirkt sich das nach Hassemers Meinung insofern aus, als dass der ordre public sage, dass es derartige Verbrechen bei uns nicht geben dürfe und dass man sie auch nicht entschuldigen könne. Deshalb werde dem Täter am Ende ein niedriger Beweggrund vorgeworfen. Damit werde seine Tat als Mord gewertet. «Ich finde, diese Verschärfung ist zu abstrakt, sie geht zu schnell, und sie geht sehr weit», so Hassemer im Spiegel-Interview.

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13 Kommentare

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Vielleicht sollte sich die werte Frau Staatsministerin mal mit den verschieden Rechtsprechungsphasen des BGHs bzgl der Behandlung von sog. "Ehrenmorden" auseinandersetzen.

Die Behandlung von fremdkulturellen Einflüssen innerhalb eines Verbotsirrtums - und damit auf Schuldebene - ist dogmatisch gesehen durchaus zu begrüßen. Der Aufschrei hätte vielmehr während der "objektiven Phase" kommen müssen, als der BGH diese Einflüsse schon bei der allgemeinen sozialethischen Bewertung des Beweggrundes verbuchte und damit uU bereits auf objektiver Ebene das Vorliegenen eines niedrigen Beweggrundes verneinte. Wenn die dt. Werteordnung nicht ausreichend berücksichtigt wurde, dann zu dieser Zeit.

Die Aussage "für den Mord an jungen Frauen und auch Männern dürfe es keine mildernden Umstände geben" macht sich vielleicht gut in der Öffentlichkeit, ist aus strafrechtlicher Sicht aber Quark. Das natürlich auch die individuellen Bedingungen der Tat zu berücksichtigen sind, ist nicht etwa ein "Schlag ins Gesicht für die Opfer", sondern Ausdruck des Rechtsstaates.

Und mal unter uns: Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, um sich auszumalen, dass im Großteil aller Fälle der Verbotsirrtum sowieso als vermeidbar angesehen werden würde. Der Schuldspruch würde in diesen Fällen also auch auf Mord lauten, wodurch die gesellschaftliche Ächtung dieser Verbrechen ausreichend zum Ausdruck käme.

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Wobei - vom konkreten Inhalt mal abgesehen - ich es ziemlich bedenklich finde, dass sich in jüngerer Zeit immer öfter Verfassungsrichter in Interviews allgemeinpolitisch äußern. Das gab es früher nicht so, meines Erachtens hat da die frühere Präsidentin Jutta Limbach mit angefangen.

Dadurch wird letztlich die Unparteilichkeit als Grundlage auch der Akzeptanz der Verfassungsgerichtsurteil infrage gestellt.

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Dies ist ja nunmal keine allgemeinpolitische Aussage, sondern eine rein juristische. Da müsste man schon mehr Bedenken gegen die Äußerungen zu den Themen Datenschutz u.ä. haben. Und ja: Sie sind geeignet das Vertrauen in die Neutralität des BVerfG anzugreifen.

Sie sind aber dennoch erforderlich, weil andere Gegenakzente in den Populärmedien effektiv nicht mehr existieren.

Ich finde es bedenklicher, das die Politik in jüngster Zeit verstärkt politischen Druck auf die Verfassungsrichter ausüben. Man bekommt teilweise das Gefühl, Karlsruhe würde  aus Berlin mit offensichtlich illegalen Gesetzestexten bombardiert.

Abgesehen davon wird dadurch lediglich deutlich, das auch Verfassungsrichter nicht "neutral" sind. Insofern wüsste ich nicht, was hierbei zu erschüttern wäre. Es kann ja wohl nicht als hinreichend bezeichnet werden, das man einem Gericht blind folgt, auch wenn es offensichtlich nicht mehr wertneutral bzw. (u.U. ebenso zutreffend) werterhaltend Recht spricht.

Es gibt da einen Generalstaatsanwalt Namens Rex der ähnliches während einer Sommerakademie des ULD (2007) schön ausgeführt hat:

".....daß in 5 Jahren das Bundesverfassungsgericht personell anders besetzt ist und dann die Urteile anders als jetzt ausfallen werden und hinzufügt, daß das GG damals unter dem Schock des 3. Reiches geschrieben wurde und wir jetzt ja ganz andere Verhältnisse haben und bereits diskutier wird, ob man diesen Sinn noch aufrecht erhalten sollte,...."

Die sagen wir z.T. schon "verflossene" Richtergeneration wie Hassemer sind in diesem Sinne eher noch "Schock-Kinder".

Juristerei - auch beim BVerfG - ist nicht zu 100% "neutral" und nicht "objektiv". Gerade in Genzregionen ist es die wertende Instanz. Immerhin sollen sie ja nicht nur den reinen, formalen Gesetzestext schützen, sondern ebenso den darin enthaltenen Wertgrundsatz.

 

Und was die "allgemeinpolitik" angeht - Schäuble hat das BVerfG mehr als einmal ganz offen kritisiert... und sich gleichzeitig Kritik von dort verbeten. Dabei ist nicht die Unparteilichkeit hier die Frage, sondern die Achtung vor dem (Grund)Gesetz. So lange sich Richter mit ihren Äußerungen auf dessen Boden bewegen dürfen sie sehr wohl eine eigene Meinung haben und diese auch äußern. Politiker welche sich offensichtlich nicht auf diesem Boden bewegen sind wesentlich schädlicher für eine Akzeptanz - von Gesetzen wie auch der Politik.

 

Grüße

ALOA

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Wenngleich ich hoffe, dass wir im Bog jetzt dann auch noch die Positionen von Böhmer und Hassemer zu "Ehrenmorden" diskutieren, zu der vorangegangenen Diskussion noch ein paar Anmerkungen: 

Über das Ausscheiden von Hassemer als Vizepräsident des BVerfG kann hier im Blog noch nachgelesen werden.  § 39 Deutsches Richtergesetz bestimmt: "Der Richter hat sich innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, daß das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird."

Zweifelsohne gibt es eine öffentlich geführte Auseinandersetzung Schäuble (Sicherheitspolitik) ./. Papier (dem Präsidenten des BVerfG), in der Papier allerdings am längeren Hebel sitzt. Anders formuliert: Über dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber, also über der Mehrheit, steht das BVerfG, das gleichwohl die mehrheitlich beschlossenen Gesetze "kippen" kann. Und das ist nach den Erfahrungen im "Dritten Reich" gut so; da gab es in Gesetzesform gefasstes Unrecht. Im Übrigen: Bei der Auseinandersetzung, die sein muss und bislang m.E. die Grenzen nicht überschritten hat, geht um das Thema Sicherheit versus Freiheit als Folge des 11. September - und dieses Thema wird uns wohl auch noch beim 70. Geburtstag des Grundgesetzes beschäftigen.

Zum lesenswerten Streitgespräch zwischen Schäuble und Hassemer hier.

Verehrte Mitdiskutanten,

also nach dieser Abschweifung zurück zum Thema: Man wird m.E. folgendes bedenken müssen:

- die symbolische Kraft einer strafrechlichen Wertung - also behauptete Tötungen aus (irgendeinem verquasten) "Ehrbegriff" grundsätzlich und eben mit Symbolkarft als Mord aus niedrigen Beweggründen zu markieren, um damit (potentiellen) Tätern eine eindeutige Haltung unserer Gesellschaft entgegenzustellen und Opfern entsprechenden Schutz zuzusagen. Ich halte das im Sinne von Frau Böhmer durchaus für legitim.

- zugleich dennoch im konkreten Einzelfall auch individuelle Konstellationen berücksichtigen zu können, wie etwa, dass ein Jugendlicher oder sehr junger Erwachsener von seiner Familie in einem Sinn beeinflusst wurde, die seine Unrechtseinsicht stark beeinträchtigte: solche Rücksicht ist auch Teil eines menschlichen Strafrechts und hat m. E. durchaus seinen Platz.

Beide Positionen sind m. E. auch vereinbar. Allerdings hat sich Hassemer nicht besonders glücklich ausgedrückt, wenn er nur letzteres meinte. Es klingt so, als wolle er eine generelle mildernde Berücksichtigung  fremdkultureller "Ehr"begriffe. Der Protest von Frau Böhmer, der sich wohl dagegen richtete, wäre dann berechtigt.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

 

 

 

Hassemer spricht davon, das man es in Erwägung ziehen muss - er spricht sich nicht für eine allgemeine Regel aus. Daher kann ich nichts anstößiges daran sehen. Wenn jemand vor sehr kurzer Zeit aus dem Ausland hierher gezogen ist, dann kann man durchaus mildernde Umstände in dem nach unserem Verständnis womöglich mangelhaft ausgeprägten Schuldverständnis in einer derartigen Frage sehen. Ich stimme da "Ben" zu.

Den umgekehrten Fall gesetzt - Deutscher Urlauber auf XY-Insel wird mit XY-Stoff oder bei Sex mit einer 17jährigen erwischt und erhält darauf die Todesstrafe. Dort würde man sicherlich (und ganz natürlich) auch dieses "Anrecht" auf mildernde Umstände (für einen Ausländer) ins Felde führen.
Wer aus einem abweichenden sozialen Kontext kommt hat eine niedrigere Hemmschwelle (auch für einen Mord). Das kann (wenn nicht: muss) man denke ich gelten lassen als Grund für mildernde Umstände. Dies natürlich korrespondierend u.a. mit der Zeit welche in Deutschland verlebt wurde.

Ich glaube nicht, das es einem Rechtsstaat sonderlich hilfreich ist, verstärkt auf Abschreckung zu setzen.

 

Grüße

ALOA

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

Fakt ist doch - und darin sind wir uns m.E. einig - dass die Rspr. bei der Behandlung von "Ehrenmorden" einen schwierigen Spagat bewältigen muss:

Einerseits steht sie vor der Aufgabe klarzustellen, dass derartige Taten mit der dt. Werteordnung nicht zu vereinbaren sind. Andererseits dürfen aber auch die fremdkulturellen Einflüsse, die sich u.a. bei der Sozialisation des Täters niederschlagen, nicht unberücksichtigt bleiben, will man zu einem menschlichen Ergebnis kommen.

Wenn Hassemer sich nun dafür ausspricht, diese Einflüsse innerhalb eines mögl. Verbotsirrtums zu berücksichtigen, so sehe ich darin kein Plädoyer für eine "generelle mildernde Berücksichtigung fremdkultureller 'Ehr'begriffe".

Mal davon abgesehen, dass sich aus dieser Einordnung innerhalb des Schuldkomplexes folgern lässt, dass auch Hassemer die Niedrigkeit des Beweggrundes bejaht, darf man auch nicht vergessen, dass bei dem Täter auch wirklich erstmal ein Irrtum vorliegen muss. Besitzt er ein entsprechendes Unrechtsbewusstsein und entscheidet er sich mit Blick auf eine irgendwie geartete Ehrvorstellung dennoch zur Tötung, so ist auch für einen Verbotsirrtum keinen Platz.

Von einer generellen Milderung kann hier m.E. also nicht die Rede sein.

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mag sein, dass hassemers äußerungen unglücklich wirken. das ist wohl auch dem umstand geschuldet, dass er kein politiker ist, der den effekt seiner aussagen schon im voraus kalkuliert.

bei genauerem hinsehen wirken hassemers äußerungen auf mich eher unspektakulär. schließlich spricht er selbstverständlichkeiten aus: natürlich muss die sozialisation des täters berücksichtigt werden, natürlich muss geprüft werden, ob der täter einem irrtum unterlag. das gebietet schon unser schuldstrafrecht, aber auch unsere verfassung. ich bin mir auch sicher, dass jeder verantwortungsvolle richter diese punkte in seine überlegungen einbezieht.

selbstverständlich ist für mich auch hassemers hinweis, dass die frage, ob ein niedriger beweggrund vorliegt, nicht abstrakt beurteilt werden darf. wenn der staat einen menschen mindestens 15 jahre einsperren will, bedarf diese entscheidung fraglos einer sorgfältigen begründung, die alle relevante umstände berücksichtigt.

gegenüber diesen äußerungen hassemers, hinter denen kluge überlegungen zu stehen scheinen, wirken die äußerungen böhmers eher prägnant-populistisch, wie es die politik eben des öfteren erfordert. ein guter richter lässt sich davon nicht beeindrucken. für ihn gibt es keinen schaden-mord oder ehrenmord, keine derart einfache, eines rechtstaates unwürdig simple kategorisierung. er würdigt den einzelfall, subsumiert und fällt sein urteil vor dem hintergrund der schuld des täters.

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Man muss das Thema mE etwas grundsaetzlicher diskutieren, um ihm gerecht zu werden.

THESE:

Unser buergerliches (Straf-) Recht verliert seine normative Kraft in einer kulturell diversifizierten Gesellschaft!

Es ist ein Dilemma des Rechtsstaats: Einerseits foerdert er kulturelle Heterogenitaet und laesst voellig verschiedene "Kulturbiographien" fuer hier aufwachsende Menschen zu. Andererseits betont er dann im Strafrecht den Strafanspruch der Gemeinschaft, der selbstverstaendlich moeglichst gleichmaessig gelten muss. 

Anders gewendet stehen sich ein modernes, auf kulturelle Vielfalt ausgerichtetes Grund- und Menschenrechtsverstaendnis und ein altes, von relativer Gleichheit der Gesellschaftsmitglieder ausgehendes buergerliches (Zivil- und Straf-) Recht ziemlich unversoehnlich gegenueber.

Fuer die Harmonisierung "modernen Rechts" und "buergerlichen Rechts" ruft Hassemer auf, wenn er im SPIEGEL ausfuehrt: "Das ist modern und menschenfreundlich, wenn man sagt: Ich nehme Rücksicht auf den Zustand eines normativen Bewusstseins."

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Sehr geehrte Mitdiskutanten,

am Rande der Strafrechtslehrertagung in Hamburg hatte ich Gelegenheit, Herrn Kollegen Prof. Hassemer kurz auf diese Diskussion anzusprechen. Er bestätigte, dass er für Strafrechtler Unspektakulätes an- und aussprechen wollte, nämlich, dass sub specie § 17 StGB individuelle Prägungen und kulturelle Sozialisationen zu berücksichtigen seien, was in der öffentlichen Meinung allerdings (siehe auch die jetzige Reaktion) eher als allgemeine Stellungnahme zum "Ehrenmord" angesehen wurde. Seine Stellungnahme richte sich sich nicht  gegen die Wertung solcher Tötungsmotive als "niedrig" motiviert. Im Übrigen verwies er auf sein kürzlich erschienenes Buch, in dem er seine Position naturgemäß präziser als im Interview dargestellt habe.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Vielen Dank für den Nachtrag und den Literaturhinweis. So alleine steht Hassemer mit dieser Ansicht übrigens nicht. Auch neuere Publikationen sehen die Verbuchung fremdkultureller Einflüsse innerhalb eines Verbotsirrtums als vorzugswürdig an.

So etwa Valerius, JZ 2008, 912 ff. oder auch Erbil, Toleranz für Ehrenmörder?, Berlin 2008

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