Absterben der Todesstrafe?

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 17.05.2009

Charles Lane, ein Mitarbeiter der Washington Post, der dort regelmäßig über Entscheidungen des Supreme Court und u.a. über die Todesstrafe berichtet und kommentiert, schreibt heute in der FAZ-Sonntagszeitung unter dem Titel "Stirbt die Todesstrafe aus?" über seine Beobachtungen zur Anwendung der Todesstrafe in den USA.

Die Todesstrafe erlebe derzeit in den USA einen Niedergang. Zwar sei sie weiterhin in 35 der 50 Staaten und auf Bundesebene geltendes Recht, jedoch sei die Zahl der Anordnungen von Todesstrafe und die Zahl der Hinrichtungen seit 1996 stark zurückgegangen (Verhängungen: 1996: 317 Fälle, 2008: 111; Hinrichtungen: 1999: 98 Fälle, 2008: 37). Noch immer säßen 3000 Gefangene in den Todestrakten, aber auch diese Zahl gehe deutlich zurück.

Seine Thesen: Die europäische Kritik habe durchaus ihren Anteil, aber hauptsächlich seien inneramerikanische Gründe verantwortlich, nämlich die Berichte von irrtümlich zu Tode Verurteilten , die nach neuer DNA-Testung aus dem Todestrakt entlassen wurden, die inzwischen exorbitanten Verfahrenskosten, die Skepsis unter Richtern. Der wichtigste Grund  sei freilich der Rückgang von Mordtaten in USA: Die Mordrate sei in den 90er Jahren um 44% gesunken.

Die Todesstrafe sei laut Umfragen weiterhin populär, auch wenn die Befragten nicht mehr an ihre Abschreckungswirkung glaubten: Es sei das "Konzept von Gerechtigkeit", m.a.W. der Vergeltungsgedanke, der bei der Zustimmung zur Todesstrafe vorherrsche.

Lanes Fazit ist allerdings etwas verwunderlich: "Wenn die Europäer und andere mehr Einfluss auf die amerikanische Debatte gewinnen wollen, (...) sollten sie versuchen, die Kriminalitätsrate in den Vereinigten Staaten niedrig zu halten oder weiter zu verringern."

Wie sollen das die Europäer tun?

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3 Kommentare

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Es ist ja schön zu erfahren, dass die Amis selbst nicht mehr an den Mythos glauben, dass die Todesstrafe auf Affekttäter oder Triebtäter abschreckend wirkt. Vielleicht hat sogar der "Mann auf der Straße" endlich kapiert, dass irgendwas nicht stimmt, wenn in Staaten ohne Todesstrafe die Mordrate nicht höher ist. Dafür muss man nicht mal über den eigenen Tellerrand hinausblicken, wenn man innerhalb der USA Vergleiche anstellt.

Aber: Entweder ist die Todesstrafe (z.B. für Mord) die gerechte Strafe oder nicht. Keine Ahnung, was Mr. Lanes persönliche Meinung zu dieser moralischen Frage ist, aber wieso sollen die Europäer dafür sorgen, dass durch sinkende Kriminalitätsraten in den USA die Bestrafungsfantasien der Amis gezügelt werden? Vielleicht kommen die endlich mal dahinter, dass auch daran irgendwas nicht stimmt, dass sich die USA in bester Gesellschaft mit Iran und VR China befinden, was die Todesstrafe angeht?

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Die Todesstrafe ist etwas unwiderrufliches, obwohl Fehlurteile nie ausgeschlossen werden können. Zum Glück sagt daher Art. 102 GG „Die Todesstrafe ist abgeschafft".

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