"Alle müssen raus" - Empörung über Werbekampagne eines Zeitarbeitsunternehmens

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.05.2009

Die Werbeaktion eines Zeitarbeitsunternehmens hat in den letzten Tagen Entrüstung hervorgerufen. In dem "Wirtschaftskrisen-Rabatt-Angebot" des Zeitarbeitsunternehmens steht wörtlich: "Damit Sie schwarze Zahlen schreiben, setzen wir den Rotstift an." Und weiter heißt es in dem Werbeprospekt: "Exklusiv für Sie - Sichern Sie sich jetzt 15 Prozent Rabatt auf alle Hilfs- und Fachkräfte." Die Offerte endet mit einem Gruppenbild von Leiharbeitnehmern in unterschiedlicher Arbeitskleidung und dem Satz "Alle müssen raus!". Wie bei den Werbekampagnen der Elektronikdiscounter und Baumarktketten folgt schließlich in einer Fußnote der Hinweis auf die Befristung der Aktion bis Ende Juni. Die IG Metall hat diesen Vorfall aufgegriffen und einen offenen Brief an die Mitglieder des Bundestages geschrieben. Darin prangert sie die Aktion als "eine Form modernen Sklavenhandels" an. Daran wird die Forderung geknüpft, die Leiharbeitsbranche strenger zu regulieren. Auch der Bundesgeschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen, Werner Stolz, meinte: "Der Vorgang ist ebenso geschmacklos wie unsensibel." Der Geschäftsführer des kritisierten Zeitarbeitsunternehmens sagte hierzu: "Die Aktion ist wahnsinnig unglüclich gelaufen." Der Fall läßt erkennen, dass die Zeitarbeitsunternehmen derzeit mit dem Rücken an der Wand stehen und vielfach in existenziellen Schwierigkeiten stecken. In Berlin hat der Fall bereits eine Diskussion um mögliche Konsequenzen entfacht. Vor allem sind die Reizthemen Lohndumping und Mindestlohn wieder in den Mittelpunkt gerückt worden.

 

 

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7 Kommentare

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Da hat jemand mit dem Feuer gespielt - in einer Lache aus Benzin stehend.

 

Wie man soetwas heutzutage machen kann, ist mir unverständlich.

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Es war sicher unsensibel - moralisch fragwürdig. Die Aufregung kann ich jedoch ansonsten nicht nachvollziehen. Das ist nur ein Aufhänger bzw. ein zur Schau stellen von etwas, was schon seit langem Usus ist.

Benötigt man Geschmacklosigkeit um Politiker zu beeindrucken?

 

Grüße

ALOA

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@Aloa: Nur, wenn man in den Mitarbeiterstab der Politiker aufgenommen werden will. Sonst reicht auch alles andere, was aus irgendeinem Grund öffentlich Aufsehen erregt.

Die Art und Weise dieser Werbeaktion zeigt eigentlich auch nur das, was große Unternehmen im nichtöffentlichen Bereich schon seit Ewigkeiten praktizieren. Sollte es nicht eher empörend sein, wenn hinter vorgehaltener Hand derartige Pläne und Absprachen gemacht werden, als wenn derjenige wenigstens öffentlich dazu steht?

Zu viel emotionales Betroffensein ist aber immerhin der richtige Hingucker für Politiker und Gewerkschaften.

Effektiv ist es eigentlich eine Parodie - etwas, was normalerweise bei einer Sendung "Scheibenwischer" als Kabaret-Nummer auftaucht. Die PARTEI (Titanic) hat sich auch schon beschwert, es wäre immer schwieriger die Parteien zu parodieren. Schon wenn man sieht das es eine "AG Sozialdemokraten" in der SPD gibt oder geben soll weiß man, was gemeint ist. Die Realität überholt immer öfter die harmlosen Versuche etwas zu parodieren.

Grüße

ALOA

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Fuer die "volkswirtschaftlich sinnvolle Zeitarbeit" (kleine Randnotiz: der wirtschaftliche Aufstieg der "Bonner Republik" kam sehr gut ohne sie aus; serioese Studien zum Nutzen der Zeitarbeit fehlen) gibt es nur eine Loesung:

Gesetzlich verbieten, da verfassungswidrig. Jedem Schulkind ist klar: Menschen sind keine Ware, die man zum Arbeiten verleiht.

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Zitat Prof. Dr. Stoffels:

"Der Fall läßt erkennen, dass die Zeitarbeitsunternehmen derzeit mit dem Rücken an der Wand stehen und vielfach in existenziellen Schwierigkeiten stecken."

Einspruch! Das verkehrt die Realitaet. Der Fall laesst keine Ausnahmesituation der Zeitarbeitsfirmen erkennen, er deckt gruendlich und ehrlich die immanente LOGIK dieser unsittlichen Arbeitsform auf.

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