Raue Sitten im Arbeitsleben - BAG verweist zurück

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.05.2009

Mit einem spektakulären Kündigungsfall hatte sich vor kurzem das BAG (Urteil vom 28.5.2009 - 2 AZR 223/08) zu befassen. Die Pressemitteilung (Nr. 56/08) formuliert den Gegenstand des Verfahrens sachlich korrekt mit "Kündigung eines Arbeitnehmers in Vorgesetztenstellung wegen `ungebührlichen Behandelns´ von Untergebenen". Um was es dabei konkret geht, deutet die Pressemitteilung dann aber doch an: Dem gekündigten Vorgesetzten wird vorgeworfen, er habe mit einer Soft-Air Pistole auf ihm untergebene Mitarbeiter geschossen, einem Mitarbeiter eine Gaspistole an die Schläfe und ein Messer an die Kehle gehalten, einem Mitarbeiter mit einer elektrischen Fliegenklatsche einen Stromschlag versetzt, einem Mitarbeiter mit einer Lederpeitsche oder einem Streifen aus einer Ledertischablage geschlagen und dazu aufgerufen, die im Winter 2003 bevorstehende Inventur zu boykottieren.  Die Entscheidung der Vorinstanz hat das BAG ohne eigene Sachprüfung der Kündigungsvorwürfe wegen prozessualer Mängel aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Sollte sich herausstellen, dass auch nur einer der genannten Vorwürfe berechtigt ist, dürfte eine (außerordentliche) Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein. Hier müßte man wohl schon die Frage stellen, ob der Arbeitgeber im Hinblick auf seine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern nicht gleichsam zur Kündigung verpflichtet ist.

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