Wichtig für OWi-Richter ... und Anwälte: Voreintragungen müssen immer verständlich ins Urteil!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 05.06.2009

Natürlich ist das klar! Offensichtlich kommt es aber häufiger vor, als man denkt, dass die für das Urteil verwerteten Voreintragungen des Betroffenen gar nicht im OWi-Urteil auftauchen. Ein derartiges Urteil wird auf Rechtsbeschwerde hin aufgehoben. Im Fall des OLG Hamm, 3 Ss OWi 844/08 waren die tatrichterlichen Urteilsgründe hier wohl eher etwas durcheinander geraten (laut www.burhoff.de - hier gekürzt):

Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt sich zwar noch hinreichend entnehmen, dass der datumsmäßig in den Feststellungen nicht näher bezeichnete Beschluss des Amtsgerichts O, das wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 200 Euro verhängt hat, offenbar der (nach dem erkennenden Gericht) nicht näher bezeichnete Beschluss vom 24.07.2007, rechtskräftig seit dem 10.08.2007, ist, in dem wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vom 46 km/h eine Geldbuße verhängt wurde.
Die diesen Feststellungen zu Grunde liegende Beweiswürdigung begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.Die Beweiswürdigung ist hier lückenhaft, weil sie keine geschlossene Darstellung der für § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV relevanten Vorverurteilung beinhaltet und letztlich nur auf Mutmaßungen beruht. Das amtsgerichtliche Urteil, das alleinige Entscheidungsgrundlage des Rechtsbeschwerdegerichts im Rahmen der Sachrüge ist, lässt noch den Schluss zu, dass es sich bei der Entscheidung des Amtsgerichts O. um einen Beschluss nach § 72 Abs. 6 OWiG handelt, welcher keine Gründe enthält. Im angefochtenen Urteil heißt es nämlich insoweit: „Der rechtskräftige Beschluss des Amtsgerichts O. geht eindeutig von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 41-50 km/h aus, was sich sowohl aus der Höhe der verhängten Geldbuße als auch aus der angegebenen Tatbestandskennziffer ergibt. Zugunsten des Betroffenen ist in diesem Verfahren, auf seine Anregung hin, von einem Fahrverbot gegen die Verdoppelung der Geldbuße abgesehen worden". ...Das Amtsgericht teilt aber im angefochtenen Urteil bereits nicht mit, worauf diese letztgenannte Feststellung beruht....Daher kann der Rückschluss im angefochtenen Urteil von der Höhe der vom Amtsgericht O. verhängten Geldbuße auf die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung vom Rechtsbeschwerdegericht nicht nachvollzogen werden. Denn auch die dortige Geldbuße kann ggf. eine deutliche Erhöhung eines Regelsatzes darstellen und gibt daher keinen Aufschluss über die Höhe der früheren Geschwindigkeitsüberschreitung.
Die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung ergibt sich auch nicht aus der Tatbestandskennziffer im Beschluss des Amtsgerichts O. Abgesehen davon, dass diese schon nicht im angefochtenen Urteil mitgeteilt wird, also der Senat auch nicht überprüfen kann, ob das Amtsgericht von der Tatbestandskennziffer auf den richtigen Verkehrsverstoß geschlossen hat, handelt es sich bei den bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten, wie er vom Kraftfahrbundesamt herausgegeben wird, und dem die Tatbestandskennziffern entnommen werden, lediglich um eine verwaltungsinterne Richtlinie, die keine Bindungswirkung für das Gericht entfaltet. Die Angabe der Kennziffer dient lediglich Eintragungszwecken in das Verkehrszentralregister.... Maßgeblich für die Feststellung, weswegen die Verurteilung erfolgte, ist indes die gesamte Entscheidung, insbesondere der Tenor, nicht nur die (ohnehin nicht konstitutive) Angabe der Kennziffer, der allenfalls eine Indizwirkung zukommt.

Der Verteidiger muss also immer prüfen, ob die im Urteil verwerteten Voreintragungen tatsächlich auch im Urteil inhaltlich wiedergegeben sind. Hierzu gehört auch i.d.R. das Rechtskraftdatum, welches oft vergessen wird!

Für die Richter in der Leserschaft: Voreintragungen sicherheitshalber wie in Strafurteilen am Ende der "persönlichen Verhältnisse". Immer häufiger findet man das auch im Rahmen der Geldbußenzumessung, was sicher ebenso gut ist. Wichtig ist jedenfalls, sich hier ein Schema zurechtzulegen, um nichts zu vergessen. Mein Tipp etwa folgende Formulierung:

"Am ... (Rechtskraft: .....) setzte die Stadt ... gegen den Betroffenen wegen eines Geschwindigkeitsverstoßes (außerorts, zulässige Höchstgeschwindigkeit: ... km/h, Geschwindigkeitsüberschreitung von ... km/h) eine Geldbuße von ... Euro fest."

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