"Erwachsen auf Probe" - Kein Zuschaueranspruch auf Vorzensur

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 18.06.2009

Im Vorfeld der Ausstrahlung der diskutierten RTL-Sendung "Erwachsen auf Probe" ist von Seiten eines Familienverbandes und eines Familienvaters im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren beantragt worden, eine Ausstrahlung im Vorhinein zu verbieten.  Dabei wurde sich im Wesentlichen auf polizeirechtliche Ermächtigungsgrundlagen und einen angenommenen "Verstoß gegen die Menschenwürde" gestützt. Mit dem Eilantrag sollte der Oberbürgermeister der Stadt Köln verpflichtet werden, die RTL-Format im Vorfeld gänzlich zu untersagen.

Das Verwaltungsgericht Köln hat den Antrag durch Beschluss vom 3.6.2009 (Az.: 6 L 798/09) abgelehnt. Als zentrale Gründe hierfür führt das Gericht an:

1. Eine Antragsbefugnis von Privatpersonen, hinsichtlich einer Verhinderung der Ausstrahlung der Sendefolgen „Erwachsen auf Probe" ist unter keinem Gesichtspunkt gegeben, da sie in keinen subjektiven Rechten verletzt sind. 

2. Die Zuständigkeiten der Medienaufsicht sind abschließend in dem am 01.04.2003 in Kraft getretenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) geregelt. Behördlich zuständig für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beachtung der Menschenwürde und des Jugendschutzes im privaten Rundfunk sind gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 6 JMStV allein die jeweils zuständigen Landesmedienanstalten. Ihre Zuständigkeiten und die Möglichkeit der Vornahme von Aufsichtsmaßnahmen werden lediglich durch vorrangige Entscheidungen der anerkannten Selbstkontrolleinrichtungen gemäß §§ 19 Abs. 2, 20 Abs. 3 JMStV beschränkt.

3. Im verfassungsrechtlich geschützten Bereich der Rundfunk- und Programmgestaltungsfreiheit sind generell jedwede Maßnahmen allgemeiner Polizei- und Ordnungsbehörden ausgeschlossen (Grundsatz der „Polizeifestigkeit" im Bereich der Presse- und Rundfunkfreiheit).

Vor diesem Hintergrund nicht näher auseinanderzusetzen hatte sich das Gericht mithin mit der weitergehenden Fragestellung, ob behördliche Verbote vor der Ausstrahlung nicht bereits gegen den Verfassungsgrundsatz des Zensurverbotes verstoßen würden. Auch dies wäre meines Erachtens zu bejahen gewesen. Im Ergebnis ist daher der Entscheidung des Gerichts zu folgen.

Ob die Sendeinhalte tatsächlich gegen geltendes Recht verstoßen, ließ das Verwaltungsgericht mangels zum Entscheidungszeitpunkt erfolgter Ausstrahlung noch offen. Zwischenzeitlich hat indes die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bestätigt, dass die RTL-Sendung "Erwachsen auf Probe" insbesondere nicht gegen jugendschutzrechtliche Bestimmungen verstößt und im Hauptabendprogramm ausgestrahlt werden darf.

Volltext der Entscheidung des VG Köln, Beschluss vom 3.6.2009 (Az.: 6 L 798/09)

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