Führerscheintourismus: Fahrerlaubnisentziehung nach falscher EV? Das geht!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.07.2009

Klingt zunächst einmal komisch, oder?! Das OLG Köln (OLG Köln, Beschluss vom 16.05.2008 - 81 Ss 17/08) hatte sich in einer bislang nicht weiter bekannten Entscheidung mit einem Fall eines Führerscheintouristen zu befassen, der seinen deutschen Führerschein trotz bereits erfolgter Fahrerlaubnisentziehung im EU-Ausland (Irland) hat umschreiben lassen und dann zum Verbleib seines Führerscheins eine falsche EV abgab. Hier versicherte der Angeklagte, dass er nicht mehr im Besitz des Führerscheins sei und auch nicht wisse, wo sich dieser befinde. Mit diesen Angaben wollte er verhindern, dass Maßnahmen zur Einziehung seiner irischen Fahrerlaubnis eingeleitet würden, um so ohne die nach deutschem Recht erforderliche erfolgreiche Ablegung eines medizinisch-psychologischen Eignungstests (MPU) weiterhin fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge in der Europäischen Union führen zu können. Das OLG Köln hat die von den Vorinstanzen nach Verurteilung gem. § 156 StGB vorgenommene Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB zwar nicht mitgemacht, jedoch zunächst einmal klargestellt, dass diese durchaus möglich ist:

„…Nach § 69 Abs. 1 Satz 1, Alt. 2 StGB ist die Fahrerlaubnis wegen einer in der Tat zu Tage getretenen mangelnden Eignung auch dann zu entziehen, wenn kein typisches Verkehrsdelikt vorliegt, sondern die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangene Straftat der allgemeinen Kriminalität zuzurechnen ist (sog. Zusammenhangstat). Voraussetzung ist allein, dass die Straftat einen spezifischen Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs aufweist. Das ist der Fall, wenn sich aus ihr konkrete Anhaltspunkte für eine mögliche Gefährdung des Straßenverkehrs durch den Straftäter ergeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Fahrt vor, während oder nach der Tat unternommen wird. Das Führen des Kraftfahrzeugs muss dem Täter nur für die Vorbereitung oder Durchführung der Straftat oder anschließend für ihre Ausnutzung oder Verdeckung dienlich sein (BGH NStZ 2001, 477; BGH NJW 2005, 1957, 1958  m.w.N.). Dabei muss die Anlasstat selbst tragfähige Rückschlüsse darauf zulassen, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 16. Oktober 2007 darauf hingewiesen, dass sich die charakterliche Ungeeignetheit in dem genannten Sinne auch daraus ergeben kann, dass der Täter durch die Begehung einer Straftat versucht, sich die (weitere) Teilnahme als Kraftfahrer am Straßenverkehr zu erschleichen, obwohl Zweifel an seiner Eignung zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt haben und er die Überprüfung seiner Eignung bzw. seiner fortbestehenden Ungeeignetheit durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verhindern will. Die Durchführung der MPU dient, gerade wenn sie - wie im Falle des Angeklagten - gemäß § 13 FeV zur Abklärung einer eventuellen Alkoholabhängigkeit erfolgt, der Sicherheit aller am Straßenverkehr beteiligten Personen. Derjenige, der diese Schutzmaßnahme umgehen will und sich über ihre Zweckbestimmung bedenkenlos hinwegsetzt, verfügt in der Regel nicht über die charakterlichen Voraussetzungen für die Teilnahme am Straßenverkehr….“

Im konkreten Fall scheiterte die Entziehung an der fehlenden Feststellung eines „besonders schlechten Vorsatzes“ (aus den Gründen der Entscheidung hierzu):

„…Das Landgericht hat sich nämlich nicht rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass er bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 23. Januar 2006 in der Absicht gehandelt hat, die irische Fahrerlaubnis auch in Deutschland zu nutzen….“

Meine Empfehlung zur Fahrerlaubnisentziehung bei allgemeiner Kriminalität:  Krumm/Kuhnert/Schmidt, Straßenverkehrssachen, 3. Kapitel Rn. 296 ff.

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