Mir soll´s recht sein, aber was halten die Anwälte davon, in Berliner Gerichten nicht mehr in der traditionellen schwarzen Robe erscheinen zu müssen?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 08.07.2009

Die Pflicht zum Tragen der Amtstracht in Berlin ist jetzt abgeschafft. "Wir ersetzen Zwang durch Freiwilligkeit", sagte der Berliner Justizstaatssekretär Hasso Lieber. Er spricht von "totaler Freiheit nach 283 Jahren" (Zitate nach FAZ Nr. 155 vom 8.7.2009 S. 7).

Aber wollen die Anwälte diese "totale" Freiheit? Persönlich glaube ich: nein.

Sicher, die Zeiten haben sich seit dem Jahr 1726 geändert, als König Friedrich Wilhelm I. von Preußen die Roben mit den Worten einführte, die Advokaten sollen die "wollenen schwarzen Mäntel" tragen, "damit man diese Spitzbuben schon von weitem erkennen und sich vor ihnen hüten kann." Ein Mindestmaß an Stil und Form sollte m.E. heuzutage herrschen - und mit Robe war das jedenfalls kein Problem. Na ja, vielleicht sind dann künftighin die Angeklagten die besser Angezogenen und damit Stil und Form gewahrt.

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16 Kommentare

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Ich find's nicht gut. Irgendwo sollte der Bürger doch noch bemerken können, dass wir hier vor Gericht stehen und nicht in der Pommesbude sind.

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Ich finde die neue Regelung in Berlin zwar auch nicht gut, aber ich denke nicht, dass die Anwälte zukünftig in Hawai - Hemden und Bermuda - Shorts im Gerichtssaal auftauchen, auch, wenn ich mir bei dem Gedanken ein innerliches Lächeln schwer verkneifen kann.
Viele Anwälte legen einfach persönlich wert auf das Tragen einer Robe. Ich würde auch darauf bestehen. Man hat ja schließlich auch studiert, um sich dieses Privileg erwerben zu können. So sehe ich das jedenfalls.

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Ob die Pflicht zum Tragen von Roben damit tatsächlich abgeschafft ist, muss auf Grund der aktuellen Gesetzeslage wohl stark bezweifelt werden. Die Berufsordnung der Rechtsanwälte schreibt nämlich in § 20 eine Robe vor, "soweit dies üblich ist". Die Geltung der Berufsordnung wird auch ein Justizstaatssekretär nicht außer Kraft setzen können.

kann sein, aber wenn jetzt drei wochen lang drei viertel der anwälte ohne robe kommen, ist die üblichkeit hergestellt. außerdem: wer kontrolliert sanktioniert die nichteinhaltung der vorschrift?

im lg braunschweig ist es übrigens nicht üblich, robe zu tragen...

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Ohne Robe? Das geht gar nicht!

Ich hab schließlich mehr als ein halbes Jahrzehnt studiert und referendariert, um dann später mal straflos und ohne Sorgen um meine geistige Gesundheit in einem scharfen, schwarzen Cape rumlaufen zu dürfen! Nimmernie ohne!

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Ich - rein zivilrechtlich tätiger Anwalt mit grade mitte Dreißig - bin wegen einer sehr positiven Erfahrung in jungen Berufsjahren mit einem älteren Richter in Kleidungsfragen extrem konservativ. Ich bin auch in Zivilsachen vor dem AG bewußt mit weißem Hemd (Doppelmanschette mit dezenten Manschettenknöpfen), weißem Langbinder und Robe unterwegs (wobei ich jedem persönlich geladenen Mandanten vorher erzähle, warum ich so aufgetakelt bin).

 

Selbst wenn Robenpflicht abgeschafft wäre würde ich wahrscheinlich noch Jahre vor Gericht so auftreten. Es trägt IMO auch zu einer bis zu einem gewissen Maß abstrahierten und konstruktiven Stimmung bei.

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nu ja, wers "nötig" hat für sein ego, kann den kittel ja weiter tragen...auf jeden fall kann ein jeder nach seiner fasson  - mit oder ohne robe  - glücklich werden...ist ja nicht verboten worden, sie zu tragen...

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wenn in Zivilsachen die Argumente so dürftig sind, dass Manschettenknöpfe und Kutte (so einmal eine Auszubildende zu Beginn der Ausbildung zur Robe) erforderlich werden, dann sollen die Kollegen den Umhang tragen. Ich werfe mir das Ding über, aber ich könnte auf darauf auch verzichten. Vermutlich gibt es auch in England Barrister, die meinen, sie benötigten zwingend Ihre Dienstperücke, sonst gibt es kein Recht. Vielleicht wäre auch ein schwarzer Punkt auf der Nase recht kleidsam. Ich kenne auch Richter mit Lederflicken an der Robe. Ich habe auch noch einige Jahre einen Strafrichter erleben dürfen, der gern mit kurzen Hosen und Sandalen zum Dienst erschien. Der sah dann  mit Robe noch ganz vernünftig aus, bis er aufstand. Robe und darunter hervor kamen dann nackte, alte  Männerbeine - das sah schon ein wenig merkwürdig aus. Mir ist es eh immer zu warm...

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Roben sind ungefähr so kleidsam wie ein Duschvorhang und im Sommer eine einfach nur lästige Schicht mehr.

Jedesmal, wenn ich mir das uncoole Ding umhänge, ist mir dieser anachronistische Mummenschanz gegenüber dem Mandanten peinlich.

Wer glaubt, dass er durch schwarze Umhänge zum Zorro oder Batman wird, von mir aus ...

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Der gute Stil ist leider unter Anwälten nicht viel weiter verbreitet als in der Gesamtbevölkerung. Man wird in Zukunft so einige modische Entgleisungen ertragen müssen, fürchte ich. Auch das korrekte Anlegen der Kleidung ist nicht jedem geläufig, und wurde von der Robe teils gnädig verdeckt. Ich würd sie nicht aufgeben wollen...

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Nun, wie verkleidet bzw. kleidsam unser Batman-Umhang aussieht,dass wird auch bei dem schönen Vergleich Roben aus aller Welt deutlich. Habe da eine schöne Internetseite gefunden:

www.filibustercartoons.com/judges.htm

Wenn ich mir so die Frisuren und Kopfformen einiger Kollegen anschaue, dann plädiere ich nun auch für die Perücke. Unter den Kollegen ist eine annehmbare Frisur auch nicht weit verbreitet.

de gustibus et coloribus non est disputandum

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Ich halte gar nichts davon, wenn jeder Anwalt bei Gericht gekleidet sein kann, wie er will. Im Sommer kommt er dann in Bermudas und Badelatschen? Irgendwo gibts ja auch noch die Verpflichtung, dem Gericht ne gewisse Ehre zukommen zu lassen. Oder gibts das "hohe Gericht" nur noch in Soaps und Hollywood-Schinken? Ach übrigens, hier gibts ne Menge über Roben, Robenpflicht etc.: http://www.roben-shop.de

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Die gestrige aktuelle NJW Heft 30 berichtet auf NJW-aktuell S. X, dass die RAK Berlin mit Blick § 20 der Berufsordnung: "Der Rechtsanwalt trägt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist", der Auffassung ist, an der Übung der Berliner Rechtsanwälte, vor Gericht eine Robe zu tragen, habe sich nichts geändert habe. Mal sehen, was "üblich" ist.

Die Robe ist eine Respektbezeugung. Sie zeigt äußerlich an, dass ein Organ der Rechtspflege unterwegs ist. Ein Gericht ist keine x-beliebige Behörde, bei der man sich eben "ordentlich" kleidet, um einen guten Auftritt zu haben. Roben haben nach meiner Beobachtung oft genug auch den Sinn, auf der Richterbank einen einheitlichen optischen Eindruck zu erzeugen - dann ist der Anwalt im Maßanzug nicht mit einem Kompetenzvorsprung vor dem jungen Kollegen im preiswerten Sakko versehen. Wer auf einschlägigen Seminaren den Test macht, weiß, dass man sich von solchen Bildern beeinflussen läßt, ob man es will oder nicht. Die einheitliche Robe schaltet das weitgehend aus und ermöglicht den Richtern, sich auf den Sachvortrag zu konzentrieren. Warum also abschaffen?

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