Kurios: Anklage trotz Beweisverwertungsverbot!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 11.07.2009

Die Lage um die rechtswidrig unter Umgehung des Richtervorbehalts des § 81a Abs. 2 StPO entnommenen Blutproben wird immer kurioser, wie sich aus einem aktuellen Blogbeitrag von RA Melchior entnehmen lässt: Obwohl im Ermittlungsverfahren durch das LG Schwerin ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Blutprobe angenommen worden war, hat die Staatsanwaltschaft trotzdem Anklage erhoben. Interessant wäre hier sicher, ob plötzlich doch weitere Ermittlungen "Gefahr in Verzug" feststellen ließen oder ob weitere Indizien für eine Fahruntüchtigkeit ermittelt werden konnten. Genauso gespannt darf man darauf sein, ob das Hauptverfahren eröffnte werden wird...

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5 Kommentare

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Dies ist doch nur auf den ersten Blick kurios, meine ich.

 

Die StA wird davon ausgehen, dass ein Beweisverwertungsverbot nicht vorliegt. Jetzt besteht zumindest die Möglichkeit, dass das AG diese Ansicht teilt und das Hauptverfahren eröffnet. Hat die StA dies erreicht, kann diese Frage bis zum zuständigen OLG geklärt werden (vermutlich OLG Rostock?), welches sich (nach einer kurzen juris-Recherche) zu dieser Frage noch nicht geäußert hat. Solange der Instanzenweg so ist, muss eine StA doch so handeln, oder sehen Sie dies anders?

Eröffnet das AG nicht, besteht immer noch die Möglichkeit, dass für die Beschwerde hiergegen zuständige Beschwerdekammer es anders sieht als die andere (falls es tatsächlich eine andere ist). Und dann (s.o.).

Gut für die Rechtsklarheit wäre letztlich nur ein Fall, bei dem ein LG als erstinstanzliches Gericht bei gegebener Problemlage die Hauptverhandlung eröffnet. Die Zuständigkeit ist schwierig, doch vielleicht lässt sich ja ein § 316 StGB auch einmal mit einem Verbrechen kombinieren, für welches eine Strafkammer zuständig ist.

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"Ob weitere Indizien für eine Fahruntüchtigkeit ermittelt werden konnten" - eher schwerlich, nachdem das LG auch insoweit klare Worte gefunden hatte:

Der dringende Tatverdacht i.S. § 69 Abs. I S. 1 StGB lässt sich auch nicht anders begründen. Zwar kann die richterliche Überzeugung von einer Trunkenheitsfahrt sich bei Fehlen oder Unverwertbarkeit einer Blutprobe auch aus anderen Beweismitteln ergeben (m.w.N.). Umstände, die zweifelsfrei auf durch Alkoholkonsum verursachte Fahruntüchtigkeit schließen lassen, lassen sich jedoch nicht feststellen. Insbesondere reicht es dafür nicht aus, dass der Beschuldigte auf das Fahrzeug der Geschädigten aufgefahren ist und die Wucht des Aufpralls sehr stark war. Auch die Höhe des Schadens kann - schon wegen der unterschiedlichen Fahrzeuggrößen und deren jeweiliger Masse - kein Indiz für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit sein.

 

@Zivilist: Genau das dürfte in der Tat der Plan der StA sein. In einer anderen Sache hat sie es mit einer Gegenvorstellung gegen einen ähnlichen Beschluss der Strafkammer versucht. Es bleibt spannend.

 

 

 

 

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Ohne den nicht zu verwertenden Beweis gäbe es wohl keine Anklage, oder? (Oder jemand anderer Ansicht?)

 

De facto weiß man das also das es so war und sucht nach einem Weg um es "irgendwie" zu einer Verurteilung kommen zu lassen. Und eben das ist das "kuriose" daran. Man sieht anhand dessen, das es umso wichtiger ist von vornherein zu verhindern das es zu solchen "Nicht-Beweisen" kommt.

 

Grüße

ALOA

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Das AG Waren-Müritz spricht sich in einer Verhandlung am 22.10.2009 ebenfalls für ein Beweisverwertungsverbot aus und appelliert in der Verhandlung an die Staatsanwaltschaft, endlich mal Mut zu zeigen und diese Entscheidung mit zu tragen. Die Staatsanwaltschaft will hier jedoch eine grundsätzliche Entscheidung herbeiführen und geht in Berufung.

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