Thoben, Walsum und die Kraftwerke

von Prof. Dr. Thomas Hoeren, veröffentlicht am 29.07.2009

Ich bin nicht parteipolitisch gebunden (das gehört sich m.E. für einen Juraprofessor nicht). Daher geht es im folgenden nicht um Parteipolitik, sondern um die Rettung eines Politikerzitats vor dem Vergessen.

Ich komme selbst aus Duisburg-Walsum, einem alten Kohleabbauort - dort soll jetzt gegen den Widerstand vieler Bürgerinitiativen ein gigantisches Kraftwerk entstehen, errichtet vom Großbetreiber Evonik mit Unterstützung der Landesregierung NRW. Zur Einweihung des Heizkessels Anfang Juli kam es zu einer Feier mit 300 geladenen Gästen. Darüber berichtet die WAZ im Lokalteil Duisburg Nord vom 3 Juli 2009:

"In den Festreden kam der Bürgerprotest - durch die Blume - mehrfach zur Sprache. Er ist nicht nur der Evonik aufgestoßen, sondern auch der Energieministerin von NRW, Christa Thoben. (...) Thoben wies darauf hin, dass man im Ruhrgebiet "mal Krach" und "ein bißchen Dreck" doch gewohnt sei. Sie verstehe nicht, wie man sich gegen neue, saubere Anlagen sperren könne, obwohl man seit Jahrzehnten mit dreckigeren lebe."

 

 

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8 Kommentare

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Frau Thoben hat vergessen zu betonen, dass durch den brutalen CO2 Ausstoss solcher Kraftwerke, Bottrop vielleicht in 100 Jahren über einen Nordseestrand verfügt. Man muss nur die richtigen Argumente wählen, um dem Wahlvolk solche Industrievorhaben schmackhaft zu machen!

Davon ab ist "Stellt euch mal nicht so an, eucht ging es doch schon immer schlecht" natürlich ein ganz hervorragendes Argument. Und sie muss es ja als Wahl-Bochumerin schließlich wissen.

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Die Äußerungen von Frau Thoben sind sicherlich unverschämt. Bin dort selbst in Walsum aufgewachsen und kein Parteimitglied, aber  kein Professor. 

Nun, um dies hier zu einem juristischen Thema zu machen. Das juristische Thema dürfte doch wohl das Parteiverständnis von Professoren des Zivilrechts sein. Wie sieht es in einer Demokratie aus, wenn es als "ungehörig" empfunden wird, Parteimitglied zu sein. Bei Staatsrechtlern ist dies (wohl auch aufgrund der einschlägigeren Sichtweise) oftmals nicht der Fall. Man muss nichts, insb. muss man kein Parteimitglied sein, aber ungehörig ist es nicht, sondern es spricht für juristisches Fehlverständnis von Parteiendemokratie.

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Ich finde, Professor Hoeren hat recht. Eine parteipolitische Bindung verträgt sich nicht mit dem Katheder. Man hat da eine Verantwortung für junge Menschen, die nicht indoktriniert wertden sollen - und wird bezahlt für eine Unabhängigkeit, die nicht nur Recht, sondern auch Pflicht ist.

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und ich finde er hat nicht recht und ich suche vergeblich irgendetwas, was gegen eine Parteimitgliedschaft eines Hochschulprofessors sprechen könnte. Man ist doch nicht abhängig - wovon denn auch? - wenn man ein staatsbürgerliches Recht ausübt. Was ist das für ein Demokratieverständnis? Wer setzt denn hier Parteimitgliedschaft mit dem Zwang zur Indoktrination gleich? Für wieviel versäumte Staatsrechts/ bzw. Verfassungsrechtsvorlesungen  - wer mag wohl Staatsrechtslehrer des Herrn Prof. Dr. Hoeren zu Studienzeiten gewesen sein? - spricht denn  eine solche Haltung? Wenn ungehörig wäre als Hochschulprofessor Parteimitglied zu sein, dann müßte ein solch demokratiefeindliches Verständnis des Art 21 GG doch konsequenterweise dazu führen für BGH Richter und Bundesverfassungsrichter auch Parteilosigkeit zu fordern. Sollten dann nicht auch trotz Art. 4 GG gefordert werden, dass Hochschullehrer Gründen des Anstands durch Kirchenaustritt distanzieren?

 

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Sehr geehrte/r Herr/Frau Muschel,

ich stimme nicht mit Ihnen und auch nicht mit Prof. Hoeren überein in dieser Frage.  An der Parteimitgliedschaft eines Jura-Profs kann ich grds. nichts Ungehöriges finden. Juristischen Argumenten liegen häufig (weltanschauliche) Wertungen zu Grunde. Der Jura-Prof. sollte versuchen, diese von "rein" juristischen Argumenten zu differenzieren und offen zu legen und ggf. auch seine Meinung zur Diskussion stellen. Ist ein Prof. (bekannterweise) in einer politischen Partei engagiert, wird damit nur ein weltanschaulicher Hintergrund  transparent, der bei anderen vielleicht nur bekannt wird, wenn man genauer zuhört oder nachliest. 

Außerdem: Die meisten politischen Parteien in der Bundesrepublik sind so breit aufgestellt, dass man nicht von Parteizugehörigkeit unmittelbar auf eine Haltung in einer bestimmten juristischen Frage schließen kann. Zudem kann sich jeder auch ausdrücklich mal von seiner Partei distanzieren. Ich (nicht parteigebunden) hielte es im Zweifel für "ungehöriger" eine "Neutralität" vorzugaukeln, wenn diese tatsächlich nicht existiert. (Insofern hielte ich z. B. die nicht transparente Mitgliedschaft in der Lobbygruppe INSM für problematischer.)

Der Vorteil daran, nicht Parteimitglied zu sein, ist, dass man nicht gleich mit jeder Stellungnahme dieser Partei identifiziert wird und argumentieren kann, ohne für die Zuhörer schon in einer bestimmten Schublade zu stecken.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Evtl. war meine Äußerung oben mißverständlich. Natürlich ist Hochschullehrern unbenommen, einer Partei beizutreten. Das ist die individuelle Entscheidung jedes einzelnen, die es zu respektieren und evtl. sogar zu unterstützen gilt. Nur ist dieser private Akt m.E. strikt zu trennen von den Äußerungen im Hörsaal und in der Öffentlichkeit. Parteipolitik gehört nicht in den Hörsaal. Mir persönlich ist die Gefahr zu hoch, selbst einer solchen Trennung von Privat und Öffentlichkeit mit einer Partei identifiziert zu werden. Deshalb bin ich keiner Partei beigetreten.

@Muschel
Was ist an diesem Beitrag bitte politisch?

Endlich mal ein wirklich kluger Beitrag, der alle Seiten anspricht.

Vielen Dank Herr Prof. Dr. Thomas Hoeren.

MfG der Karsten

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