Internetsperren bei illegalen Downloads - "französische" Verhältnisse jetzt auch in Deutschland?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 07.08.2009

Die filmpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Krüger-Leißner, liebäugelt bei der Bekämpfung der "Internet-Piraterie" mit einem dem frz. HADOPI-Gesetz ("Three-Strikes-Out") nachgestalteten Gesetz.

Näheres zu HADOPI in der MMR (Editorial 07/2009): http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?toc=mmr.30

Pech ist, dass HADOPI noch gar nicht inkraft ist, nachdem es der frz. Conseil Constitutionnel kürzlich teilweise für verfassungswidirg erklärt hat. Das Parlament will sich damit erst wieder nach der frz. Sommerpause befassen- trotz des Drucks der Regierung.

Wie steht die Beck Community zu diesem Vorstoß?

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/SPD-Sprecherin-liebaeugelt-mit-Internetsperren-bei-Urheberrechtsverstoessen--/meldung/143208

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7 Kommentare

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Über die Rechtmäßigkeit einer Bestrafung, ohne Verurteilung, braucht man wohl nicht sprechen, das BVerfG wird das sehr schnell für nicht Verfassungsgemäß einstufen.

Ist ist aber auch ein gutes Beispiel, wie weit die Meinungen in der SPD auseinanderliegen, es gibt Stimmen die halten das "Zensur"-Gesetz für falsch, und andere können garnicht genug sperren.

 

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Ein Vorstoß auf altbekanntes Terrain. Schon im Entwurf des CDU-Regierungsprogrammes hieß es dazu:

Wir möchten nach britischem und französischem Vorbild Rechtsverletzungen effektiv unterbinden, indem die Vermittler von Internetzugängen Rechtsverletzer verwarnen und nötigenfalls ihre Zugänge sperren.

Im Beschluss ersetzt durch:

Wir wollen Rechtsverletzungen effektiv unterbinden.

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Nun - wie die Netzgemeine das sieht, kann man anhand der Beitragsmasse bei Heise ablesen.

Politisch kann sich gerade die SPD das überhaupt nicht leisten. Und FDP und Grüne werden sich hüten so etwas mitzumachen. Schon in derzeitiger Lage graben die Piraten im Terrain dieser drei Parteien sichtliche Furchen. Bis Ende des Jahres ist mit bis zu 10.000 Mitgliedern der Piratenpartei zu rechnen. Was geschehen würde wenn so etwas breiter zur Diskussion gestellt wird ist nicht schwer auszumalen.

Rechtlich ist das ganze ebenso ein Grenzbereich wie Netzsperren und Vorratsdatenspeicherung. Ich kann immer noch nicht verstehen wie man sich auf solche "Lösungen" versteift. Man müsste doch eigentlich inzwischen oft genug vom BVerfG zurechtgewiesen worden sein sollte man denken. Es kann doch nicht sein, das Politiker nachhaltig und offen gegen Grundrechte agitieren.

 

Grüße

ALOA

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Kleiner passender Nachtrag "am Rande":

http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,641250,00.html

"Hochrangige Juristen fordern Einschränkungen des BVerfG; ....Dem entnehmen die Unterzeichner, dass das Verfassungsgericht bereits in Kürze "auf einen Justizkonflikt mit dem EuGH zusteuert". Die Folgen einer solchen Konfrontation wären aus Sicht der Juristengruppe "außerordentlich fatal": Denn die EU-Kommission müsste in diesem Fall ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten - und das dann zu erwartende Urteil des EuGH wäre "mit einschneidenden Finanzsanktionen" verbunden...."

 

Womit das lästige Problem "Grundgesetz" dann auch erledigt wäre - und HADOPI könnte wie von den Franzosen gewünscht über ein neues Torpedo-Amendement durchgeführt dann den Umweg über die EU nehmen, vom EuGH abzusegnen.

Das ist zwar ianal gar nicht GG-konform was die Herren Professoren Pernice/Mayer da überbracht haben. Aber wen interessiert das heutzutage schon noch sonderlich, so könnte man denken.

 

Grüße

ALOA

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Nun, verfassungswidrig an HADOPI ist letztlich vor allem die Bestrafung ohne Gerichtsurteil, was ein Mangel ist, den man durchaus beheben könnte. Darüber hinaus könnte man durchaus einmal diskutieren, ob eine Internetsperre vielleicht eine sinnvolle Alternativstrafe darstellen könnte. Allerdings müsste man auch da sagen: eine saftige Geldstrafe ist wohl das probatere und sicherlich leichter zu begründende Mittel, wenn man den Delinquenten sowieso schon hat. Einen Heilsbringer vermag ich in dieser Idee jedenfalls nicht erblicken.

 

@ aloa5: So lobenswert auch der Kampf des BVerfG mit dem EuGH ist, er wird wohl letztlich verloren werden. Gerichte tendieren sowieso traditionell dazu, ihre Kompetenzen, nötigenfalls auch contra legem, auszubauen; dabei ist das BVerfG nicht anders als der EuGH. Und ich zumindest rechne fest damit, in meiner Lebenszeit noch einen europäischen Bundesstaat zu erleben. Spätestens dann müssen wir uns mit den angelsächsischen Juristen arrangieren. Aber bis dahin wird weiteres Gezänk und nicht die Pernice-Lösung allen Beteiligten wohl mehr nützen.

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Eine Internetsperre ist das gleich wie das verbieten eine Zeitung zu lesen oder ein Telefon zu nutzen. In Zeiten der Computer-Bürokratie und des Online-Banking wäre es zusätzlich mit einem Malus behaftet.
Man ist zunehmend darauf angewiesen und es wird z.B. von Finanzverwaltungen und ähnlichem teilweise schon vorausgesetzt. Eine Sperre ist in einer Abwägung nicht zu vertreten. Das was die Franzosen machen ist (man verzeihe die pauschale Härte) der intellektuelle und wirtschaftsgesteuerte Abgesang der Generation Ü50. Ich hatte die Verstrickungen der Content-Industrie und der Frau des CEO´s welche in der EU ihren Posten hat hier im Blog schon einmal dargestellt.

Das es letztlich zu einer Einigung im Sinne von Vereinheitlichung kommen wird steht wohl außer Frage. Die Frage welche allerdings zu stellen ist, wäre die auf welchem Niveau das geschieht. Wobei die Juristerei de facto so oder so "nur" die Instanz ist welche den schon lange davor verlorenen Kampf auf der politischen Ebene teilweise ausbügeln kann. Denn man darf nicht vergessen, das hier Juristen znehmend öfter im Namen des Volkes gegen die Politik agiert. Ein Volk welches diese Politiker engagiert - und wieder wählt.

Es ist in etwa ein "irgendjemand wird es schon richten wenn die Politik es übertreibt"-Mentalität. So eine kann bis in ein viertes Reich führen. Der Bürger hat für das einzustehen was er wirklich will. Das St. Florian Prinzip ist für ein Staatswesen wie die Demokratie ein denkbar schlechtes. Man kann sich dabei verzocken.

Grüße

ALOA

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Tja.

 

Da wollte uns eine Ursula von der Leyen noch vor etwa 4-5 Monaten versichern, dass das erste "Sperrgesetz" nur gezielt gegen KiPos läuft. Dann gab es den Gesetzesentwurf, der irgendwie sehr allgemein klingt.

Und nun schreien Politiker nach Sperren für islamistische Seiten, Downloadseiten für Musik, rechtsextreme Seiten und und und...

 

Da suchen sich Politiker dann Beispiele aus anderen Ländern, wie hier Frankreich und versuchen so später ihre Maßnahmen zu rechtfertigen. Da dürfen Politiker sagen, dass wir uns ein Beispiel an China nehmen sollen und den Medien scheint es nicht zu interessieren...

Es ist, auf deutsch gesagt, zum Kotzen...

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