VG Berlin: Gewerberechtliches Totalverbot für Internet-Gewinnspiele?

von Prof. Dr. Marc Liesching, veröffentlicht am 01.09.2009

Das VG Berlin hat in einem - nicht rechtskräftigen - Beschluss vom 14. August 2009 – VG 4 L 274.09 entschieden, dass ein Internet-Gewinnspiel grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 33d GewO fallen kann und einer gewerberechtlichen Erlaubnis bedarf.

Der Antragsteller hatte sich gegen eine behördliche Untersagungsverfügung gegen sein Online-Spiel gewandt, bei dem einfache Rechenaufgaben möglichst schnell gelöst werden sollten. Voraussetzung hierfür war eine Registrierung zum Preis von 9,99 Euro pro Spielschein. Der Gewinner sollte nicht nur die Gelegenheit zum Abschluss eines Pachtvertrags über ein Caféhaus zu einem monatlichen Zins von etwa 1.300 Euro erhalten, sondern auch Eigentümer sämtlicher Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände des Lokals im Wert von etwa 200.000 Euro werden.

Die restriktive Rechtsansicht des VG Berlin hat freilich fatale praktische Auswirkungen auf die gesamte Gewinnspielpraxis. Bislang wurden Gewinnspiele im Internet und im Rundfunk weitgehend gewerberechtlich geduldet. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass eine gewerberechtliche Erlaubnis für Gewinnspiele im Rundfunk und im Internet aufgrund der engen Ausnahmen der Spielverordnung gar nicht erteilt werden kann - wie das VG Berlin in der Beschlussbegründung selbst einräumt. Konsequenz der Ansicht des VG Berlin wäre aber, dass alle Gewinnspiele im Internet und im Rundfunk ein "Spiel mit Gewinnmöglichkeit" im Sinne des § 33d Abs. 1 S. 1 GewO darstellten, sofern sie gewerbsmäßig veranstaltet werden. Nach der insoweit weiten Auslegung der Gewerbsmäßigkeit durch das Gericht dürfte dies indes bei nahezu allen TV- oder Online-Gewinnspielen der Fall sein. Alle Gewinnspiele in Medien bedürften damit einer Gewerbeerlaubnis, die aufgrund der engen Ausnahmeregelungen gar nicht erteilt werden könnte.

Dass demgegenüber das Rundfunkrecht von einer weitgehenden Zulässigkeit von Gewinnspielen im Internet und im Rundfunk auch und gerade bei gewerbsmäßiger Veranstaltung ausgeht (§ 8a RStV), scheint das VG Berlin zu übersehen. Zumindest geht das Gericht in der Beschlussbegründung auf die Regelungen nach §§ 8a, 58 Abs. 3 RStV überhaupt nicht ein.

Nicht zum ersten Mal scheint die unterinstanzliche Judikatur bei kursorischen Prüfungen des komplexen Glücks- und Gewinnspielrechts in all seinen inkonsistent und systemwidrig anmutenden Facetten überfordert zu sein. Es bleibt abzuwarten, ob künftig die Gerichte eine Anwendung des Erlaubniserfordernisses des § 33d GewO auf gewerbsmäßig betriebene Internet- und TV-Gewinnspiele ebenfalls bejahen und damit faktisch ein Totalverbot derartiger Spielkonzepte aussprechen werden, welches die Medienlandschaft in die 1980er Jahre zurückkatapultieren und zahlreiche (Medien-)Unternehmen vor den wirtschaftlichen Ruin stellen könnte.

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen