Unerlaubter Verzehr von Brotaufstrich - Kündigung unwirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 23.09.2009

Die Kündigung wegen Diebstahls geringwertiger Sachen erhitzt weiterhin die Gemüter. Auf ein breites Medienecho ist zuletzt vor allem der Pfandbon-/Emmely-Fall gestoßen, über den demnächst noch das BAG entscheiden wird, nachdem es einer Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin stattgegeben hat (Beschluss vom 28.7.2009 - 3 AZR 224/09) . Mittlerweile liegt die Berufungsentscheidung im Brotaufstrich-Fall (zur erstinstanzlichen Entscheidung des ArbG Dortmund vgl. Blog-Beitrag vom 11.3.2009) vor. In diesem Verfahren stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, die das beklagte Bäckereiunternehmen ausgesprochen hatte, weil der Kläger, ein angestellter Bäcker und zugleich Betriebsratsmitglied, ein zuvor von ihm gekauftes Brötchen, das er mit nicht bezahltem "Hirtenfladen-Belag"  bestrichen hatte, verzehrt hatte. Das LAG Hamm (Urteil vom 18.9.2009 - 13 Sa 640/09) hat jetzt - ebenso wie die Vorinstanz - die fristlose Kündigung  für unwirksam erklärt. Zwar könne grundsätzlich auch der Diebstahl von geringwertigen Gegenständen, die dem Arbeitgeber gehören, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Es sei jedoch eine umfassende Abwägung der Interessen der Parteien notwendig, die hier zugunsten des Klägers ausginge. Dabei sei hier zu berücksichtigen, dass der Kläger als Betriebsratsmitglied nur außerordentlich kündbar war. Im Rahmen der Interessenabwägung sei daher zu prüfen, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten ist, Das sei hier zu bejahen, da es nur um den Verzehr des Brotaufstrichs ging, dessen Wert unter 10 Cent anzusiedeln ist. Die Revision wurde nicht zugelassen. Nachdem die Rechtsprechung in letzter Zeit noch sehr streng bei ähnlichen Sachverhalten war, scheint sich bei den Instanzgerichten nunmehr eine etwas großzügigere Haltung durchzusetzen.

 

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1 Kommentar

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Der Druck aus der Öffentlichkeit - zumal der wahlkämpfenden Politik - ist ja auch recht groß. Ich denke, man kann positiv schließen, dass das Verhältnis zwischen Gerichten und Öffentlichkeit funktioniert und die Arbeitsgerichte sich um Urteile bemühen, die auf Akzeptanz stoßen und erklärbar sind.

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