Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwalt Rex will Internationalen Strafgerichtshof für Piraterie

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 04.10.2009

Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwalt Erhard Rex hat sich für die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs für Piraterie ausgesprochen. Auf Dauer werde kaum ein Weg daran vorbei führen, sagte Rex am Rande einer Tagung der Generalstaatsanwälte der Ostseeanrainerstaaten am 01.10.2009 in Lübeck. Die Bekämpfung der Piraterie ist eines der Themen der Tagung, an denen Generalstaatsanwälte aus Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Norwegen, Polen, Russland, Schweden und der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen. Eine gemeinsame Ermittlungsgruppe Piraterie der Ostseeanliegerstaaten sei derzeit nicht geplant.«In Ost- und Nordsee hat es bislang nur den obskuren Fall des russischen Frachters gegeben. Was uns derzeit beschäftigt, sind die Piraten, die von deutschen Schiffen am Horn von Afrika aufgebracht werden, und das betrifft ja nur die deutschen Justizbehörden», sagte Rex.

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6 Kommentare

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Sie haben zum Glück meinen Beitrag genau gelesen und die Unstimmigkeit zwischen Überschrift und Text bemerkt, so dass mir eine Korrektur möglich ist: Erhard Rex ist Generalstaatsanwalt in Schleswig-Holstein. Deshalb werde ich jetzt gleich die Überschrift richtig stellen. Vielen Dank für den zutreffenden Hinweis!

Ich bin gegen Herrn Rex voreingenommen. Er hatte anscheinend während der Sommerakademie des ULD SH 2007 gesagt, das das BVerfG bis in fünf Jahren anders besetzt wäre und Urteile anders ausfallen werden - und das das Grundgesetz unter dem Schock des Dritten Reiches geschrieben wurde, wir jetzt andere Verhältnisse hätten...

Außerdem steht noch der BigBrother Award 2005 auf seiner "Haben"-Seite.

Das weckt den pawlowschen Reflex in mir.

 

Grüße

ALOA

 

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Hat das Völkerrecht nicht jetzt auch schon Möglichkeiten mit der Piraterie umzugehen? Ist ja schließlich kein neues Problem..

Lg

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Sehr geehrter Herr Tröster,

gestatten Sie mir als jemanden, der sich seit Jahren für das Völkerstrafrecht sehr interessiert und sich bemüht, die Begeisterung an die Studenten in Regensburg wie an die auch an die Leser der JA  weiterzugeben, folgende Hinweise zur Durchsetzung des völkerstrafrechtlichen Strafanspruchs (näher dazu Satzger  Internationales und Europäisches Strafrecht, 3. Aufl., § 11 Rn. 7 ff):

Völkerstrafrecht kann sich direkt oder indirekt durchsetzen.

Bei der direkten Durchsetzung erfolgt die Strafverfolgung unmittelbar durch ein internationales Organ , z.B. durch einen Internationalen Strafgerichtshof für Piraterie, den wir aber noch nicht haben (und wofür auch Straftatbestände auch durch Völkergewohnheitsrecht gelten können). Dieser Weg scheidet derzeit also aus.

Weil die  Verfolgung der Piraterie jedoch im Interesse aller Staaten liegt, gilt im Rahmen der indirekten (= nationalen mit Blick auf den für Deutschland geltenden nulla-poena-Grundsatz) Durchsetzung des Völkerstrafrechts für Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr nach § 316c StGB (näher dazu Hecker JA 2009, 673) gemäß § 6 Nr. 3 das Weltrechtsprinzip (näher Ambos Internationales Strafrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 93, 105). Mit der Strafverfolgung in Deutschland befasst sich auch der zitierte Aufsatz von Hecker.

Wenn Sie sich für diese Fragen interessieren, schließen Sie sich doch in der Community unserer Gruppe zum Völkerstrafrecht an oder werfen hin und wieder mal einen Blick hinein oder noch besser: stellen Fragen zur Diskussion.

Beste Grüsse

Bernd von Heintschel-Heinegg

Lieber Herr Stam,

wir sind einer Meinung, zumal ich glaube, dass sich die Situation am Horn vom Afrika schon etwas entspannt hat. Jeder Staat scheint jetzt so seine eigenen Wege zu gehen.

Deutschland: Der FAZ vom 16.9.2009 Nr. 215 S. 7 entnahm ich, dass eine Woche nach der Festnahme von vier mutmaßlichen Piraten vor der Küste Somalias, die Bundeswehr die Verdächtigen wieder freiließ.  Die Besatzung der Fregatte "Brandenburg" hatte die Männer festgenommen; die kenianischen Behörden sollten Strafverfolgung aufnehmen. In Absprache mit der EU beschloss jedoch die Bundesregierung, die Gefangenen freizulassen, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie in Kenia tatsächlich verurteilt würden. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes Oberst Ulrich Kirsch soll sein Unverständnis geäußert haben; dieser neuerliche Rückzug trage nicht dazu bei, das Vertrauen in den Anti-Piraten-Einsatz zu stärken.

Spanien: Auf der Flucht von einem spanischen Fischereischiff am 3.10.2009 gefasste Piraten sollen auf Weisung des Madrider Ermittlungsrichters Baltasar Garzón (Portrait in der FAZ vom 10.10.2009 Nr. 235 Z 2) "so schnell wie möglich" nach Spanien in Untersuchungshaft gebracht werden. Nachdem der Richter in der Nacht zum 6.10.2009 einen Haftbefehl ausgestellt hatte, hielt sich ein spanisches Militärflugzeug bereit, den Transfer zu besorgen. Das spanische Fischereischiff hatte sich bei dem Überfall außerhalb der von den westlichen Ländern mit der Region vereinbarten Schutzzuonen aufgehalten. Pirasten, die in der Schutzzone aufgebracht werden, werden üblicherweise an Kenia überstellt (Quelle: FAZ vom 7.10.2009 S. 7).

Beste Grüße
Bernd von Heintschel-Heinegg

 

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