Umgangssprache: Risiko für Renovierungsklauseln

von Dr. Klaus Lützenkirchen, veröffentlicht am 07.10.2009

Dem BGH lag folgende Klausel vor:

"Die Schönheitsreparaturen umfassen insbesondere:

Anstrich und Lackieren der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände."

Diese Klausel ist nach Auffassung des BGH unwirksam (BGH v. 23.9.2009 - VIII ZR 344/08). Denn im Zweifel (§ 305c Abs. 2 BGB) sei sie so auszulegen, dass mit dem „Weißen“ eine – jedenfalls für die laufende Renovierung während der Mietzeit - unzulässige Farbwahlklausel bestehe.

Auch wenn im Mietrecht immer häufiger auf den durchschnittlichen Mieter abgestellt wird, steht die Auslegung (auch von Gesetzen) unter der Prämisse der Verkehrssitte, § 157 BGB. Landläufig wird unter dem „Weißen“ von Decken und Wänden deren Tünchen verstanden, das nun einmal – traditionell - in weiß erfolgt. Daneben hatte der Mieter nach der Klausel die Möglichkeit, „wischfeste Anstriche“ und Tapeten aufzubringen. Damit konnte kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass diese allgemein bekannte, vielleicht etwas veraltete, aber traditionelle Technik gemeint war, wie sie heute noch in alten Häusern, insbesondere Fachwerkhäusern angewendet wird.

Die Definition der Schönheitsreparaturen stellt in § 28 Abs. 4 II.BV eine ähnliche Technik, die auch nur in weiß ausgeführt werden kann, dem Anstreichen und Tapezieren gegenüber: das Kalken. Da Kalk nach meiner Erfahrung auch weiß ist, ist zu befürchten, dass eine Klausel, mit der die Definition des § 28 Abs. 4 II.BV formularmäßig übernommen wird, im Zweifel (§ 305c Abs. 2 BGB) unwirksam ist. Oder kann man auch schwarz kalken?

Und was folgt daraus?

Versteht der durchschnittliche Mieter keine Umgangssprache oder sind Klauseln, die umgangssprachlich formuliert werden, per se missverständlich?

Ich schlage vor, dass der durchschnittliche Mieter im ersten Schritt seine ethnische Herkunft offenbart. Vielleicht lässt sich daraus ein transparenter Maßstab für zukünftige Auslegungen umgangssprachlich formulierter Renovierungsklauseln ableiten.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Man kann auch schwarz kalken, indem man den Kalk (genauer: Sumpfkalk) mit kalkverträglichen schwarzen Pigmenten, beispielsweise Eisenoxidschwarz (hier gefunden: http://www.abwshop.de/go/abw2/db/products/kreidezeiteisenoxidscharz.xhtml) abtönt. Andere Farbtöne sind auch erhältlich. Die Farbe wird natürlich nicht so deckend wie Hochglanz-Latexfarbe, aber bunt kann man einen Raum damit schon gestalten.

Etwas anderes: Können Sie mir erklären, wo der Unterschied zwischen Decken und "Oberwänden" liegt?

0

Nachdem im Laufe der Jahrzehnte bereits ein Dielenfußboden zu einem Teppichboden "mutierte" (BGH, Urt. v. 8. 10. 2008 - XII ZR 15/07), kann man wohl davon ausgehen, dass die Rechtsprechung im Mietrecht immer auf der Höhe der Zeit ist.

Der Begriff des "Weißens" oder "Weißelns" ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für den Anstrich mit Kalkfarbe, die in ihrem Grundzustand weiß ist, sich allerdings auch mit kalkechten Pigmenten abtönen lässt.

Dem (Achtung!) durchschnittlichen Mieter von heute dürfte indes diese historische Anstrichtechnik in ihren Details nicht ohne weiteres geläufig sein. Da bei der Auslegung von AGB-Klauseln aber auf das heutige Verständnis der Parteien abzustellen ist, ist die Möglichkeit des Abtönens gegenüber dem innewohnenden Wort "weiß"im Bewusstsein des modernen (jüngeren?) Mieters eher zu vernachlässigen.

Und dann gibt es ja auch noch § 305c BGB.....

0

Kommentar hinzufügen