Berlusconi verliert seine Immunität, so dass zwei Strafverfahren wieder aufgenommen werden können

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 08.10.2009

Mit neun zu sechs Stimmen hat das italienische Verfassungsgericht am Mittwochabend das Immunitätsgesetz u.a. wegen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz auf Antrag der Staatsanwaltschaft Mailand aufgehoben, das den vier höchsten politischen Amtsträgern Italiens, darunter Ministerpräsident Berlusconi, für die Dauer ihres Mandats Straffreiheit gewährte. Bemerkenswert: Das Gesetz erfasste auch Straftaten, die nicht mit der Wahrnehmung des Amtes in Verbindung stehen oder vor dem Amtsantritt verübt wurden.

Nach dem Urteil können nun zwei Strafverfahren gegen Berlusconi wieder aufgenommen werden. Der Premier ist in Mailand angeklagt, weil er den englischen Anwalt David Mills 1998 mit 600.000 US-$ bestochen haben soll, damit er in mehreren Verfahren zu Gunsten des Politikers aussage. Mills  wurde deshalb erstinstanzlich zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zudem läuft ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung.

Gegen einen Regierungschef sind das keine geringen Vorwürfe. Doch Berlusconi will weiterregieren und sieht sich einmal mehr als Opfer der Justiz. Wie wird er sich diesmal aus dieser Angelegenheit herausmanövieren?

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4 Kommentare

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Er soll Steuern hinterzogen und Bimbes verteilt haben?

 

Skandal! Italien ist am Ende!

 

Menschen solcher Couleur wären in Deutschland untragbar. Bei uns können verurteilte Steuerhinterzieher zB nicht einfach Ehrenvorsitzender der FDP werden oder mutmaßliche Bestecher als Kandidat für zahlreiche Preise gehandelt werden. Italien ist halt ein Mafia-Staat, in der Bundesrepublik gäbe es sowas schlicht und einfach nicht und deshalb können wir uns da mit gutem Gewissen moralisch überlegen fühlen.

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Wenn ein Regierungschef seine Interessen über die Interessen des Landes stellt und sein Amt dazu benutzt, um sich vor der Justiz zu schützen, ist das inakzeptabel.

In einem seiner Prozesse im Jahr 2003 soll Berlusconi einmal erklärt haben: "Es ist richtig, dass alle vor dem Gesetz gleich sind, aber ich bin gleicher, weil mich die Mehrheit des Volkes gewählt hat." So klingen seine Äußerungen nach der Entscheidung auch in diesen Tagen und wohl auch künftighin. Die Verfassungsrichter haben ihm immerhin jetzt das Gegenteil bescheinigt.

Berlusconis Verhalten gegenüber der Justiz ist einem Land mit dieser Geschichte und seiner Stellung in Europa unwürdig. Dass er gleichwohl noch im Amt ist, könnte die Furcht vor dem Chaos sein, das daraus entstehen könnte.

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