Videomessung: AG Meissen spricht frei!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 09.10.2009

Langsam nimmt die Rechtsprechung der Amtsgerichte zur Frage der Existenz einer möglichen Ermächtigungsgrundlage für Foto- und Videofertigung bei Messungen im Straßenverkehr "Fahrt auf". Und es geht kreuz und quer! Ausgangspunkt war ja die Entscheidung des BVerfG 11.8.2009 - 2 BvR 941/08  - hierzu im Blog u.a. SENSATION! BVerfG: Geschwindigkeitsmessungen, Abstandsmessungen etc. mit Video und Film (und auch Foto?) sind verfassungswidrig und BVerfG zur Verassungswidrigkeit der Verurteilung wegen Videomessungen: Versuch einer ersten (Kurz-)Analyse und Alles nur heiße Luft? Zum Umgang mit BVerfG zu Videomessungen und Videoabstandsmessungen doch ok?! Jedenfalls meint das das AG Schweinfurt.

Aktuell hat das AG Meissen, Beschl. v. 5.10.2009 - 13 OWi 705 Js 54110/08 im schriftlichen Verfahren nach § 72 OWiG mangels seiner Ansicht nach fehlender Ermächtigungsgrundlage ein Beweisverwertungsverbot im Falle einer Abstandsmessung mit VKS 3.01 des Herstellers VIDIT angenommen. Die Entscheidung liest sich absolut nachvollziehbar - auch wenn ich (wie im Blog ja schon angeklungen ist) anderer Meinung bin. Weder § 163b Abs. 1 S. 2 StPO noch § 100h StPO seien einschlägig, so das AG Meissen. Übersandt hat mir die Entscheidung dankenswerterweise RA und FA für Verkehrsrecht Klaus Kucklick aus Dresden, der auch sonst schon im Blog zur Meinungsbildung beigetragen hat. Herrn Kucklicks zusammenfassender an mich gerichteter Kommentar zur derzeitigen Situation:

Am AG Chemnitz hält Ihr Kollege dort auch in Fällen mit Fotomessung einen Grundrechtseingriff für gegeben, meint aber über § 163b StPO darüber hinwegzukommen. Bei Videomessungen geht er nicht von einem Beweisverwertungsverbot aus. Vom AG Kulmbach ...ist mir für eine Videomessung die Einstellung angekündigt worden. Andere Richter haben sich durch Aussetzung der Verfahren zur Beratung zurückgezogen. Ein ausgesetztes Verfahren am AG Dresden zu einem Rotlichtverstoß mit einer Videodokumentation (Beamter mit Kamera) ist inzwischen ohne Begründung eingestellt worden. Vielfach wird aus anderen Gründen eingestellt, wobei solche Gründe früher für eine Einstellung nicht genügt hätten. Viele Richter hoffen auf schnelle obergerichtliche Entscheidungen und argumentieren selbst nur vorsichtig. Häufigstes erstes Argument ist der Verweis auf das Stichwort "anlaßunabhängige Überwachung", ohne dass dann bei konkreter Nachfrage dafür eine Begründung geliefert werden kann. Ansonsten sind alle genervt, was sich natürlich negativ auf die Verhandlungsführung auswirkt. Ein nach der Veröffentlichung des BVerfG-Beschlusses frühes Urteil des AG Freiburg vom 25.08.2009 (gegenüber meinem Unterbevollmächtigten äußerte die Richterin, sich auf § 163b StPO stützen zu wollen), liegt mir trotz Zulassungsantrag bis heute nicht begründet vor (ein Fall für Urteil ohne Entscheidungsgründe?).

 

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1 Kommentar

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Sehr seltsam,

immer und überall mißtraut man den strafverfolgendenn Organen und fordert Beweismittel, insbesondere Fotos, Videodokumentationen  und und und.

Und nun gibt es nicht mal mehr die Gesetzesgrundlage hierfür? Welch ein Debakel!

Aber wieso soll eine Richterin eine Rechtsvorschrift, die alles aussagt noch zusätzlich begründen?

Irgendwie typisch ist in allen Beiträgen hier, dass sich ein Anwalt nie festlegt, nie eine Norm akzeptiert, immer Einzelfälle verallgemeinert, immer nur im Konjunktiv spricht und nie auf konkrete Fragen antwortet.

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